Bei Nacht und Nebel
Grüne finden Flüchtlingsabtransport rechtswidrig
11.01.2008
Für die Nacht und Nebel-Aktion, bei der 27 Tschetschenen aus Traiskirchen abgeholt wurden, schimpfen die Grünen den Innenminister.
Aus dem Erstaufnahmelager Traiskirchen in Niederösterreich sind in der Nacht auf Freitag 27 Tschetschenen abgeholt und ins Anhaltezentrum nach Wien gebracht worden. Dort sitzen sie seither in Schubhaft. Als Dublin-Fälle sollen sie so schnell wie möglich abgeschoben werden. Die Grünen sind entsetzt über diese Nacht und Nebel-Aktion.
Vorgangsweise rechtswidrig
Die Männer von ihren Familien zu
trennen, sei "nicht nur grausam und rechtswidrig, sondern absurd", findet
die Grüne Menschenrechtssprecherin Brigid Weinzinger. Die Dublinverordnung
schreibe keine Schubhaft oder sonstige Repressalien für Asylverfahren vor.
Im Gegenteil: Rückstellungen von EU- zu EU-Staat sollten ohne Schubhaft
erfolgen und nicht mit Angst und Schrecken.
Platter steht für Eskalation
Für Weinzinger ist
ÖVP-Innenminister Günther Platter für die neue Strenge verantwortlich. Er
würde statt zu Sicherheit und Beruhigung vielmehr zur Eskalation beitragen. Der
Innenminister soll Menschenrechte einhalten statt den starken Mann zu
markieren, kritisiert sie.
Selbstmorddrohungen
Bei der Verbringungsaktion in der Nacht auf
Freitag hatten sich die Flüchtlinge ungewöhnlich heftig gewehrt. Männer
weigerten sich, den Bus nach Wien zu besteigen, sie ketteten sich sogar an.
Frauen drohten damit, sich die Pulsadern aufzuschneiden, sollten ihre Männer
weggebracht werden. Die Exekutive gab zumindest zu, dass die Tschetschenen
"impulsiv" reagiert hätten.
Fristenlauf verursacht Druck
Die eilige Verbringung hat
allerdings einen handfesten bürokratischen Hintergrund, und der liegt im
Fristenlauf. Wenn Österreich nicht binnen drei Monaten beweisen kann, dass
der Betreffende ein Dublin-Fall ist und daher z.B. nach Polen abgeschoben
werden kann, wird Österreich automatisch für ihn verantwortlich.
Dublin-Abkommen
Für Asylwerber ist immer jenes EU-Land
zuständig, in das die Betreffenden als erstes eingereist sind. Wechseln sie
in ein anderes, müssen sie laut Dublin-Abkommen zurückgebracht werden.