Polizistin „Danielle Durand“ sagt über ihren Spitzelauftrag aus.
„Wir hoffen, sie hat von ihren Vorgesetzten keinen Maulkorb verpasst bekommen und wird ehrlich schildern, wie sie die Zeit bei uns erlebt hat.“ Die nach dem „Mafia“-Paragrafen angeklagten Tierschützer und ihre Unterstützer haben dem heutigen Verhandlungstag lange entgegengefiebert. Denn er könnte die Wende in dem Monsterprozess bringen, der bisher viele Fragen, aber kaum Antworten gebracht hat.
Fleißig
Mehr als 15 Monate lebte die Undercover-Polizistin unter den Aktivisten, besuchte mit ihnen gezählte 208 Veranstaltungen – und führte fleißig Protokolle, die sie ihren Führungsoffizieren bei der SOKO zukommen ließ – und die ÖSTERREICH vorliegen. Bestätigt „Danielle Durand“ heute vor Gericht die Inhalte der Schriftstücke und zaubert sie nicht noch Belastungsmaterial aus dem Hut, entlastet sie die Angeklagten massiv. Denn in ihren Spitzelschreiben zeichnet die Polizeiagentin in ehemals geheimer Mission ein Bild von engagierten, aber keineswegs schwer kriminellen Tieraktivisten.
Jagd
Da ist von harmlosen Menschen die Rede, die sich für den Normalsterblichen zwar zu stark in ihre Mission verbissen haben, jedoch keine Spur von organisierter Gewalt oder Umtrieben von Verbrechern. Fast schon zum Schmunzeln, wenn in den Protokollen zu lesen ist, wie die Angeklagten mit aufgespannten Regenschirmen eine Treibjagd stören wollen – und ihnen die Jäger daraufhin die Schirme zerschießen.
Mafia
Martin Balluch, Chef des Vereins gegen Tierfabriken, soll laut Staatsanwalt der Kopf der „Mafia-Bande“ sein: „Ich bin tief erschüttert, dass die SOKO versucht hat, die Spitzeloperation der Agentin zu verheimlichen“, kritisiert Balluch: „Der SOKO war durch die Protokolle klar, dass bei uns keine kriminelle Organisation am Werk ist. Also hat sie die Beweise unter den Tisch gekehrt und einen Verdacht konstruiert, von dem sie wusste, dass er falsch ist – und zwar um U-Haft und Anklage zu erreichen.“
Protokoll
Tatsächlich hatten Mitglieder der SOKO vor Gericht mehrmals behauptet, es hätte niemals einen Undercovereinsatz gegeben – bis „Danielle Durands“ Protokolle auftauchten.
Heute muss sich auch ihr Führungsoffizier zum Einsatz der Blondine erklären. Dann hat die Spionin ihren großen Auftritt vor den Angeklagten und deren Vertrauensleuten, die ein Auge auf den korrekten Ablauf der Befragung haben sollen. Und vor Gericht wird die Agentin auch jenen Tierschützer wiedersehen, mit dem sie ein Verhältnis hatte – während sie ihn ausspionierte.
Die Spitzel-Protokolle
Zum Schmunzeln: In einem Protokoll beschreibt die Undercoveragentin, wie Tierschützer mit Regenschirmen eine Jagd stören wollen. Daraufhin zerschießen die Jäger die Schirme.
Insider: Die Polizistin hatte sogar Zugang zum gesperrten „Fadinger-Forum“ der Aktivisten im Internet – und fand nichts.
Alles anders: Trotz anderslautender Infos der Spionin hielt die SOKO an „Mafia“-Vorwürfen gegen Tierschützer fest.
Vorwurf: Polizei und Staatsanwalt sind weiter davon überzeugt, dass der Verein der Aktivisten nur eine Tarnung war.