Tödlicher Traktorunfall
Braut stirbt bei Polterabend - Bruder schuldig gesprochen
17.04.2019Nachdem eine Braut beim Polterabend gestorben ist, wurde ihr Bruder schuldig gesprochen.
Nach einem tödlichen Traktorunfall bei einem Polterabend im Bezirk Amstetten ist am Mittwoch ein 26-Jähriger in St. Pölten nicht rechtskräftig zu zehn Monaten bedingter Haft und 9.000 Euro Geldstrafe verurteilt worden. Der Lenker war mit dem Gespann zu schnell unterwegs gewesen, der Anhänger kippte um. Die 13 Insassinnen wurden verletzt. Die Braut - die Schwester des Angeklagten - starb im Spital.
Der Mann wurde wegen grob fahrlässiger Tötung, fahrlässiger Körperverletzung und fahrlässiger Gemeingefährdung schuldig gesprochen. Der mit 13 Frauen besetzte, nicht zum Personentransport zugelassene Anhänger mit Sitzbänken war am frühen Abend des 8. September 2018 auf der Landesstraße zwischen Allhartsberg und Sonntagberg umgestürzt. Die Insassinnen wurden gegen eine Steinwurfmauer geschleudert. Die Braut erlitt Kopf- und Thoraxverletzungen, denen sie eineinhalb Wochen später im Krankenhaus erlag. Weitere acht Frauen zogen sich schwere, vier leichte Blessuren zu. Unter den Verletzten waren auch zwei Schwangere.
Der Traktorlenker war laut einem Gutachten zu schnell in eine 90-Grad-Rechtskurve eingefahren. Wäre der Anhänger zum Personentransport zugelassen gewesen, hätte die erlaubte Höchstgeschwindigkeit laut Staatsanwaltschaft 10 km/h betragen. Das Gespann war dem Sachverständigen zufolge mit 25 bis 30 km/h unterwegs gewesen.
"Die wahre Strafe hat der Angeklagte bereits bekommen", verwies der Verteidiger darauf, dass die Schwester seines Mandanten an den Folgen des Unfalls gestorben sei. "Das ist einer der wenigen Fälle, wo nicht nur die Opfer bemitleidenswert sind, sondern auch der Täter", sagte der Rechtsanwalt. Der Angeklagte habe sich dazu überreden lassen, die Fahrt durchzuführen. Der Verteidiger sprach von einem "tragischen Unglück": "Wäre die Steinwurfmauer nicht dort gewesen, hätte der Unfall wesentlich glimpflichere Folgen gehabt." Auch der Staatsanwalt meinte zum Angeklagten: "Von einem menschlichen Standpunkt aus denke ich, dass Sie jetzt schon genug gestraft sind."
Der 26-Jährige hatte laut seinen Angaben das Fahrgestell selbst gebaut. Seine Schwester habe ihn gebeten, bei ihrem Polterabend das Traktorgespann zu lenken. Der Angeklagte gab an, er habe bei einer mäßig steilen, engen Rechtskurve einen Radfahrer überholt und dann im dritten Gang zu beschleunigen begonnen und eingelenkt, als sich das Zugfahrzeug am Scheitelpunkt befunden habe. "Ich kenne die Kurve, ich bin sie schon oft gefahren", meinte der Mann, der sich schuldig bekannte. Dass er zu schnell gefahren sei, habe wahrscheinlich mit der "Situationsdynamik" zu tun gehabt. "Es war jeder gut drauf", schilderte der Angeklagte in seiner Befragung die Stimmung beim Polterabend vor dem Unfall. Auf die Einvernahme von Zeugen wurde verzichtet.
Der 26-Jährige wurde unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren zu einer bedingten Freiheitsstrafe von zehn Monaten und einer unbedingten Geldstrafe von 300 Tagessätzen zu je 30 Euro verurteilt. Mildernd bei der Strafbemessung wirkten sich die Unbescholtenheit, das umfassende reumütige Geständnis und der Verlust einer Angehörigen aus. "Sie waren nüchtern und haben Ihrer Schwester einen Gefallen getan", meinte der Richter zum Angeklagten. Einer Verletzten wurden 500 Euro zugesprochen, mehreren weiteren Frauen 100 Euro. Mit darüber hinausgehenden Ansprüchen wurde ein Opfer auf den Zivilrechtsweg verwiesen.
"Sie haben risikoerhöhende Faktoren übersehen oder zu wenig darüber nachgedacht", nannte der Einzelrichter u.a. die enge Spurweite und dass es sich um einen einachsigen Anhänger handelte. Das Gespann sei mit massiv überhöhter Geschwindigkeit unterwegs gewesen, der Angeklagte habe in der Kurve einen "massiven Fahrfehler" gemacht, wurde zum Schuldspruch ausgeführt. Der Richter hielt weiters fest: "Ich fühle mit Ihnen, was passiert ist." Das Urteil ist nicht rechtskräftig, da die Staatsanwaltschaft keine Erklärung abgab.