Mutmaßlicher Täter
Josef Fritzl schweigt ab jetzt zu Inzestvorwurf
30.04.2008
Nach seinen Aussagen vor der Polizei will der mutmaßliche Täter im Inzestfall von Amstetten im Moment nichts mehr sagen.
Aus dem Wunsch der Staatsanwaltschaft St. Pölten, nächste Woche Josef Fritzl umfassend zu befragen, dürfte nichts werden. "Mein Mandant macht derzeit keine Aussage", sagte am Mittwoch sein Rechtsbeistand, der Wiener Strafverteidiger Rudolf Mayer. Dem 73-Jährigen wird vorgeworfen, seine heute 42-jährige Tochter E. seit ihrem elften Lebensjahr missbraucht, 24 Jahre in einem Verlies im Amstetten gefangen gehalten und mit ihr sieben Kinder gezeugt zu haben.
Hat eh schon was gesagt
"Er hat bei der Polizei schon
ausführlich Stellung genommen", erklärte Mayer, nachdem er sich
davor eineinhalb Stunden lang mit Fritzl in der Justizanstalt St. Pölten
unterhalten hatte. Über den Inhalt wollte Mayer unter Hinweis auf die
anwaltliche Verschwiegenheitspflicht und die laufenden Ermittlungen nichts
bekanntgeben. Jedenfalls sehe Fritzl im Moment "keinen Grund",
Fragen der zuständigen Staatsanwältin zu beantworten. "Derzeit
ist keine weitere Einvernahme vonnöten", stellte Mayer fest.
Weitere Details zu Horror-Keller
Trotzdem werden einige Dinge
immer klarer. Z.B. das Rätsel, ob Fritzl die 300 Kilogramm schwere
Betonstahltüre, die das Verlies abriegelte, allein in den Keller schleppen
konnte. Der niederösterreichische Kripo-Chef Franz Polzer erklärt: „Noch
bevor er seine Tochter eingesperrt hat, hat er eine Brandschutztüre aus
Blech gekauft. Diese goss er dann wahrscheinlich selbst mit Beton aus und
baute eine Art Motor zur Steuerung der Türe ein.“
Ausgeklügelte Logistik
Um wochenlange Thailand-Urlaube
möglich zu machen, stellte Fritzl Kühlschrank, Tiefkühltruhe und
Waschmaschine in das Verlies. Somit war die Grundversorgung seiner Opfer
über mehrere Tage gewährleistet, vorausgesetzt, der Strom fiel nicht aus.
Alle 100 Hausbewohner fragen
Die niederösterreichischen
Kriminalisten werden als nächstes die rund 100 Menschen befragen, die in den
vergangenen 24 Jahren - als E. im Keller weggesperrt war - in dem Haus in
Amstetten gewohnt haben. Die Beamten hoffen, dass sich irgend jemand an
Ungereimtheiten erinnern kann, die jetzt weiterhelfen könnten.
Das große Schweigen
Während sich Fritzl das große Schweigen
verordnet hat, befinden sich seine Opfer weiter in der Obhut von Psychologen
und Ärzten. Die Kinder, die ihr ganzes Leben im Keller eingesperrt waren,
kämpfen den Ärzten zufolge mit massiven Raum-Orientierungsstörungen.
Allerdings gab es im Klinikum Amstetten-Mauer auch Grund zur Freude: A.
konnte seinen Geburtstag erstmals mit allen seinen Geschwistern feiern.