Der Fall des 17 Monate alten Luca, der vermutlich nach Misshandlungen am 3. November in einem Wiener Krankenhaus an einem Gehirnödem starb, schlägt seit Wochen hohe Wellen. Im folgenden eine Chronologie der Ereignisse.
1. November - Luca wird mit schweren Kopfverletzungen mit dem Notarzthubschrauber ins Wiener SMZ-Ost Spital eingeliefert. Die Ärzte diagnostizieren bereits den Hirntod.
2. November - Der 23-jähriger Freund der Mutter aus dem Bezirk Wien-Umgebung wird von Schwechater Polizisten verhaftet. Zusammen mit der 22-Jährigen aus Schwaz in Tirol soll er dem Kind in den Wohnorten in Tirol und Niederösterreich innerhalb der vergangenen vier Monate in "immerwährenden Gewaltanwendungen" schwere Blessuren zugefügt haben, teilte die NÖ Sicherheitsdirektion mit.
3. November - Luca stirbt an seinen Kopferverletzungen, die Mutter wird ebenfalls verhaftet
5. November - Der Tod wird bekannt.
6. November - Der 23-jährige hauptverdächtige Freund der Mutter schweigt in ersten Befragungen. Die 22-Jährige ist bereits wieder auf freiem Fuß. Der leibliche Vater richtet sich mit schwerer Kritik an den Jugendschutzeinrichtungen an die Medien. Der 38-jährige Tiroler spricht davon, dass die Behörden von den Gewaltanzeichen gewusst haben sollen. Der Kindsvater berichtet von Hämatomen im Gesäßbereich, für die jede medizinische Begründung ausgeschlossen worden sei. Die Behörden hätten sich nur "rausgeredet", ist er überzeugt. Bereits im Sommer habe es eine Anzeige vom Krankenhaus Mödling gegeben.
7. November - Die Leiche des kleinen Luca wird obduziert, Fremdverschulden eindeutig festgestellt. Der Bub erlag einem Gehirnödem. Unklar ist zu diesem Zeitpunkt, durch welche Handlung das Ödem hervorgerufen wurde. Gegen die Mutter wird weiterhin wegen Mittäterschaft ermittelt, der Freund bleibt in Haft. Die Jugendwohlfahrten in Niederösterreich und Tirol weisen die Anschuldigungen des Kindesvaters zurück. Der Freund von Lucas Mutter sei Anfang Oktober von einem Sozialarbeiter überprüft worden. Dabei seien keine Anzeichen für aggressives Verhalten oder für psychische Probleme festgestellt worden. Die Mutter habe überdies regelmäßige Arztkontrollen durchführen müssen. Vonseiten der Jugendwohlfahrt in Tirol hieß es, dass "zu keiner Zeit das Gefühl bestand, dass man das Kind aus der Situation herausnehmen muss".
8. November - Die Jugendwohlfahrt des Landes Tirol gibt weitere Details bekannt. Zwei Vorfälle zum misshandelten Luca seien in Tirol "medizinisch genau geprüft" worden. Ein Misshandlungsverdacht konnte bei diesen Untersuchungen nicht erhärtet werden, bekräftigt die Behörde. Anfang Juli wurde Luca mit Verletzungen im Kopf- und Gesäßbereich ins Krankenhaus Mödling eingeliefert und anschließend in die Innsbrucker Klinik überstellt. Der zweite Vorfall, ein Armbruch, soll sich Anfang Oktober ereignet haben. Der Bub sei weiter regelmäßig vom Kinderfacharzt und Ärzten der Innsbrucker Universitätsklinik untersucht worden. Dabei soll ein "unbedenklicher Gesundheitszustand" festgestellt worden sein. Der "Kurier" berichtet von einem Mödlinger Kinderarzt, der die Behörden bereits im Juli über die Misshandlungen informiert habe.
9. November - Im lokalen ORF-Radio meldet sich auch der Oberarzt der Innsbrucker Kinderklinik zu Wort. "Die Kinderklinik hat zweifelsfrei diagnostiziert, dass eine Kindesmisshandlung vorlag", erklärte Oberarzt Jürgen Brunner. Die Kinderschutzgruppe des Krankenhauses wurde informiert, die wiederum das Jugendamt Schwaz verständigte. Diese entschieden, dass der Bub unter bestimmten Auflagen bei der Mutter bleiben könne.
12. November - Die NGO "Resistance for Peace" bringt eigenen Angaben zu Folge eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Wien gegen die Jugendwohlfahrten Mödling und Schwaz ein. Es gehe um eine "Mittäterschaft bei fahrlässiger Tötung". Die Anzeige gründe sich auf "die unzureichenden Maßnahmen der beiden Jugendwohlfahrten".
22. November - Der 38-jährige Kindesvater schließt sich der Anzeige von "Resistance for Peace" an. Anonym per E-Mail dem ORF zugespieltes Bildmaterial zeigt den Buben mit schweren Misshandlungen. Die Bilder sollen im Juli im Krankenhaus Mödling aufgenommen worden sein.
23. November - Der Anwalt des Kindsvaters, Georg Zanger, spricht in einer schriftlichen Stellungnahme von "offenbar systematischen Misshandlungen". Der Vater von Luca habe bei seinen Interventionen am Jugendamt in Innsbruck darauf hingewiesen, dass die Mutter schon früher gegenüber seinen älteren Kindern tätlich geworden sei. Der Kindsvater habe sich dem Strafverfahren gegen die 22-Jährige und deren Lebensgefährten in Korneuburg als Privatbeteiligter angeschlossen. Darüber hinaus hat er Anzeige gegen unbekannte Täter bei der Staatsanwaltschaft Wien eingereicht, so dass das Verhalten des Verantwortlichen der Jugendämter in Mödling und in Innsbruck sowie der befassten Psychologen auch eine strafrechtlichen Überprüfung unterzogen werden kann.
Der Fall Luca wird sich laut Familienministerin Andrea Kdolsky (V) auf geplante Änderungen im Jugendwohlfahrtsgesetz auswirken. Anlässlich dieses "sehr tragischen" Ereignisses, das ernst genommen werden müsse, werde es im ersten Halbjahr 2008 eine große Novelle geben, sagt die Politikerin am Rande des Gesundheitsausschusses im Parlament.
24. November - Erstmals äußert sich die Mutter des toten Buben. "Ich bin schuldlos am Tod meines Sohnes", beteuert sie in der "Kronenzeitung". Polizeioberst Franz Polzer bestätigt unterdessen entsprechende Medienberichte über den Verdacht des sexuellen Missbrauches an Luca.
5. Dezember - Rund 50 Menschen versammeln sich am Stephansplatz in Wien, um dem im November verstorbenen Luca zu gedenken.
18. Dezember - Luca wird im Tiroler Heimatort der Mutter, Achenkirch, beigesetzt. Zuvor gibt es tagelang Verwirrung rund um die Bestattung. Der leibliche Vater und seine Angehörigen finden sich dreimal vergeblich am Gemeindefriedhof ein, um sich von dem Buben zu verabschieden.
21. Dezember - Ein gerichtsmedizinisches Gutachten bestätigt den Verdacht des sexuellen Missbrauchs im Fall Luca.
22. Jänner. Bernhard Haaser, der leibliche Vater des vermutlich infolge von Misshandlungen gestorbenen Luca, hat nach dem Tod des Buben einen Kinderschutzverein gegründet. Jetzt ist der Verein mit dem Namen L.U.C.A. mit einer eigenen Homepage online. Einsetzen will sich Vereinsobmann Haaser für Eltern in schwierigen familiären Situationen. Präventivarbeit soll Eskalationen vorbeugen, heißt es auf der Seite.