Monster-Prozess

Tierschützer wollten ihre Richterin absetzen

04.02.2011

Die Tierschützer legten einen 42-seitigen Befangenheitsantrag vor.

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© TZ ÖSTERREICH / PAUTY
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Anders als nach Plan ist am Freitag - wie so oft - der Prozess gegen 13 Tierschützer wegen Beteiligung an einer kriminellen Organisation am Landesgericht Wiener Neustadt verlaufen. Statt der angesetzten Befragung des Führers der kürzlich aufgetauchten Vertrauensperson "VP 481" wurde der gesamte Verhandlungstag vom Befangenheitsantrag des Fünftbeschuldigten gegen die Einzelrichterin Sonja Arleth in Anspruch genommen. Diese erklärte sich - erwartungsgemäß - für nicht befangen und wies den Antrag ab.

"Erhebliche Zweifel" an "Unvoreingenommenheit"
In einem rund vierstündigen Vortrag hatte der Angeklagte dargelegt, warum seiner Meinung nach "erhebliche Zweifel" an der "vollen Unvoreingenommenheit" und "Unparteilichkeit" der Richterin bestünden. Die 100 mit Beispielen ausführlich beschriebenen Punkte, die so ziemlich jeden Aspekt des Verfahrens betrafen, hatte er auf 42 Seiten zusammengefasst. Zustimmung erntete er mit seinem Vortrag beim Publikum - am Ende wurde geklatscht - und bei den anderen Beschuldigten, die sich dem Antrag anschlossen.

"Dutzende sinnlose Zeugen der Anklage" geladen
Ein Auszug aus seinen Vorwürfen: In dem Arleth "Dutzende sinnlose Zeugen der Anklage" lade, die über keine eigenen strafrechtlich relevanten Wahrnehmungen bezüglich der Beschuldigten berichten könnten, verschleppe sie selbst das Verfahren, werfe dies aber regelmäßig Beschuldigten und Verteidigern vor, so der Fünftangeklagte. Juristen, Strafrechtsprofessoren und Medien hätten bereits zahlreiche Zweifel an der Gesetzmäßigkeit des Verfahrens angemeldet, erklärte er weiter.

"Ausufernder Raum" für Belastendes
Entlastende Anträge der Verteidigung würden oft als "nicht verfahrensrelevant" abgetan oder die Entscheidung werde vorbehalten - während "Belastendem ausufernd Raum" gegeben werde. Selbiges gelte für Fragen an Zeugen: Diese würden oft durch eigene Fragen unterbrochen, von der Richterin in Suggestivfragen umformuliert oder nicht zugelassen, weil "irrelevant". Dadurch werde das Frage- und Verteidigungsrecht stark beschnitten, monierte er.

Arleth weist Vorwürfe zurück
"Es liegen keine Gründe vor, die die volle Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit der Einzelrichterin in Zweifel ziehen", betonte Arleth nach der Abweisung des Antrags. "Das Gericht ist zur Objektivität verpflichtet und kommt dieser Objektivität mit bestem Wissen und Gewissen nach". Dass sie eine Verurteilung anstrebe, sei "völlig unrichtig". Auch habe sie immer wieder betont, dass sie "keine Wahrsagerkugel" habe und nicht wisse, wie das Verfahren ausgehen werde.

Weiters verwies sie darauf, dass es sich um ein "sehr komplexes Verfahren" handle, dessen Leitung eben ihr obliege. Sie sei dazu verpflichtet, Erörterungen, die dem Fortgang der Verhandlung nicht dienen, zu unterbinden. Auch müsse sie auf Ruhe und Ordnung achten und dass die Würde des Gerichts gewahrt werde. Es sei aber außergewöhnlich, dass seitens der Angeklagten regelmäßig während der Verhandlung gegessen und Zeitung gelesen werde.

Die Verhandlung wurde auf den 14. Februar vertagt. Das Verfahren gegen die Aktivisten läuft bereits seit elf Monaten bzw. 68 Prozesstagen.

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