Strafantrag gestellt

Tierschützer kommen vor Gericht

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Der Gruppe um Martin Balluch wird die Bildung einer kriminellen Vereinigung vorgeworfen, schwere Nötigung und schwere Sachbeschädigung.

Die zehn Tierschützer, gegen die eine Sonderkommission der Polizei über Jahre hinweg intensiv ermittelt hatte, werden sich vor Gericht verantworten müssen. Die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt hat einen Strafantrag fertiggestellt, der den Betroffenen bzw. ihren Rechtsvertretern jetzt zugestellt wird. Der Strafantrag umfasst rund 200 Seiten und soll auch den zentralen Vorwurf der Bildung einer kriminellen Organisation nach dem Mafia-Paragrafen 278a Strafgesetzbuch enthalten.

104 Tage U-Haft
Die Aktivisten - darunter mit Martin Balluch der Obmann des Vereins gegen Tierfabriken - waren im Mai 2008 in U-Haft genommen und insgesamt 104 Tage angehalten worden. Sie sollen laut Sicherheitsbehörden eine Zelle der "Animal Liberation Front "(ALF) - einer militanten Tierrechtsbewegung - gebildet und versucht haben, auf Textil-Ketten, deren Sortiment Pelzbekleidung umfasste, mittels Brandstiftung, Sachbeschädigungen - etwa Buttersäure-Anschlägen - und gefährlicher Drohung bzw. schwerer Nötigung Druck auszuüben.

Bande gebildet
Die Unternehmen sollen dadurch in ihrer Existenz bedroht gewesen sein. Von einem gesamten Sachschaden von bis zu 600.000 Euro war die Rede. Die Verdächtigen wiesen die Vorwürfe von Anfang an entschieden zurück. Vor allem die Behauptung, eine kriminelle Organisation gebildet zu haben, ließen sie nicht gelten. Diesen Vorwurf hält die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt aufrecht, wohingegen sich einzelne Aspekte der ursprünglichen Anschuldigungen nicht mehr im Strafantrag finden sollen.

Während die Tierschützer und ihre Sympathisanten von einer "Teileinstellung" des Verfahrens sprechen und den Behörden in diesem Zusammenhang ein "Eingeständnis der vollkommen überzogenen Vorgehensweise und der Unhaltbarkeit der Vorwürfe" unterstellen, betont die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt, es liege eine "Teilerledigung" vor. Ein Teil der Vorwürfe sei aus dem laufenden Verfahren ausgeschieden worden, bleibe aber weiter Ermittlungsgegenstand.

Wieso keine Anklageschrift?
Der Umstand, dass in dieser Causa lediglich ein Strafantrag und keine begründete Anklageschrift eingebracht wurde, löst bei einigen Justizexperten Verwunderung aus. "Ein Strafantrag mit diesem Umfang ist absolut ungewöhnlich", verlautete aus dem Justizministerium. Ein ranghoher, an einer anderen Behörde tätiger Staatsanwalt bemerkte, die Kollegen in Wiener Neustadt müssten entweder "eine gigantische Faktenlage" zusammengetragen oder einen ausführlich begründeten Strafantrag erstellt haben, "was an sich unüblich ist".

Bis zu fünf Jahre Haft
Sollten die Aktivisten im Sinn des 278a StGB schuldig erkannt werden, drohen ihnen bis zu fünf Jahre Haft. Die Verhandlung, die im Herbst über die Bühne gehen dürfte, wird vor einem Einzelrichter am Landesgericht Wiener Neustadt verhandelt werden.

Schweine in Panik
DerStrafantrag enthält auch den Vorwurf der Tierquälerei. Indem die Aktivisten zwischen dem 30. und 31. März 2008 das eiserne Tor zu einem Schweinestall in Bad Fischau-Brunn (Bezirk Wiener Neustadt-Land) aufbrachen, sollen sie 400 Mastschweine in Panik versetzt haben. In weiterer Folge hätten sie die Tiere "unnötigen Qualen ausgesetzt", zumal diese "nicht in Freiheit zu leben imstande waren". Laut Strafantrag soll der Großteil der befreiten Schweine verendet sein. Inkriminierter Schaden in diesem Faktum: 5.120 Euro.

Die gravierenderen, ein mögliches Strafausmaß von bis zu fünf Jahre Haft begründenden Anklagepunkte lauten auf Bildung einer kriminellen Organisation im Sinne des "Mafia-Paragrafen" § 278a Strafgesetzbuch (StGB), teils versuchte und teils vollendete schwere Nötigung und schwere Sachbeschädigung.

Eingestellt wurde:
Zu einzelnen, ursprünglich den zehn betroffenen Aktivisten zugerechneten Sachbeschädigungen hat die Anklagebehörde Teileinstellungen vorgenommen. Diese beziehen sich auf die Beschädigung einer Filiale der Firma "Kleiderbauer" vom 1. Dezember 2006, eines weiteren Geschäfts sowie des Pkw einer Angestellten einer Textil-Kette. Auch eine "Befreiung" von Nerzen wurde eingestellt. Weiters sind Aktionen in Schweden und Amsterdam nicht Gegenstand der Anklage, da diesbezüglich "die Täterschaft nicht nachweislich" ist.

Da es sich um keine Anklageschrift handelt, ist gegen das Schriftstück keine Einspruchsmöglichkeit vorgesehen. Der Strafantrag erwächst ab Zustellung in Rechtskraft.

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