Bluttat in NÖ
Dreifach-Mord in Adelsfamilie: Verdächtiger in Haft
13.12.2018
Der Graf lief Amok und wurde auf Flucht gefasst. Er soll seinen Bruder, seinen Vater und dessen Frau erschossen haben.
Unvorstellbare Familientragödie auf Schloss Bockfließ im Bezirk Mistelbach: Dort soll der Hausherr Graf Tono G. (54) ein Blutbad angerichtet haben. Drei Verwandte sind tot. Bei den Opfern handelt es sich um den Bruder Ernst G. (52), den Vater Johann-Ulrich G. (92) und dessen zweite Ehefrau Margaritha (87).
Besitzer eines Schießstands
Tatwaffe bei der Bluttat am Donnerstagnachmittag im Bezirk Mistelbach war laut Polizeisprecher Heinz Holub ein Schrotgewehr. Der Verdächtige ist gemeinsam mit seinem getöteten Bruder als Geschäftsführer eines Schießplatzes in Bockfließ gelistet.
Tono G. wird verdächtigt seine Verwandten erschossen zu haben.
Frau hörte lauten Knall
Eine Frau hatte gegen 14.00 Uhr einen lauten Knall gehört und Anzeige bei der Polizei erstattet. Die Exekutive rückte mit einem Großaufgebot an Streifen an. Der 54-Jährige ließ sich widerstandslos festnehmen, teilte NÖ Polizeisprecher Heinz Holub mit. Der Mann aus dem Bezirk Mistelbach wurde auf eine Polizeistation in der Nähe des Tatorts gebracht. Über die U-Haft werde in den nächsten Tagen entschieden. Auch die Einvernahme des 54-Jährigen soll erst am Freitag geschehen. Am Donnerstag seien Erstgespräche geführt worden, hieß es von der Exekutive. "Die Einvernahme soll morgen im Beisein eines Anwalts stattfinden", sagte Polizeisprecher Heinz Holub am Abend zur APA.
"Aufwändige Tatortarbeit"
Das Landeskriminalamt (Bereich Leib und Leben sowie die Tatortgruppe) übernahm die Ermittlungen und die Spurensicherung. Vonseiten der Exekutive war von "aufwändiger Tatortarbeit" die Rede. Das Areal wurde großräumig abgesperrt, die Arbeiten im Inneren waren noch im Laufen.
Zu einem Motiv gab es vorerst keine Angaben.
Auf diesem Schloss spielte sich das Familiendrama ab.
Immer wieder Streit in der Adelsfamilie
Angaben über das Motiv gab es noch nicht. Allerdings ist bekannt, dass es in der angesehenen Familie seit langen Spannungen unter den Mitgliedern und heftige Streitereien gegeben hat.
Ob es dabei auch um das zum Schloss gehörende Weingut ging, ist unklar. Die Adelsfamilie arbeitet seit Jahrzehnten mit Spitzenwinzern zusammen, ihr Veltliner gehört zu den Top-Weinen Niederösterreichs.
Zwei der Opfer: Margaritha und Hans-Ulrich sollen von Tono G. getötet worden sein.
Anwesen abgesperrt
Das Anwesen, auf dem ein 54-Jähriger seinen Vater, den Bruder und seine Stiefmutter getötet haben soll, präsentiert sich am Donnerstagabend fast unscheinbar im Halbdunkeln, nur beleuchtet von einigen Polizeischeinwerfern und den Kameras diverser Fernsehstationen. Die Einfahrt zum Gebäude ist abgesperrt, im Inneren geht die Exekutive von den Reportern unbeobachtet der Spurensicherung nach.
Die versammelten Journalisten kommen dem Anwesen nur etwa 100 Meter nahe, eine Art "Sicherheitskorridor" ist von der Polizei errichtet worden. Wie auf einer Linie stehen hier aufgefädelt die Fernsehkameras, Reporter fiebern ihren Live-Einstiegen entgegen.
Marktgemeinde zeigt sich schockiert
Rund um das Anwesen präsentiert sich die Marktgemeinde im Bezirk Mistelbach ungemein ruhig. Hie und da kündigt eine Beleuchtung das nahende Weihnachtsfest an. Im Pfarrheim, eine Seitengasse vom Anwesen entfernt, haben sich einige Bewohner des Ortes zu einer Weihnachtsfeier eingefunden. Von der Bluttat, die sich nur etwa 200 Meter Luftlinie weiter weg zugetragen hat, hat hier kaum jemand etwas bemerkt, erklärt ein älterer Mann. Ein Passant, der mit seinem Hund spazieren geht, hat von den Geschehnissen im Radio erfahren - den Schrecken darüber kann er nur schwer verbergen.
Eine Anrainerin, die laut eigenen Angaben mit der Familie des 54-Jährigen längere Zeit zu tun gehabt hatte, zeigt sich vom Geschehen ebenfalls schockiert. Die betagte Frau erzählt, dass sie von einem innerfamiliärem Streit in all der Zeit nichts mitbekommen hätte. Es habe sich um sehr soziale Leute gehandelt.
"Vor allem für die Kirche haben sie viel getan"
Dass die Familie sich sehr engagierte, betont auch eine weitere Frau, die unweit des Anwesens des mutmaßlichen Täters zu Hause ist. "Vor allem für die Kirche haben sie viel getan", sagte sie. Ein Mann aus der Marktgemeinde, der die ältere Dame begleitete, berichtet davon, dass der 54-Jährige und seine Verwandten "grundsätzlich lieber unter sich" geblieben wären - vor allem früher. In der Ortschaft habe man die Personen nur selten gesehen, sie hätte sich auch nur wenig "unters Volk gemischt". Erst in den letzten Jahren habe sich das Anwesen auch etwas für die Einwohner geöffnet, öfters hätten Konzerte dort stattgefunden, betont der Mann.