Misshandlungs-Fall
Kommt nun auch Prozess gegen Lucas Mutter?
28.09.2008
Im Prozess um den Tod des kleinen Luca hat seine Mutter beteuert, von nichts gewusst zu haben. Ob sie zur Verantwortung gezogen wird, wird der 2. Luca-Prozess in Tirol klären.
Wie ein Häufchen Elend sitzt die zierliche Frau im Gerichtssaal, weint in ihr Taschentuch, bittet um einen Schluck Wasser. Melanie G. (24), die Mutter des zu Tode vergewaltigten kleinen Luca, ist ein nervliches Wrack. „Ich habe davon nichts gewusst, mir ist wirklich nichts aufgefallen“, sagt sie Richter Gernot Braitenberg, ehe sie eine Strähne ihre mittlerweile rot gefärbten Haare hinter das Ohr streift. Dann geht sie. Fragen, die ihre Rolle in der Beziehung oder im Umgang mit Luca betreffen, beantwortet sie nicht.
Doch nach dem Urteil für Lucas Peiniger, der lebenslang hinter Gitter muss, wird sich die Tirolerin in Kürze genau diese Fragen gefallen lassen müssen. Denn darum wird es in jenem Prozess gehen, der gerade in Innsbruck vorbereitet wird – eine Anklage wird für Oktober erwartet.
Brennende Fragen
Wer hat die Verantwortung für die vielen
Verletzungen, die Luca immer wieder hatte? Wie viel hat die Mutter gewusst?
Ist sie verantwortlich, weil sie ihrem Kind die notwendige Hilfe verweigert
hat? Und: Welche Rolle spielen die Behörden, Jugendämter und Krankenhäuser,
wo aktenkundig war, wie sehr der Bub auch schon vor seinem Tod gelitten
haben muss?
„Ist immer hingefallen“
Melanie selbst beteuert immer
wieder, dass sie niemals gegen Luca oder auch gegen ihren anderen Sohn
Rafael (4) die Hand erhoben hat, „vielleicht einmal einen Klaps am Popo,
aber ich hab meinen Kindern nie etwas getan“. Und sie hat auch eine
Erklärung, warum Luca in seinem nur 17 Monate dauernden Leben von blauen
Flecken übersät war. „Der Luca war ein so patschertes Kind, er ist immer
hingefallen und hat sich den Kopf angehaut“, so die Mutter. Eine
Wahrnehmung, die Lucas Vater, Bernhard Haaser, nicht teilt. Luca war immer
dann bei ihm, wenn seine Mutter zu Fritz D. nach Niederösterreich fuhr.
Haaser: „Luca war ein ganz normales, aufgewecktes Kind. Er hat sich in den
zwei Monaten, wo er fast durchgehend bei mir war, ein einziges Mal am
Tischeck angestoßen.“
Behörden-Skandal
Doch es geht nicht allein um die Mutter. Es
ist auch der Behörden-Skandal, der im Prozess Thema sein wird: Immerhin gab
es einen Akt über Luca. In der Jugendwohlfahrt Schwaz war bekannt, wie es
ihm geht. Und Lucas Vater hat dort sogar interveniert, wollte darauf
aufmerksam machen, dass hier ein kleines Kind leidet. Doch nicht nur die
Behörden in Tirol, auch jene in Niederösterreich werden sich verantworten
müssen. Sie haben Fritz D., Lucas Peiniger, besucht und ihr Okay gegeben,
dass hier keine Gefahr für das kleine Baby besteht.
Fritz D. hat Luca getötet, befanden die Geschwornen am Freitag. Er wurde dafür (nicht rechtskräftig) zu lebenslanger Haft verurteilt. Doch die Frage bleibt: Wie konnte es so weit kommen?