Einstimmiges Urteil
20 Jahre Haft und Einweisung für Mord an Baby
11.08.2008
Jener Tschetschene, der seine kleine Tochter aus dem Fenster geworfen hatte, wurde zu 20 Jahren Haft verurteilt.
Wegen Mordes und vorangegangenen Mordversuchs an seiner 21 Monate alten Tochter ist ein 22-Jähriger tschetschenischer Herkunft am Dienstag am Landesgericht St. Pölten zu 20 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden. Außerdem wird er aufgrund der vorliegenden Persönlichkeitsstörung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen. Der Geschworenenspruch fiel einstimmig aus.
Urteil nicht rechtskräfig
Der Angeklagte will gegen die
Strafhöhe berufen, der Staatsanwalt gab keine Erklärung ab. Das Urteil ist
somit nicht rechtskräftig. Als mindernd wurden laut Richter Helmut Weichhart
das - wenn auch nicht reumütige - Geständnis und die herabgesetzte
Dispositionsfähigkeit des Mannes bewertet.
Er hatte am 6. Dezember 2007 in Ybbs an der Donau seine kleine Tochter aus dem Fenster seiner Wohnung im zweiten Stock gestoßen, weil seine Frau sich von ihm trennen wollte. Das Mädchen, das er Tage zuvor bereits mit einer Schnur zu erdrosseln versucht hatte, erlitt bei dem Sturz aus fast neun Metern Höhe tödliche Kopfverletzungen.
"Was passiert ist, ist passiert"
"Was passiert
ist, ist passiert. Ich habe meine Tochter umgebracht", zitierte der
Richter zuvor aus der ausführlichen Aussage des Beschuldigten vor der
Polizei unmittelbar nach der Tat. In der Verhandlung verhielt sich der
schmächtige, ganz jung wirkende 22-Jährige äußerst wortkarg. Auf die via
Dolmetsch gestellten Fragen antwortete er lediglich mit Ja oder Nein.
Hat sich so ergeben...
Warum? Er habe einfach alles satt gehabt,
hielten die Kriminalisten damals fest. Und auf die Frage, ob er das Kind von
hinten unter den Achseln fasste, auf das Fensterbrett hob und hinunter
stieß, um es zu töten, sagte er: "Ja, das wollte ich."
Heute meinte er, er wisse nicht mehr, warum er das getan habe. Es habe sich "so
ergeben", es tue ihm sehr leid. Vor der Polizei hatte er auch
ausgesagt, er hätte im Fall einer Trennung und Rückkehr seiner Frau in ihre
Heimat Angst davor gehabt, dass ihm deren Verwandten nach tschetschenischer
Tradition etwas antun könnten.
Die Befragung des Beschuldigten dauerte nicht einmal eine Stunde. Auf die Zeugen, u.a. jene Passanten, die das aus dem Fenster gestürzte Mädchen auf der Straße gefunden hatten, wurde verzichtet.
Frau schildert Erdrosselungsversuch
Per Video wurden den
Geschworenen Befragungen der Ehefrau vom Dezember 2007 gezeigt. Die damals
sichtlich schwer getroffene 18-Jährige, die zunächst gar nichts sagen wollte
und während der Tat selbst nicht im Zimmer war, schilderte den
Erdrosselungsversuch: Als sie ins Kinderzimmer kam, hatte das Mädchen eine
schwarze Schnur um den Hals, die sie entfernen konnte. Die Kleine röchelte
und hatte blaue Lippen. Ab da ließ sie ihre Tochter nicht mehr mit ihrem
Mann allein und nahm sie sogar auf die Toilette mit - bis sie am 6. Dezember
2007 ein Glas Wasser holte.
Kein Milderungsgrund
Warum sie den Mordversuch Ende November
nicht angezeigt hatte, erklärte Staatsanwalt Karl Fischer in seinem
Schlussvortrag mit dem Kulturkreis, aus dem das Paar stammte: Man gehe nicht
zur Polizei, die Frau habe sich unterzuordnen. Dass der Angeklagte leicht
behindert sei und einen niedrigen IQ habe, sei kein Milderungsgrund für die
Tat, die er aus Gekränktsein begangen habe und für die er wenig Reue zeige.
Auf Grund seiner seelischen Störung werde der Mann immer eine "Zeitbombe"
sein, begründete Fischer den Antrag auf Verurteilung plus Einweisung in eine
Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher.