Erfolg für NÖ-Kriminalisten
Entführung in Wien aus 1995 aufgeklärt
21.03.2018
Frau eines Bank-Filialleiters gegen Zahlung von einer Million Schilling freigelassen.
Mit einem Überfall auf ein Postamt in Breitenfurt (Bezirk Mödling) vom 19. Oktober 2017 haben niederösterreichische Kriminalisten auch einen fast 23 Jahre zurückliegenden Fall von erpresserischer Entführung in Wien geklärt. Der in beiden Fällen Tatverdächtige ist nach Angaben vom Mittwoch in Wiener Neustadt in Haft.
Bei dem Beschuldigten handelt es sich um einen 54 Jahre alten Wiener, teilten der Leiter des Landeskriminalamtes Niederösterreich, Omar Haijawi-Pirchner, und Chefinspektor Josef Deutsch in einer Pressekonferenz mit. Laut ÖSTERREICH-Informationen handelt es sich bei dem Festgenommenen um einen "ewigen Ganoven", der "mehr Zeit hinter Gittern als in Freiheit" verbracht habe. Dem Mann wird neben dem Coup vor fünf Monaten auch die erpresserische Entführung der Ehefrau eines Filialleiters der damaligen Zentralsparkasse (heutige Bank Austria) am 29. April 1995 zur Last gelegt. Das Opfer war nach der Zahlung von einer Million Schilling (72.672,83 Euro) freigelassen worden.
Zeitungsartikel aus 1995
Kein Geständnis nach Überfall
Die Entführung gab der 54-Jährige aus Wien-Ottakring laut Haijawi-Pirchner und Deutsch zu. Zum Überfall auf die Postfiliale war er hingegen nicht geständig.
Für eine am 31. Juli 1995 verübte, nach Angaben der Ermittler ebenfalls sehr brutale Entführung eines Juwelier-Ehepaares in Wien war der Mann zu 15 Jahren Haft verurteilt worden. Er hatte damals auf der Flucht einen Polizeibeamten durch einen Schuss lebensgefährlich verletzt.
"Details, die nur Täter kennen kann"
Zu dem Überfall in Breitenfurt ist der Beschuldigte "bis dato nicht geständig", sagte Omar Haijawi-Pirchner, Leiter des Landeskriminalamtes Niederösterreich, am Mittwoch. Beute war ein fünfstelliger Geldbetrag, der verschwunden ist. Ein als Beitragstäter verdächtiger Mann (48) wurde auf freien Fuß gesetzt.
Bei dem Coup war der 54-Jährige überaus brutal vorgegangen, schilderten die Kriminalisten. Ein Mitarbeiter der Filiale wurde mit dem Umbringen bedroht. Dem Mann wurde eine Pistole an den Kopf und im Genick angesetzt. Das Opfer wurde so zum Öffnen der Kassenladen genötigt. Dem Angestellten gelang schließlich die Flucht durch einen Lieferanteneingang.
Der Räuber entkam mit einem Kastenwagen, der dem 48-Jährigen gehört. Der Mann aus Wien-Penzing gab laut den Kriminalisten zu, den 54-Jährigen chauffiert zu haben. Von dem Überfall habe er jedoch nichts gewusst. Der einschlägig vorbestrafte mutmaßliche Haupttäter wurde am 2. November 2017 durch Einsatzkräfte der Cobra und des Landeskriminalamtes Niederösterreich festgenommen.
Nach der Festnahme wurden sämtliche offene Fälle "herausgekramt", die dem Tatmuster entsprochen haben. Wegen der Parallelen zur Entführung des Juwelier-Ehepaares vom Sommer 1995 wurde der Mann laut Chefinspektor Josef Deutsch auch auf den Fall vom April vor fast 23 Jahren angesprochen. Er habe dabei seine "Lebensbeichte" abgelegt und "Details genannt, die nur der Täter kennen kann", sagte der Ermittler am Mittwoch.
Ermittlungen dauern an
Die Ehefrau des Leiters einer Filiale in Wien-Brigittenau der damaligen Zentralsparkasse war in ihrer Wohnung überfallen worden. Die Täter hatten sich zuvor als Postboten ausgegeben. Die Frau wurde unter Waffengewalt gefesselt und dann auf der Rückbank ihres Autos zu dem Geldinstitut gefahren. Der Bankdirektor musste nach einem Anruf die geforderte Million Schilling aushändigen. Die Täter ergriffen dann mit einem anderen Wagen die Flucht. Ihr Opfer ließen sie in dessen Auto zurück.
Fluchtauto
Wie Deutsch am Mittwoch mitteilte, dauern die Ermittlungen in dem Entführungsfall an. Laut dem 54-Jährigen waren damals vier Täter beteiligt, einer soll bereits gestorben sein. Namen habe der Beschuldigte bisher nicht genannt. Er will damals 200.000 Schilling (14.534,57 Euro) erhalten haben und mit dem Geld für mehrere Wochen in die Dominikanische Republik geflogen sein.