Am Donnerstag stand jener Mann vor Gericht, der den erst 17 Monate alten Luca so lange vergewaltigt haben soll, bis das Baby an den Folgen starb.
Völlig ruhig und aufrecht sitzt er da, seine Stimme zittert nicht, er formuliert klar. Fritz D. (24) ist der Angeklagte im grauenvollsten Kindesmissbrauchsfall Österreichs. Er soll den erst 17 Monate alten Luca zu Tode vergewaltigt haben – gestern begann in Korneuburg der Prozess.
Es ist bedrückend kalt im großen Schwurgerichtssaal, den acht Geschworenen ist das Entsetzen ins Gesicht geschrieben. Denn die Bilder, die sie heute sehen müssen, werden sie wohl niemals vergessen. Sie zeigen eine Kinderleiche, am Bauch liegend. Hämatome und Risswunden überall. Bilder der Gerichtsmedizin. Nicht wegzuleugnende Dokumente. Doch der Angeklagte ist davon nicht zu erschüttern, seine blaue Augen schauen starr nach unten. Erklären will er die Misshandlungen damit, dass seine Freundin, die Mutter von Luca, einen anderen Liebhaber hatte. Der könnte auch der Killer sein. „Ich habe Luca geliebt wie mein eigenes Kind“, bekräftigt er forsch.
Staatsanwältin Martina Weiser trägt in allen grausamen Details vor, was am 1. November 2007 passierte. Er hat an diesem Tag das Kind vergewaltigt. Luca ist 17 Monate alt und stirbt zwei Tage später an den Folgen dieser Vergewaltigung. Doch Fritz will davon nichts wissen. „Wann immer ich Zeit hatte, habe ich ihn herumgetragen und abgeschmust“, schildert der gelernte Tischler seine Version von Kinderliebe. Und er erzählt auch „die Wahrheit“ über jenen Vormittag. „Ich hab mit der Melanie den Luca gewickelt, habe seine Füße gehalten und ihn dann ins Bett gelegt“, so D. Dann hat er sich umgezogen und plötzlich „ist dem Luca Blut aus dem Mundwinkel gelaufen“. Diese seine Wahrnehmung hat der groß gewachsene Bursche mit den kurz geschnittenen schwarzen Haaren und dem kleinen Ziegenbärtchen schon anders erzählt. Insgesamt vier Varianten gibt es von dem Vormittag. Von „Luca ist mir auf der Treppe hinuntergefallen“ über „ich habe ihn geschüttelt“ bis eben diese neue Seite. Richter Gernot Braitenberg versucht, die Aussagen für die Geschworenen zu sortieren, Christian Fischer, Anwalt von Lucas leiblichem Vater, ist verwirrt. „Warum sollen wir diese Variante jetzt glauben?“
Doch das Konstrukt rund um den Tod des kleinen Luca beschränkt sich nicht auf den Angeklagten allein. Auch sein Vater, Otto D., will überzeugen, dass sein Sohn, ein gläubiger Katholik, niemals dazu imstande wäre. „Melanie hat zu mir gesagt, sie hat ihn geschüttelt“, erinnert sich der Vater an eine Erklärung der Kindesmutter und daran, dass „sie überlegt hat, das Kind wegzugeben, weil sie so überfordert war“. Diese erzählt später unter Tränen, dass Fritz damals mit einem krampfenden, bewusstlosen Kind dagestanden sei. Ob sie ihm so eine schreckliche Tat zutraue, will Anwalt Fischer wissen. „Dazu will ich nichts sagen.“ Auf Lucas Kleidung wurde eine DNA-Mischspur gefunden, die zu Fritz D. gehört. Für seine Verteidigerin ist diese nicht eindeutig genug. Ob sie für die Geschworenen reicht, ist abzuwarten. Gegen 18 Uhr wurde der Prozess auf Freitag vertagt.