Im Interview mit seinem Anwalt Rudolf Mayer versucht Josef Fritzl, sich für seine Taten zu rechtfertigen. Er gibt Tochter E. selbst die Schuld.
Josef Fritzl über seine Kindheit ohne Vater:
Meine Mama
war eine starke Frau, sie hat mich zu Disziplin, Ordnung und Fleiß erzogen,
mir eine gute Schul- und Berufsausbildung ermöglicht, sie hat dauernd schwer
gearbeitet, harte Jobs angenommen, um uns über Wasser zu halten. Sie war so
hart, wie es notwendig war. Sie war die beste Frau der Welt. Und ich war ihr
Mann, irgendwie. Ich liebte sie über alle Grenzen …
... über seine Frau R.:
Ich hatte mit ein paar Mädchen
kleine Liebschaften. Und dann hab ich eh schon bald R. gefunden. Sie hatte
nichts mit meiner Mutter gemein. Sie war viel schüchterner und schwächer als
meine Mutter.
... seine Kinder:
Seit ich zurückdenken kann, ist es mein
innigster Wunsch gewesen, einmal viele Kinder zu haben. Kinder, die nicht
wie ich als Einzelkind aufwachsen müssten, die immer jemanden an ihrer Seite
zum Spielen haben würden. Der Traum von einer Großfamilie war eben von klein
an in mir. Und R. schien mir die geeignete Mutter. Und wahr ist auch, ich
habe sie geliebt, und ich liebe sie immer noch.
... die Vergewaltigung, für die er 18 Monate Haft verbüßte:
Ich
weiß nicht, was damals in mich gefahren ist.
... die Aussagen der Nachbarn, er habe seine Familie brutal beherrscht:
Ich
habe immer viel Wert auf Anstand und gutes Benehmen gelegt, das gebe ich zu.
Dieses Verhalten ist darin begründet, dass ich aus einer ‚alten Generation'
stamme, die anders als heute erzogen wurde. Ich bin in der Nazi-Zeit
aufgewachsen, da bedeuteten Drill und Strenge viel. Trotzdem: Ich bin nicht
die ‚Bestie', als die ich nun in den Medien dargestellt werde.
... darüber wie er einen Menschen bezeichnet, der seine Taten begangen
hat:
Von außen betrachtet – wahrscheinlich auch als ‚Bestie' oder
‚Monster'.
... die Aussagen seiner Tochter E., er habe sie seit ihrem elften
Lebensjahr vergewaltigt:
Das stimmt nicht. Ich bin kein Mann, der
sich an kleinen Kindern vergeht…
... wann er sie vergewaltigte:
Erst später, viel später. Erst,
als sie schon ‚unten' war, als sie schon lange ‚unten' war.
... darüber, dass er die Tat lange geplant hatte:
Zwei,
drei Jahre lang ungefähr, das ist wahr. Es muss etwa 1981, 1982 gewesen
sein, als ich begann, einen Raum in meinem Keller als Zelle umzugestalten.
Ich hab eine schwere, mit Beton ausgegossene Eisentür davor angebracht, sie
mit einem Elektromotor und einer Fernbedienung, mit welcher ich das Tor
durch Eingabe eines Nummerncodes öffnen und schließen konnte, ausgestattet.
Und dann hab ich alles schalldicht zugepflastert in dem Bunker, eine
Waschgelegenheit, eine Toilette darin installiert, ein Bett, eine Kochplatte
und einen Kühlschrank hineingestellt, Strom und Beleuchtung sind ja ohnehin
bereits vorhanden gewesen.
... darüber, dass niemand etwas von den Umbauten im Keller bemerkte:
Vielleicht
schon. Aber es wäre auch egal gewesen, wenn jemand davon bemerkt hätte. Denn
der Keller meines Hauses gehörte mir, mir alleine, er war mein Reich, das
nur mir zugänglich gewesen ist. Das wusste jeder, der da wohnte. Meine Frau,
meine Kinder, meine Mieter. Und niemand von ihnen hätte es gewagt, in mein
Reich vorzudringen oder mich danach zu fragen, was ich da tue. Ich erzählte
allen, ‚unten' sei mein Büro, wo Akten verstaut wären, die nur mich etwas
angingen, und das reichte aus – dass sich jeder an meine Vorschriften hielt.
... warum gerade E. sein Opfer wurde:
Seit Beginn ihrer
Pubertät hatte sie sich an überhaupt keine Regeln mehr gehalten, sie trieb
sich nächtelang in üblen Lokalen herum, trank Alkohol, rauchte. Ich
versuchte, sie aus dem Sumpf herauszuholen, ich verschaffte ihr eine
Lehrstelle als Serviererin, aber sie ging oft nicht zur Arbeit, riss sogar
zweimal aus und trieb sich in dieser Zeit mit miesen Personen herrum, die
kein guter Umgang für sie waren. Ich brachte sie immer wieder nach Hause
zurück, aber sie entzog sich mir immer wieder. Deshalb musste ich vorsorgen,
einen Ort schaffen, an dem ich E. irgendwann möglicherweise zwangsweise von
der Außenwelt fernhalten konnte …
... warum er seine Taten nie beendete:
Es war da so ein
‚Kreislauf' entstanden, ein Kreislauf, aus dem es irgendwann – nicht nur für
E., sondern auch für mich – kein Entrinnen mehr gab. Mit jeder Woche, in der
ich meine Tochter gefangen hielt, wurde meine Situation verrückter, und
wirklich, es ist wahr, ich überlegte immer wieder, ob ich sie freilassen
soll oder nicht. Ich war aber nicht fähig, eine Entscheidung zu treffen,
obwohl – und vielleicht genau weil – ich wusste, dass mit jedem
verstrichenen Tag meine Tat dramatischer bewertet werden würde. Ich
fürchtete mich vor einer Verhaftung, davor, dass meine Familie, alle
Menschen draußen von meinem Verbrechen erfahren könnten, darum hab ich
meinen Entschluss aufgeschoben und aufgeschoben. Bis es irgendwann zu spät
war, E. nach oben zu holen.
... wie er begann Elisabeth zu vergewaltigen:
Mein Trieb, mit
E. Sex zu haben, ist immer stärker geworden. Ich wusste, dass E. nicht
wollte, was ich mit ihr anstellte. Ich wusste, dass ich ihr wehtat. Der
Drang, endlich das Verbotene tun zu können, ist einfach zu groß in mir
gewesen. Es war wie eine Sucht.
... warum er nicht verhütete:
Weil ich mir in Wahrheit von
E. Kinder wünschte.
... die Geburt des ersten Kindes:
E. hatte natürlich Angst vor
der Niederkunft, ich brachte ihr Bücher in den Keller, damit sie wusste, was
sie am Tag X zu tun haben würde, und ich besorgte ihr Handtücher,
Desinfektionsmittel und Windeln. Ich habe mich über den Nachwuchs gefreut.
Denn es war ja schön für mich, nun auch im Keller eine richtige Familie zu
haben, mit einer Frau, mit ein paar Kindern.
... was passiert wäre, wenn er gestorben wäre:
Ich
hatte für diese Eventualitäten Vorkehrungen getroffen. Jedes Mal, wenn ich
den Bunker verließ, aktivierte ich ein Relais mit einer Zeitschaltuhr,
wodurch garantiert war, dass sich die Türe zum Verlies nach Ablauf einer
jeweils von mir neu bestimmten Frist von selbst geöffnet hätte. Wäre ich
gestorben, wären E. und die Kleinen also befreit gewesen.
... das Ablegen der Kinder vor der eigenen Haustüre:
E.
und ich hatten das alles gemeinsam geplant. Weil wir beide wussten, dass L.
wegen ihres angeschlagenen Gesundheitszustands unter den Bedingungen, die im
Keller herrschten, langfristig keine Überlebenschance gehabt hätte.
... ob er sich der Abscheulichkeit seiner Tat bewusst war:
Ich
wusste dauernd, während der ganzen 24 Jahre, dass das, was ich tat, nicht
richtig war, dass ich verrückt sein musste, weil ich so etwas machte. Und
trotzdem: Gleichzeitig wurde es für mich aber auch immer mehr zur
Selbstverständlichkeit, im Keller meines Hauses ein zweites Leben zu führen.
Ich habe versucht, so gut als möglich für meine Familie im Keller zu sorgen.
Wenn ich in den Bunker ging, brachte ich meiner Tochter Blumen und den
Kindern Bücher und Stofftiere mit, ich sah mit ihnen per Videorecorder
Abenteuerfilme an, während E. unsere Lieblingsspeisen kochte. Und dann haben
wir uns alle an den Küchentisch gesetzt und miteinander gegessen.
... seine Pläne alle zu befreien:
Ich wollte E., K., S.
und F. zu mir nach Hause bringen, demnächst bereits. Ich war doch
mittlerweile älter geworden, ich wurde unbeweglicher, ich wusste einfach,
dass ich es in naher Zukunft nicht mehr schaffen würde, meine Zweitfamilie
im Bunker zu versorgen. E. und die Kinder sollten nach ihrer Freilassung
erzählen, sie wären bis zuletzt an einem geheimen Ort, bei einer
Sekte, gewesen.
... die Angst, dass alles auffliegen würde:
Ich hätte die
Gefahr, dass mich E. und die Kinder irgendwann verraten könnten, in Kauf
genommen. Was ich dann ja auch – früher als eigentlich vorgesehen – tat. Als
die Tragödie um K. eskalierte. Sie riss sich die Kleider vom Leib und
versenkte sie in der Toilette.
... wie er stets die Flucht verhindern konnte:
Das war nicht
schwierig. Ich benötigte dazu keine körperliche Gewalt. E., K., S. und F.
akzeptierten mich nämlich vollends als Familienoberhaupt, sie hätten sich
daher niemals getraut, mich zu attackieren. Und außerdem wussten sie, dass
nur ich den Nummerncode für die Fernbedienung, mit der die Türe zum Verlies
zu öffnen und zu schließen war, kannte.
... seine Drohungen:
Ich habe ihnen lediglich immer wieder
erklärt, dass sie nicht an der Verliestüre herumwerken sollen – denn sonst
könnten sie in einen Stromkreis geraten und sterben.
... ob er nun sterben will:
Nein, ich will jetzt bloß noch
eines: büßen.