Der Bankräuber von Niederschleinz ist ein Beamter mit großen Geldproblemen.
Diese Nachricht wird Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner eher sauer aufstoßen – wenn er erfährt, dass einer seiner Pool-Chauffeure als bewaffneter und maskierter Bankräuber geschnappt wurde. Auch über das Motiv des Beamten und Biedermanns Fritz S. (Name von der Redaktion geändert) – für den die Unschuldsvermutung gilt – wird der Minister not amused sein: Der 48-Jährige hatte beim Spielen an Automaten Schulden von mehr als 200.000 Euro angehäuft, weshalb jetzt sogar sein Wohnhaus in Gars am Kamp zwangsversteigert werden sollte.
Bankangestellte lösten stillen Alarm aus
Freitagnachmittag setzte der Ehemann und Vater zweier erwachsener Kinder den finalen Plan zur Sanierung seiner maroden Finanzen in die Tat um. Um 14.58 Uhr betrat er mit einer Motorrad-Unterziehhaube vermummt und einer Pistole im Anschlag eine kleine Land-Raika in Niederschleinz im Waldviertel. Wohl erbeutete der korpulente mutmaßliche Räuber bei dem Coup rund 20.000 Euro – doch dass die Bankangestellten den stillen Alarm ausgelöst hatten, bemerkte der Ministeriums-Chauffeur nicht.
Korpulenter Täter kam mit Mercedes zum Coup
In aller Ruhe dirigierte der Maskierte die beiden Bankangestellten in den Büroraum, wo er sie zurückließ. Dann fuchtelte der Täter noch ein wenig mit seiner Waffe herum, um seine Opfer zu ermahnen, ihn nicht zu verfolgen. Dann lief er davon. Allerdings nicht unbemerkt. Zeugen sahen, wie der dicke Bankräuber sich in einen Mercedes (übrigens kein Dienstauto) setzte. Außerdem konnten sie sich Teile des Kennzeichens merken. Und da Fritz S. keine Nummerntaferln (!) gestohlen hatte, sondern mit den eigenen gekommen war, konnten die Ermittler den Verdächtigen schnell ausforschen.
Chefermittler Helmut Burgsteiner erzählt, was sich bei der Verhaftung abspielte: „Zuerst bestritt er alles und erklärt sich bereit, dass wir ruhig sein Haus durchsuchen können.“
Dabei stellten die Polizisten nicht nur das Wohngebäude, sondern natürlich auch die Garage auf den Kopf, bis sie hinter einem Stoß Reifen die vollständige Beute sowie die Motorradhaube fanden.
Jetzt legte der in der Region recht bekannte Ex-Obmann und Kassier der Blasmusikkapelle (er spielt Horn) ein Geständnis ab.
Scharfe Pistole – bis zu 15 Jahren Haft drohen
Weinerlich erzählte der Beamte von seiner ausweglosen Lage und dass er bei dem Coup „niemanden verletzten wollte“. Um eine Anklage wegen schweren Raubs wird Fritz S. aber nicht herumkommen, da es sich bei der Waffe um keine Spielzeugpistole, sondern um eine Glock 19 mit 15 Patronen im Magazin handelte.
In Gars am Kamp sprach sich die Verhaftung des Chauffeurs, der mit seinem Bike auch gerne Prominente chauffierte, wie ein Lauffeuer herum. „Das darf doch nicht wahr sein …“ Mehr war den meisten nicht zu entlocken.
Roland Kopt