A22-Todescrash
Bundesheerübung fand zu nahe an der Autobahn statt
27.01.2009
Nebelgranaten des Bundesheeres lösten einen tödlichen Unfall auf der A22 aus. Die Granaten wurden im Abstand von 260 Metern gezündet.
Die tödliche Karambolage auf der Donauuferautobahn (A22) vom vergangenen Donnerstag hat am Dienstag weiter die Ermittler bei Staatsanwaltschaft und Bundesheer beschäftigt. Ein erstes Ergebnis der Untersuchungen stand am Abend fest: Die Zündung der Nebelhandgranaten ist in einem zu geringen Abstand zur A22 erfolgt.
Laut ORF Niederösterreich habe nach Angaben der Polizei und der Bundesheer-Untersuchungskommission die Zündung in einem Abstand von rund 260 Metern stattgefunden. Nach der gültigen Benützungsordnung müsste aber eine Entfernung von 300 Metern eingehalten werden. Unabhängig davon ist nach wie vor nicht geklärt, ob die Massenkarambolage tatsächlich durch das Zünden von Nebelhandgranaten verursacht worden ist.
Heer unter Dauerbeschuss
„Der Rauch war so dicht, dass wir die
Hand vor den Augen nicht mehr gesehen haben. Sekunden später hat es dann
gekracht.“ Immer mehr Beteiligte – bestätigen nun die Angaben jenes
Grundwehrdieners, der sich bei ÖSTERREICH gemeldet und so den Skandal um die
grauenhafte Karambolage mit einer Toten und sieben Verletzten ins Rollen
gebracht hat.
Keine Hilfe
Die Vorwürfe wiegen schwer: Soldaten sollen bei einer
Übung neben der A 22 Nebelgranaten gezündet und so den Crash ausgelöst
haben. Ein Szenario, das Heeres-Spezialisten am Dienstag am
Truppenübungsplatz Allentsteig nachexerzierten – mit vorerst unbekanntem
Ergebnis. Zeitgleich wurde die parlamentarische Heeresbeschwerdekommission
aktiv. Vorsitzender Anton Gaal: „Wir prüfen, ob es nach dem Unfall
tatsächlich Befehl gegeben hat, keine Hilfe zu leisten, und ob darüber
hinaus ein Redeverbot erteilt worden ist.“ Wie berichtet, wurden
Grundwehrdiener von ihren Ausbildern ja „zum Schweigen über den Vorfall
vergattert“.
Unverständlich
Für Gaal ist unverständlich, dass die
Soldaten nach dem Unfall –angeblich auf Befehl – nicht eingegriffen haben:
„Da braucht man nur die Straßenverkehrsordnung anschauen und weiß, dass man
zur Ersten-Hilfe-Leistung verpflichtet ist.“ Die Ausbilder sollen sich
übrigens verantwortet haben, sie hätten die Rekruten nicht der Gefahr auf
der A 22 aussetzen wollen. Die verletzten Unfallopfer mussten schließlich 15
Minuten warten, bis die Rettung eintraf.
Schuldfrage
Verteidigungsminister Norbert Darabos verspricht die
vollständige Aufklärung des Vorfalls und appelliert an Zeugen,
wahrheitsgemäß auszusagen: „Wir wollen wissen, wer Schuld trägt. Dann wird
es Konsequenzen geben.“ Bis dahin wären keine Suspendierungen geplant, es
gelte die Unschuldsvermutung.
Giftig
Auch Unfallzeugen auf der nahen Autobahnraststätte
bestätigen indes, vom Granatnebel eingehüllt worden zu sein. Wobei der Rauch
nicht nur für Autofahrer lebensgefährlich sein kann. Heeres-Experte Bernhard
Schneider bestätigt beim Einatmen „nicht unerhebliche Toxizität“.
Ähnlicher Vorfall
In der Vergangenheit gab es übrigens einen
ähnlichen Vorfall, bei dem es allerdings keine Anklage gab: In der Nacht auf
21. November 2002 haben sich auf der Südautobahn (A2) zwischen Leobersdorf
und Wöllersdorf Massenkarambolagen auf beiden Richtungsfahrbahnen ereignet,
die durch Nebel, der in Zusammenhang mit einer militärischen Übung gestanden
sein soll, ausgelöst worden sein dürfte. Drei Menschen starben, elf wurden
verletzt. Die Anklage wurde zurückgezogen, nachdem die Soldaten durch ein
wehrtechnisches Gutachten entlastet worden waren.