Tragödie
Luca wird zum Fall für Staatsanwalt
09.11.2007
Zwei Spitäler informierten, dass der Verdacht auf Kindesmisshandlung bestand. Doch Luca musste sterben, weil niemand reagiert.
Die Tragödie um den zu Tode geprügelten Luca (17 Monate) entwickelt sich immer mehr zum Behördenskandal. Drei Mal war das Kleinkind wegen Misshandlung in Spitalsbehandlung. Die Behörden aber taten nichts.
Das Martyrium Lucas beginnt am 8. Juli dieses Jahres und endet am 3. November – an diesem Tag stirbt er im Wiener SMZ Ost an den Folgen seiner Misshandlungen.
Das lange Leiden
Jetzt stellt sich heraus, welcher unfassbare
Behördenskandal hinter dem tragischen Tod steckt. Die Fakten des von
ÖSTERREICH exklusiv angeprangerten Falles:
- Zwei Spitäler warnten
Gleich zwei Krankenhäuser stellten bei Luca „dringenden Verdacht auf Kindesmisshandlung“ fest. Sowohl das Spital in Mödling als auch das Klinikum in Innsbruck schickten Anzeigen an das zuständige Jugendamt in Schwaz (Tirol).
- Behörde taub
Die Beamten in Schwaz taten nichts und sind jetzt auf Tauchstation. Per Presseaussendung wurde Freitag lapidar mitgeteilt, „das Bestmögliche“ unternommen zu haben.
- Nur ein Besuch
Dafür feuert Wolfgang Straub, Bezirkshauptmann der ebenfalls zuständigen Behörde in Wien-Umgebung, aus allen Rohren (siehe rechts). „Das eine Gespräch mit dem mutmaßlichen Täter war sicher zu wenig für eine Entscheidung, denn es war eine Momentaufnahme. Wir haben das den Kollegen in Schwaz auch so gesagt“, verteidigt Straub seine Mitarbeiter, die Fritz D. einen Besuch abstatteten. Das Ergebnis: ein kooperativer, ruhiger Mann …
Ärzte schockiert
Das grauenhafte Kapitel wird am 8. Juli
dieses Jahres aufgeschlagen, ein Sonntag. Als Melanie G. den kleinen Buben
ins Spital nach Mödling bringt, sind die Ärzte schockiert. „Wir waren
ehrlich besorgt“, schildert Primar Erwin Hauser. Überall blaue Flecken, der
Körper übersät mit Hämatomen, die Mutter schweigt. Nein, geschlagen habe sie
ihr Kind nie, so ihre Aussage. Die Ärzte sehen das anders. Hauser will das
Kind der Mutter gar nicht mehr mitgeben, beantragt ein Ausfolgeverbot.
Dieses wird von der BH Mödling abgelehnt – ein Skandal. Die Mutter fährt bei
der Überstellung nach Innsbruck mit. Diagnose hier: Kindesmisshandlung – das
Jugendamt Schwaz wird informiert.
Vater warnte
Weiter geht die Behörden-Schlamperei: Der leibliche
Vater, Bernhard Haaser, informiert mehrfach („Es gibt ein zweiseitiges
Protokoll von mir“, so Haaser) das Jugendamt über seine Befürchtungen. Das
Amt tut nichts. Einzig: Der Bub darf zwei Monate lang nicht mehr nach
Niederösterreich zum neuen Freund der Mutter. Ausgesprochen am 11. August,
gültig bis 11. Oktober. Am 3. Oktober kommt Luca abermals mit Armbruch und
Bluterguss am Kopf in das Klinikum Innsbruck. Kindesmisshandlung? Die Ärzte
sind nicht sicher. Der Behörde hebt das NÖ-Verbot auf, die Mutter nimmt Luca
mit zu ihrem Freund. Luca stirbt am 3. November im Wiener SMZ Ost. Die
Obduktion bestätigt: Tod durch Ersticken.
Staatsanwalt ermittelt
Bernhard Haaser: „Wenn in den nächsten
Tagen nicht die Staatsanwaltschaft gegen die Behörde Schwaz ermittelt, dann
erstatte ich Anzeige.“