Der 17-Jährige mutmaßliche Komplize von Florian P. bleibt vorerst weitere vier Wochen in Haft.
Das Landesgericht Krems hat am Donnerstag im Zusammenhang mit dem von der Polizei in einem Supermarkt erschossenen 14-jährigen Florian P. die U-Haft über den mutmaßlichen Komplizen des ums Leben gekommenen Burschen verlängert. Als Haftgrund wurde weiter Tatbegehungsgefahr angenommen, gab die Erste Staatsanwältin Eva Taborsky bekannt. Der 17-Jährige bleibt damit vorerst weitere vier Wochen inhaftiert.
Kritik von ai
Scharfe Kritik an der Verlängerung der U-Haft
kommt von der Menschenrechtsorganisation amnesty international (ai). Für den
österreichischen ai-Generalsekretär Heinz Patzelt liegt die Vermutung nahe, "dass
es sich im gegenständlichen Fall um eine Informationsverhinderungshaft
handelt".
Man wolle dem 17-Jährigen offenbar die Möglichkeit nehmen, der vielfach medial kolportierten Sichtweise der Polizisten, die die Schussabgabe damit erklären, sie hätten sich in einer Notwehrsituation befunden, etwas entgegenzusetzen. "Das ist beschämend und irritierend zugleich", sagte Patzelt.
Pilz kritisiert Entscheidung
Kritik kommt auch von den Grünen:
Ihr Sicherheitssprecher Peter Pilz sagte: "Dass ein Schwerverletzter,
der in beide Oberschenkel getroffen wurde, eine weitere Tat begehen soll,
kann ja wohl nur als absurd bezeichnet werden". Es sei "untragbar, wie sich
die Justiz derzeit durch absurde Entscheidungen in Misskredit bringt und
damit das Vertrauen der Öffentlichkeit riskiert", so Pilz.
Anwältin schweigt sich aus
Von der Anwältin des
Jugendlichen war trotz mehrfacher telefonischer Anfragen vorerst keine
Stellungnahme zur Haftfrage zu bekommen. Die Juristin hat grundsätzlich die
Möglichkeit, gegen den Beschluss des Landesgerichts Krems ein Rechtsmittel
zu ergreifen. Mit der Haftbeschwerde müsste sich das Oberlandesgericht (OLG)
Wien auseinandersetzen.
Gartenharke
Der 17-Jährige, der mit seinem jüngeren Freund in
der Nacht auf den 5. August von zwei Uniformierten bei einem nächtlichen
Einbruchsversuch betreten wurde, soll angeblich mit einer Gartenharke eine "Ausholbewegung"
in Richtung der Polizisten gemacht haben. Die Beamten machten darauf von
ihren Dienstwaffen Gebrauch. Während der 14-Jährige von einem Schuss in den
Rücken tödlich getroffen wurde, durchschlug ein Projektil beide Oberschenkel
des 17-Jährigen.
Auf Basis dieser Verletzung weiter von Tatbegehungsgefahr auszugehen, "ist im Rahmen des Absurden ganz besonders absurd", bemerkte Patzelt, zumal selbst im Fall einer möglichen Verurteilung des Burschen wegen versuchten Einbruchsdiebstahls die zu erwartende Strafe in keiner angemessenen Relation zu einer mehrwöchigen U-Haft stehe. "Freiheit ist das höchste Gut nach dem Leben. Ich kann nicht nachvollziehen, warum man den Jugendlichen ohne erkennbar zwingende Not in Haft verwahrt", gab der ai-Generalsekretär zu bedenken.