Statt Straftaten zu entlarven protokollierte die Ermittlerin "belanglose Gespräche".
Nach der erst im November aufgetauchten verdeckten Ermittlerin (VE) "Danielle Durand" sorgt nun eine weitere Polizeispionin im Tierschützer-Prozess für Aufregung. Die bisher unbekannte Frau, in dem vergangene Woche an das Gericht übergebenen Polizeibericht als "VP 481" (Vertrauensperson) bezeichnet, war sechs Monate - von Mai bis November 2007 - als bezahlter Spitzel tätig.
Zweiter Spitzel sollte Sachbeschädigungen klären
Angefordert wurde sie auf Ansuchen des Soko-Leiters Erich Zwettler "zur Aufklärung von schweren Sachbeschädigungen", wie es in dem Protokoll heißt. Den Unterlagen zufolge fiel die Wahl auf genau diese VP, weil sie bereits einmal Kontakte mit der Tierschutzszene hatte.
Büroarbeiten
Mitte Mai 2007 suchte sie dann wieder die Nähe der Aktivisten des Vereins gegen Tierfabriken (VgT) und nahm an einer Demonstration vor der "Kleider Bauer"-Filiale auf der Mariahilfer Straße teil. Gleich zu Beginn wurde die Frau offenbar gefragt, ob sie auch bei Bürotätigkeiten mithelfen wolle - was sie bejahte. Aufgrund finanzieller Probleme dürfte sie auch gleich versucht haben, eine Anstellung zu erwirken - was ihr laut dem Bericht aber verwehrt wurde, weil "es innerhalb der Vereinsmitglieder dzt. genug freiwillige Mitglieder gäbe, die unentgeltlich div. Büroarbeiten verrichten".
Keine Straftaten aufgeklärt
Ihren Zweck - nämlich Straftaten aufzuklären - erfüllte die Spionin anscheinend nicht. In dem Bericht sind lediglich zahlreiche "belanglose Gespräche" bei Demonstrationen oder Aktivistentreffen angeführt und dass die VP "keine Informationen zu Sachbeschädigungen geben" konnte. Mitgeteilt wurde ihr aber, dass "gewaltsamere Demos", so der Bericht, nur "Spontanaktionen" sein könnten, weil man auch innerhalb des VgT nicht vor "Spitzeln" sicher sei. Aufgrund der großen Polizeipräsenz würden die Demonstrationen nun "eher zurückhaltend" durchgeführt.
Einschleusen in Basisgruppe gescheitert
Ein Einschleusen bei der Basisgruppe Tierrechte (BaT), der ebenfalls einige Angeklagte angehören, verlief wenig erfolgreich. Als sie ungebeten das Vereinslokal betrat, verstummten sämtliche Gespräche: "Die VP wurde von einer männlichen Person aufgefordert, das Lokal sofort zu verlassen, da es nur für Clubmitglieder zu betreten sei. (...) Aufgrund der Mimik (bösartige Blicke) und da keiner der Anwesenden weitersprechen wollte, musste die VP das Lokal verlassen."
Ihre Tätigkeit beendete die Spionin dann Anfang November 2007. Es sei ihr "infolge persönlicher Gründe" nicht mehr möglich, Informationen sammeln zu können, heißt es in dem Protokoll.
Protokoll weder be- noch entlastend
Die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt verwies darauf, dass die Existenz der VP schon immer bekanntgewesen sei. Lediglich der Bericht sei erst vergangene Woche angefordert worden. "Beigeschafft wird von uns nur das, was in unseren Augen be- oder entlastend ist", so Sprecher Erich Habitzl. Bei dem Protokoll sei beides nicht der Fall, meinte er.
"Durand" wird am Donnsterag weiter befragt
Das Verfahren gegen 13 Aktivisten wegen Beteiligung an einer kriminellen Organisation nach dem sogenannten "Mafia-Paragrafen" 278a StGB läuft seit 2. März 2010. 66 Verhandlungstage haben bereits stattgefunden. Am Donnerstag ist die weitere Befragung von "Danielle Durand" geplant, für Freitag wurde der Führer der "VP 481" als Zeuge geladen.