FP-Landesrat angezeigt

Skandal-Heim: Jetzt packt ein Flüchtling aus

03.12.2018

NÖ-Landesrat Gottfried Waldhäusl wurde angezeigt und gerät auch politisch immer mehr unter Druck.

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Die Vorgänge rund um das Skandalheim Drasenhofen für jugendliche Asylwerber werden ein Fall für die Justiz. Anwalt Georg Zanger zeigte den zuständigen NÖ-Landesrat der FPÖ, Gottfried Waldhäusl, bei der Staatsanwaltschaft Korneuburg an. Der Vorwurf lautet Freiheitsentziehung und Amtsmissbrauch, bestätigt ein Sprecher der Staatsanwaltschaft gegenüber ÖSTERREICH.

Staatsanwalt prüft jetzt Anklage gegen Waldhäusl

Die Jugendlichen in Drasenhofen hatten das Quartier nur in Begleitung eines Securitys verlassen dürfen, wie auch ein Bericht der Kinder- und Jugendanwaltschaft zeigt. Ob gegen Waldhäusl Anklage erhoben wird, prüft derzeit ein Sachbearbeiter. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Waldhäusl reagiert im ÖSTERREICH-Interview indes mit einer scharfen Attacke gegen ÖVP-Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner: „Die Landeshauptfrau geht vor den Linken und der Caritas in die Knie“, sagt er. Sie stelle sich „hinter die 5 % Täter“.

Rücktrittsaufforderung an den FPÖ-Landesrat

Für Waldhäusl hagelt es Rücktrittsaufforderungen. Heute soll es ein klärendes Gespräch mit Mikl-Leitner geben, bei dem Waldhäusl zumindest die „Gelbe Karte“ gezeigt werden soll. Der FPÖler müsse jedenfalls, das wurde aus der Umgebung der Landeshauptfrau bekannt, die Verantwortung für die Jugendlichen weiter übernehmen und dürfe sie nicht an Mikl-Leitner abgeben (wie er im ÖSTERREICH-Interview ankündigt).

Indes geriet auch die NÖ-Jugendhilfe in die Kritik. Eine Mitarbeiterin soll Waldhäusl aktiv dabei geholfen haben, Jugendliche nach Drasenhofen zu bringen. Das belege ein E-Mail-Verkehr, so die Asylkoordination.Debora Knob

Mikl-Leitner stellt Waldhäusl die Rute ins Fenster

Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) hat FPÖ-Landesrat Gottfried Waldhäusl am Dienstag die Rute ins Fenster gestellt. Sie kündigte in der Früh auf Facebook an, dass sie sich in der Sitzung der niederösterreichischen Landesregierung am Vormittag eine "Klarstellung" des Freiheitlichen erwarte.
 
Es geht dabei laut Mikl-Leitner um eine Antwort darauf, ob Waldhäusl die Verantwortung für eine ordnungsgemäße Versorgung der am Freitagabend aus dem umstrittenen Asyl-Quartier in Drasenhofen verlegten unbegleiteten Minderjährigen wieder übernehme oder nicht. Sie habe Medien entnommen, dass sich der Landesrat für diese Jugendlichen nicht mehr verantwortlich fühle. "Dazu ist eines klar festzustellen: Wer seine Verantwortung abgibt, hat auch sein Ressort abzugeben", schrieb Mikl-Leitner.
 
Waldhäusl hatte am Freitag in der "ZiB2" u.a. festgehalten, dass er die zuvor aus Drasenhofen verlegten Personen von Gesetzes wegen aus der Grundversorgung entlassen müsse. Das heiße, dass die Jugendlichen in seinem Bereich keine Kosten mehr verursachen würden.
 

Schock-Bericht: "Grobe Hygiene­mängel" im Quartier Drasenhofen

In ihrem Bericht zählt die Jugendanwaltschaft Missstände im Quartier auf. Wörtlich heißt es: „Es lagen grobe Hygienemängel vor. Die Toiletten waren verschmutzt … Ein Zaun mit Stacheldraht war um die Einrichtung aufgestellt. Die Minderjährigen dürfen sich nur im Haus frei bewegen … Ein Befragter gab an, dass er außer Rauchen keine Beschäftigung habe.“

Flüchtling: "Das Quartier war wie ein Gefängnis"

ÖSTERREICH: Wie haben Sie das Asylquartier in Drasenhofen erlebt?

Mo: Das war sehr traurig, wie ein Gefängnis. Das war kein guter Ort für uns. So ein Heim habe ich noch nicht gesehen.

ÖSTERREICH: Was haben Sie dort den ganzen Tag gemacht?

Mo: Wir konnten gar nichts machen. Karten gespielt habe ich mit den anderen. Sonst konnte ich nichts machen.

ÖSTERREICH: Es hieß, die ­Jugendlichen durften das Haus nur in Begleitung verlassen. Wie war das wirklich? Konnten Sie hinaus?

Mo: Ich habe gehört, dass gesagt wurde, wir können jederzeit raus. Aber das war nicht so. Wir konnten einmal am Tag für zehn Minuten hinaus – mit einem Security und einem Hund. Zur Tankstelle konnten wir ­gehen und wieder zurück. Das war alles.

ÖSTERREICH: Sie waren ja bereits in Aspang-Markt untergebracht …

Mo: Ja, stimmt. Dort war ich sehr glücklich und dort mochte mich auch jeder. Ich hoffe, dass ich wieder dorthin zurückkomme.

ÖSTERREICH: Woher kommen Sie, und seit wann sind Sie hier?

Mo: Ich komme aus dem Irak und bin seit drei Jahren in Österreich. Ich habe meinen Deutschkurs schon ­gemacht und bestanden. Jetzt warte ich allerdings schon seit einem Jahr, dass ich Niveau A2 machen kann.P. Fischer


Waldhäusl: "Mikl-Leitner geht vor Linken in die Knie"

 

ÖSTERREICH: Wie geht es mit dem Quartier weiter? Werden Sie die Mängel, die in dem Bericht der Jugendanwaltschaft angeführt sind, beheben?

Gottfried Waldhäusl: Die wollen, dass wir Bilder aufhängen und den Boden reparieren. Ich habe aber aus jetziger Sicht nicht vor, Drasen­hofen in der Form weiter zu betreiben. Aber eines ist klar: Wenn die Landeshauptfrau ihre schützende Hand über auffällig gewordene Jugend­liche hält, weil das WC verschmutzt ist, dann hat sie auch die Verantwortung für sie. Ich übernehme sie ­jedenfalls nicht mehr.

ÖSTERREICH: Sie sind offenbar ziemlich unzufrieden mit der Entscheidung.

Waldhäusl: Wie kann ich zufrieden sein, wenn die Landeshauptfrau vor den Linken und der Caritas in die Knie geht? Wie kann ich zu­frieden sein, wenn es endlich einen Landesrat gibt, der für die 95 % Ehrlichen und Anständigen ist, sie sich aber ­hinter die 5 % Täter stellt?

ÖSTERREICH: Es gibt Rücktrittsaufforderungen. Werden Sie als Landesrat Asylagenden behalten?

Waldhäusl: Selbstverständlich werde ich die Agenden weiter behalten. Wir haben ein Arbeitsübereinkommen mit der ÖVP, und ich gehe nicht davon aus, dass die ÖVP dieses aufkündigt und vertragsbrüchig wird.

ÖSTERREICH: Wie geht es mit den Jugendlichen weiter?

Waldhäusl: Sie kommen erst wieder in meine Verantwortung, wenn sie volljährig sind. Und dann kommen sie ohnehin gleich in Schubhaft, wenn sie für die Abschiebung vorbereitet werden.(knd)

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