Am 1. Juli 2008 hat Josef Branis in Strasshof vier Familienmitglieder erschossen. In einem Brief bittet er seine Töchter um Verständnis für seine Tat.
Das Leben in Haft macht zynisch. Über U-Häftling Josef Branis sagen Mitgefangene im Zellentrakt des Landesgerichts Korneuburg, der 67-Jährige habe mit einer Pistole „seine Familienverhältnisse neu geordnet“.
Tatsächlich hat der Pensionist am 1. Juli 2008 aus Hass seine Schwester Anna Jedlicka (63) und deren Mann Hans (67), seinen Bruder Franz (65) und dessen Frau Viera (59) in Strasshof erschossen. Motiv der Wahnsinnstat: Branis wurde nach langem Streit aus einer Wiener Wohnung seiner Schwester Anna delogiert. Und im Zuge der finanziellen Auseinandersetzungen sollen ihn seine späteren Opfer als Kinderschänder verleumdet haben.
Rufmord
Den Rufmord konnte der gelernte Maurer nicht verzeihen –
und reagierte wie von Sinnen. Auf der Flucht hat er seinen drei Töchtern
einen Brief geschrieben, in dem er die Hintergründe seines Massakers
erklärt. Kernsatz auf sieben Seiten: „Ich bereue es nicht.“
Pikante Details
Staranwalt Werner Tomanek sagt über seinen
Mandanten: „Ich habe schon viele Mörder gesehen, aber noch nie einen wie
Branis. Wer seine Geschichte nicht kennt, könnte ihn leicht für einen netten
und sympathischen Kerl halten.“ Auch im Gefangenentrakt ist der stark
sehbehinderte Oldie, der sogar in der Zelle seine Perücke trägt, beliebt.
Und so finden sich bei jedem Hofgang wieder Zuhörer für Schnurren aus seinem
Akt.
Mitwisser
Am liebsten erzählt Branis die Geschichte von seinem
Verwandten Hannes K. (45), den er als Mitwisser (im Gesetz: „Beitragstäter“)
des Vierfachmordes hinter Gitter gebracht hat. Hannes K. – für ihn gilt die
Unschuldsvermutung – ist der Schwiegersohn der Opfer Anna und Hans Jedlicka
und soll Branis die Wohnung, aus der er delogiert wurde, versprochen haben:
„Die ist 180.000 Euro wert und gehört dir, wenn du mich von den
Schwiegereltern erlöst.“
Nach der Tat aber wollte der angebliche Komplize laut Branis nicht zahlen: „Dafür hat er plötzlich mit der Polizei kooperiert und mich – verkabelt – zu einem Treffen bestellt.“ Nächste Pointe des U-Häftlings: „Ich war dort, habe aber sofort die Kripo bemerkt. Denn da hat ein Radfahrer aus einer Glasflasche Wasser getrunken.“ Nachsatz: „Radler haben Plastikflaschen.“
Branis tauchte ab – und wurde nach sechs Wochen auf einem Campingplatz bei Ottenstein verhaftet: „Ich hatte nur noch eine Kugel, die war für mich. Aber die Polizei war schnell, ich konnte nicht mehr abdrücken.“
Der Branis-Brief im vollen Wortlaut |