Heimliche Ausflüge
Erste kleine Freuden für Verlies-Kinder
16.05.2008
Trotz der Belagerung durch ausländische Reporter genießt die Opfer-Familie Fritzl im Sanatorium – langsam und heimlich – ihre neue Freiheit.
Zur Landesnervenklinik Mauer-Öhling gehört ein verwunschener Park mit dichtem Baumbestand, Dickicht und verborgenen Wanderwegen. Die sieben betreuten Mitglieder der Inzest-Familie Fritzl sind in einem abgeschirmten Pavillon neben der Anstaltskirche untergebracht. Aber immer wieder gelingt es ihnen, in die für Fotokameras unerreichbare Botanik zu entwischen und die frische Luft, auch ein paar Sonnenstrahlen, zu genießen.
Scooter
Wie vom Klinikpersonal durchsickert, ist vor allem der
fünfjährige F., der bis zu seiner Befreiung noch nie Tageslicht gesehen
hatte, kaum zu halten. Mit dunklen Sonnenbrillen als Schutz gegen das
ungewohnte UV-Licht braust er auf einem Scooter durch den Park. Auch
Ausflüge in die Stadt – und dort zu McDonald’s – soll es schon gegeben
haben. Und weil F. seit seiner ersten Ausfahrt im Leben mit der Kripo das
Autofahren liebt, ist der Anstaltschauffeur mittlerweile sein bester Freund.
Tarnung
F.’ Bruder S. (18), der ebenfalls im Keller aufwachsen
musste, wurde bisher noch nie im Freien gesehen. Anders die Geschwister L.,
M. und A., die vom Inzest-Monster nach oben geholt wurden und bis zur
Entdeckung des Jahrhundertverbrechens ein normales Leben führten: „Die
machen oft Ausflüge ins Gelände – aber wir verstecken sie unter anderen
Kindern“, erzählt ein Pfleger.
Auch ihre Mutter E., die jetzt 42 Jahre alt ist und mit 18 zuletzt einen Sonnenstrahl und den blauen Himmel sah, wagt erste Schritte hinaus in die Natur. Weil ein Foto von ihr bei solchen Spaziergängen weltweit 300.000 Euro bringen kann, wird sie von ihren Betreuern verkleidet. In einem weißen Kittel und Personalbluse sieht die schwer traumatisierte Patientin auf den ersten Blick selbst wie eine Pflegerin aus.
Wohnung
Und während ganz Österreich über die Zukunft der
Opfer-Familie rätselt, glaubt das Personal der Nervenklinik Bescheid zu
wissen. Denn innerhalb der Anstalt wird gerade mit großer Eile eine
Dienstwohnung restauriert und eingerichtet: „Wahrscheinlich ziehen zumindest
die drei Keller-Opfer, die sich in der Welt nicht zurechtfinden, für die
nächsten Jahre dort ein.“