Inzest-Drama
Streit um Opferanwalt der Fritzls entbrannt
30.04.2008
Um die Bestellung eines Opferanwalts für die Verlies-Opfer aus Amstetten ist bereits ein politischer Streit entbrannt.
Die Opfer von Josef F., der seine heute 42-jährige Tochter seit ihrem elften Lebensjahr missbraucht, 24 Jahre in einem Verlies gefangen gehalten und mit ihr sieben Kinder gezeugt haben soll, haben Anspruch auf kostenlose psychosoziale und juristische Prozessbegleitung. Um die Bestellung des Opferanwalts Christoph Herbst ist eine Diskussion im Gange: Der "Weiße Ring", der seit 1. Juli 2007 die Opferhilfe koordiniert, und das Gewaltschutzzentrum Niederösterreich hatten sich bereits darauf geeinigt, Eva Plaz zur Opferanwältin zu nominieren.
Plaz vom "Weißen Ring" vorgeschlagen
Plaz, die auf
jahrelange Erfahrung in der Arbeit mit Opfern von strafbaren Handlungen
verweisen kann und das österreichische Modell der Prozessbegleitung
entwickelt hat, wurde gut informierten Kreisen zufolge bereits am Montag der
Bezirkshauptmannschaft als rechtlicher Beistand für die Kinder bzw. Enkel
von Josef F. vorgeschlagen.
Pröll bot "als erster" Herbst an
Der
niederösterreichische Landeshauptmann Erwin Pröll (V) bot der Familie jedoch
Christoph Herbst als Opferanwalt an und kündigte an, diesen auch finanzieren
zu wollen. "Der Landeshauptmann hat am Montag früh als erster einen Anwalt
angeboten. Es hätten auch andere die Idee haben können", so Pröll-Sprecher
Peter Kirchweger am Mittwoch. Der "Weiße Ring" habe sich erst danach beim
Bezirkshauptmann gemeldet.
Herbst ohne Erfahrung als Opferanwalt
Die Entscheidung zugunsten
von Herbst löste nun beim "Weißen Ring" Verwunderung aus. "Eva Plaz ist die
versierteste Anwältin in diesem Bereich. Wir sind verpflichtet, dass wir
jemanden nehmen, der in der Opferarbeit Erfahrung hat. Doktor Herbst ist
sicher ein guter, engagierter Anwalt. Aber er hat keinerlei Erfahrung als
Opferanwalt", meinte Udo Jesionek, der Präsident des "Weißen Rings", am
Mittwoch. Er sei daher "überrascht", die zuständige Interventionsstelle
"völlig verdattert", dass das Land Niederösterreich Plaz offenbar nicht
akzeptiere.
Herbst gilt als erstklassiger Wirtschaftsanwalt und ausgewiesener Experte im Bankwesen. Er war Ex-Aufsichtsratsvorsitzender der Bank Burgenland und sitzt für das Land Niederösterreich im Aufsichtsrat des Flughafens Wien.
Anwälte sollen sich jetzt einigen
Formaljuristisch wäre es
denkbar, dass Plaz und Herbst parallel die Interessen der betroffenen
Familie vertreten und sich vom Bund bzw. dem Land bezahlen lassen. Ob es
Sinn macht, die Opfer von Josef F. mit mehreren Anwälten zu konfrontieren,
erscheint allerdings fraglich. "Sinnvoll wäre es, wenn sich Plaz und Herbst
zusammen setzen und sich ohne Zurufe von außen auf eine Lösung einigen
könnten", meinte Jesionek.
"Es war und ist Sache der betroffenen Familie, ihren Anwalt selbst zu bestimmen. Davon haben sie Gebrauch gemacht", betonte der Sprecher von Landeshauptmann Pröll. Mit der Bestellung von Herbst sei "sichergestellt, dass die Opfer dieses Kriminalfalls nicht irgendwelchen Geschäftemachern in die Hände fallen", sagte Kirchweger.