Weil es den Inzest-Opfern von Amstetten gesundheitlich besser geht, haben ihre gerichtlichen Einvernahmen an einem geheimen Ort begonnen.
Im Kriminalfall des Jahrhunderts schlägt jetzt die Stunde der Opfer. Weil sich die Familie des Inzest-Täters Josef Fritzl (74) in der Nervenklinik Mauer-Öhling von den Qualen im Verlies ein wenig erholt hat, konnte mit den Einvernahmen der Opfer begonnen werden. Als Erste an einem geheimen Ort vor Haftrichter Christian Bauer: Fritzl-Tochter E.
Belastung
Im Beisein einer Psychologin rechnet die 42-Jährige
jetzt in mehreren Treffen mit der Justiz mit ihrem Vater ab, der sie fast
ein Vierteljahrhundert in einen Keller gesperrt und missbraucht hat. Ihre
Aussagen bis Ende nächster Woche werden auf das Strafurteil des (in vielen
Punkten) geständigen Täters durchschlagen. Aber auch E. selbst wird die
Nacherzählung ihres Leids bis an die Grenze belasten.
Gefesselt
Denn wie soll eine Frau zu Protokoll bringen, dass sie
schon als elfjähriges Mädchen missbraucht worden ist? Dass sie mit 18 Jahren
im August 1984 von ihrem Papa in ein Kellerloch gesteckt wurde, weil er mit
ihrem Freiheitsdrang und ihrer Lebensfreude nicht zurechtkam. Dass sie
anfangs mit Handschellen an einen Pfosten gefesselt war, dann zehn Monate an
einer Leine gehalten wurde, damit sie wenigstens auf die Toilette gehen
konnte? Dass ihr Verlies bis 1993 aus einem einzigen Raum bestand – und sie
dort als Vergewaltigungsopfer sieben Kinder zur Welt brachte.
Ohrenzeugen
Bei den behutsamen Einvernahmen in einem Nebenraum
dabei: Kripo-Ermittler, die dem Haftrichter mit Detailkenntnissen des Falls
aushelfen können. Und Fritzls Anwalt Rudolf Mayer, der über den Haftrichter
Fragen stellen kann. Den Prozess im Herbst wird Richterin Andrea Humer
leiten, die auf Sexualdelikte spezialisiert ist.