Freitagabend wurden erstmals die Polizisten zu dem tragischen Todesschuss in einem Supermarkt in Krems befragt.
Nach dem Einbruch in einen Kremser Merkur-Markt, der am Mittwoch mit dem Tod eines 14-Jährigen und einem beidseitigen Oberschenkeldurchschuss für einen 16-Jährigen geendet hat, ist am Freitag ein dritter Verdächtiger festgenommen worden. Bei dem mutmaßlichen Mittäter handelt sich nach Angaben von Oberstleutnant Roland Scherscher vom Landespolizeikommando NÖ um einen 28-jährigen Rumänen aus dem Bezirk Krems.
Bei der Polizei hatte es seit Donnerstag als weitgehend sicher gegolten, dass es im Zusammenhang mit dem Merkur-Einbruch einen weiteren Verdächtigen neben dem durch eine Kugel aus einer Polizeiwaffe getöteten Florian P. (14) und dem verletzten, noch 16-jährigen R. gebe, der in der Inquisitenstation im Landesklinikum Krems behandelt wird. Das hätten die Erhebungen am Tatort ergeben, so Scherscher.
Gegen den 28-Jährigen bestand eine Festnahmeanordnung der Staatsanwaltschaft Krems, sagte der Oberstleutnant. Der Mann sei kurz vor 19.00 Uhr auf der Polizeiinspektion Gföhl im Bezirk Krems festgenommen worden. Die Einvernahme des Verdächtigen dauerte am Abend an.
Die Ermittlungen am Tatort hatten ergeben, dass der dritte Verdächtige mit einem Auto vom Tatort weggefahren sei, so Oberstleutnant Roland Scherscher.
R. erst seit kurzem draußen
Definitiv fest stehe, dass die
wegen des Einbruchsalarms am Mittwoch in den frühen Morgenstunden zu dem
Merkur-Markt gerufenen Kremser Polizeibeamten, eine Frau und ein Mann, drei
Schüsse abgegeben hatten, so der Oberstleutnant. Ein Projektil traf den
14-jährigen Florian P. tödlich, durch ein zweites erlitt der noch 16 Jahre
alte R. Durchschüsse beider Oberschenkel. Dazu sei "ein höher
angelegter" Schuss festgestellt worden.
Der 16-Jährige ist am Donnerstagabend von Beamten des Landespolizeikommandos OÖ zum Schusswaffengebrauch durch die Kremser Polizisten befragt worden. Er habe "seine Sicht der Dinge" zu Protokoll gegeben, teilte der Staatsanwalt Friedrich Köhl mit. Über R. wurde bereits die U-Haft verhängt, weil der Jugendliche einschlägig vorbestraft und erst vor kurzer Zeit aus der Haft entlassen worden sei. Gesundheitlich sei R. "auf dem Weg der Besserung".
Beamten wurden befragt
Die Kremser Polizeibeamten wurden am
Freitagabend erstmals einvernommen. Die Psychologen hätten zugestimmt, dass
man mit den Befragungen der Beamten beginnen könne, so Köhl.
Der inzwischen auch von den Ermittlern des Landespolizeikommandos OÖ vernommene 16-jährige mutmaßliche Einbrecher, der verletzt im Landesklinikum Krems liegt, habe zum Schusswaffengebrauch "seine Sicht der Dinge" zu Protokoll gegeben, teilte der Staatsanwalt mit.
Friedrich Kutschera von der bisher mit dem Akt betrauten Staatsanwaltschaft Krems sagte betreffend der noch nicht erfolgten Befragung der Kremser Beamten zum "Niederösterreich Journal" des ORF-Radios, er habe die Polizisten "nicht dazu zwingen" können.
"P. ist angestiftet worden"
Der 21-jährige Mario
äußerte derweil am Freitag die Vermutung, dass der 14-Jährige in den für ihn
letztlich tödlichen Einbruch "hineingezogen" worden ist. In
einer Clique von etwa 15 bis 20 Personen sei Florian für ihn "wie
ein kleiner Bruder" gewesen, so Mario. Natürlich habe der 14-Jährige "ab
und zu Blödsinn gemacht". Eine Aktion wie ein Einbruch in den
Supermarkt sei ihm jedoch nicht zuzutrauen gewesen. "Meine Vermutung:
Er ist angestiftet worden." Marios Freundin assistiert: "Auf die
Idee kommt kein 14-Jähriger."
Florian sei ein "ruhiger Typ" gewesen, ein "guter Mensch" und "hilfsbereit", charakterisierte der 21-Jährige den tödlich getroffenen Jugendlichen. Der Einbruch in den Merkur-Markt sei "unnötig" gewesen. "Das hätten sie (Florian und der noch 16-jährige R.) wirklich nicht machen müssen."
Schwere Vorwürfe
Die Mutter von Florian P., ihr
Lebensgefährte und der Bruder des Jugendlichen, in der Folge auch der Vater
des 14-Jährigen, seien noch in den Nachtstunden am Mittwoch über die
Ereignisse in dem Merkur-Markt informiert worden, so Scherscher weiter. Zu
Betreuung der Angehörigen habe die Polizei das Akutteam NÖ verständigt.
Darüber hinaus sei eine Information über juristische und psychosoziale
Prozessbegleitung erfolgt. Die Mutter hatte sich im ORF-Radio Vorwürfe
vorgebracht, von den Informationen der Polizei abgeschnitten zu sein. Auch
der 19-Jährige
Bruder hatte im ÖSTERREICH-Interview Kritik erhoben.
Keine Zwischenfälle bei Trauerkundgebung
Die
Trauerkundgebung am Donnerstagabend vor dem Merkur-Markt in Krems ist ohne
Zwischenfälle verlaufen, bestätigte Magistratsdirektor Karl Hallbauer. Etwa
100 Personen hatten teilgenommen.
Kremser Jugendliche hatten bereits am Mittwoch per Rund-SMS zu der Veranstaltung aufgerufen, die nicht angemeldet war, aber auch nicht untersagt wurde. Wegen der durchaus aufgeheizten Stimmung wurde von der Anwesenheit uniformierter Polizisten bei der Kundgebung Abstand genommen worden. Wie Hallbauer selbst verfolgten freilich auch Beamte in Zivil das Geschehen.
Korneuburg ermitelt in Sachen Polizisten-Vorgehen
Die an die
Behörde in Korneuburg übertragenen Ermittlungen beträfen das Vorgehen der
Polizisten in dem Merkur-Markt, erläuterte Staatsanwalt Friedrich Köhl am
Freitag. Der Einbruch selbst bleibe bei der Anklagebehörde in Krems. Das sei
Stand der Dinge.