Prozess in Korneuburg
Baby starb: 15 Jahre Haft für Vater
06.03.2018
Gegen die Mutter wurde eine teilbedingte Strafe ausgesprochen, Urteile nicht rechtskräftig.
Weil er seiner drei Monate alten Tochter ein Schütteltrauma zugefügt hatte, ist ein 29-Jähriger am Dienstag am Landesgericht Korneuburg wegen Körperverletzung mit schweren Dauerfolgen bzw. tödlichem Ausgang zu 15 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden. Die Kindesmutter (28) erhielt wegen Vernachlässigung einer unmündigen Person drei Jahre, davon ein Jahr unbedingt.
Urteile nicht rechtskräftig
15 Jahre sind die Höchststrafe für das Delikt. In der Begründung verwies Richter Manfred Hohenecker auf die einschlägige Vorstrafe - der Mann hatte dem 2015 geborenen gemeinsamen Sohn beim Wickeln den Oberschenkel gebrochen und wurde dafür am Landesgericht St. Pölten zu 15 Monaten bedingter Haft verurteilt. Das wurde nun widerrufen. Im Wissen um die vorangegangene Körperverletzung hätte die Kindesmutter ihrem Partner, einem vorbestraften Gewalttäter - ungeachtet des über ihn verhängten behördlichen Kontaktverbots - den Säugling niemals anvertrauen dürfen, meinte der Richter.
Die 28-Jährige verzichtete auf Rechtsmittel, der Mann meldete Strafberufung an. Die Staatsanwältin gab keine Erklärung ab. Damit sind beide Urteile des Schöffensenats nicht rechtskräftig.
Schwere Dauerfolgen
Laut Anklageschrift soll der Mann das Baby erstmals in der Nacht auf den 1. Juli 2017 derart heftig geschüttelt haben, dass dessen Kopf ruckartig vor und zurück pendelte und es ein Schädel-Hirn-Trauma erlitt. Die Verletzungen hätten Ausfälle höherer Hirnfunktionen und damit schwere Dauerfolgen bewirkt - wenn das kleine Mädchen den zweiten, gleich gelagerten Angriff in der Nacht auf den 15. Juli überlebt hätte.
In den Einvernahmen und heute vor Gericht gab der Mann an, die Nerven verloren zu haben, nachdem er in jener Nacht wegen des Säuglings bereits mehrmals aufgestanden war. Er habe einfach seine Ruhe haben wollen - warum er nicht seine Partnerin geweckt habe, konnte er nicht wirklich begründen.
Kontaktverbot
Unmittelbar nach dem Beinbruch des damals sieben Wochen alten Buben wurde dem Mann der Kontakt verboten. Die Frau, die aus vorangegangenen Beziehungen zwei Kinder hat, zog ins Weinviertel - die Betreuung durch das Jugendamt wurde fortgesetzt und ihr auch das Kontaktverbot wiederholt ans Herz gelegt. Sie wurde jedoch wieder schwanger, und ab der Geburt der Tochter im April 2014 besuchte ihr Freund sie nahezu täglich und übernachtete auch bei ihr.
Die 28-Jährige sagte aus, nie gedacht zu haben, dass ihr Freund für den Zustand des Babys verantwortlich sein könnte, als es Anfang Juli wegen ständigem Erbrechen im Spital in Mistelbach stationär behandelt wurde. Die tatsächliche Ursache wurde im Krankenhaus nicht festgestellt. Die nächtliche "Betreuung" des Beschuldigten am 15. Juni führte dann zu einem Kreislaufstillstand. Das Baby wurde in die Kinderintensivstation des Wiener SMZ Ost eingeliefert. Nach Untersuchungen erhärtete sich am 17. Juli der Verdacht der Ärzte, dass die irreversiblen Gehirnschäden auf ein Schütteltrauma zurückzuführen waren. Am 18. Juli war das kleine Mädchen tot. Festgestellt wurden auch die älteren Verletzungen.
Zurechnungsfähigkeit
Hohenecker hielt der Beschuldigten vor, bereits seit 2015 gewusst zu haben, wie grob ihr Freund mit den Kindern umging, jedoch die Augen davor verschlossen zu haben. Sie habe ihn auch mehrmals darauf hingewiesen, dass man den Kopf eines Säuglings stützen müsse, was er nicht befolgte. Obwohl also die von dem Mann ausgehende Gefahr evident gewesen sei, habe sie ihn das Baby betreuen lassen, betonte der Richter.
Aus psychiatrischer Sicht lag bei dem 29-Jährigen Zurechnungsfähigkeit vor. Der Gutachter attestierte ihm aber schizoide Züge wie emotionale Stumpfheit und Instabilität, Gefühlskälte, erhöhte Selbstbezogenheit, Impulshaftigkeit mit dissozialer Komponente und geringe Frustrationstoleranz.