Inzest-Ermittlungen
Verlies war durch zwei Stahltüren versperrt
01.05.2008
Die Polizei untersuchte am Freitag das Amstettener Verlies genauer. Und stellte dabei fest, dass es durch zwei Stahltüren versperrt war.
Am Freitag wurden die Untersuchungen am Tatort in Amstetten fortgesetzt. Elektrotechnik-Spezialisten versuchen dabei herauszufinden, ob die Angaben Josef F.s, wonach sich die Tür im Fall seiner Abwesenheit nach einer bestimmten Zeit selbsttätig geöffnet hätte, der Wahrheit entsprechen.
Dabei machten sie jedoch auch eine andere Entdeckung: Das Kellerverlies in Amstetten, in dem Elisabeth F. von ihrem Vater 24 Jahre lang gefangen gehalten wurde, war nicht nur durch eine, sondern durch zwei Stahltüren versperrt, die offenbar durch eine Funkfernsteuerung zu öffnen und zu schließen waren. Das sagte Ermittlungsleiter Franz Polzer am Freitag.
Extrem knappe Luft
Die Tatortarbeit gestaltet sich nach Angaben
Polzers insofern mühsam, als die Kriminaltechniker in den engen
Räumlichkeiten häufig Pausen einlegen müssen, da buchstäblich die Luft knapp
wird. "Wir versuchen, uns jetzt etwas mit der Entlüftung zu überlegen",
sagte der Leiter der niederösterreichischen Kriminalabteilung. Die Beamten
arbeiten in dem Verlies mit Mundschutz, um zu verhindern, dass fremde DNA an
den Tatort gelangt.
"Art Mikrokosmos"
"Der Tatort ist als eine Art
Mikrokosmos zu sehen, schließlich haben dort im Laufe eines
Vierteljahrhunderts mehrere Menschen gelebt", sagte Franz Polzer. Es
werde fotografiert, gefilmt und gezeichnet. Bei der Arbeit im Kellerverlies
gilt es einerseits, abgesehen von den hintereinander liegenden elektronisch
gesicherten Stahltüren die weiteren baulichen Gegebenheiten zu untersuchen.
Andererseits müssen die Einrichtungsgegenstände und die Besitztümer von
Elisabeth F. und ihren Kindern, die mit ihr gefangen waren, dokumentiert
werden. "Darüber werden wir keine Auskunft geben, da es den
höchstpersönlichen Lebensbereich der Frau und ihrer Kinder betrifft",
betonte Polzer.
Sehr gut schallgedämmt
In dem Verlies gibt es unglaublich
viele Rohre, die plötzlich in Wände münden. Vieles ist mit Bauschaum
ausgeschäumt und dadurch sehr gut abgedichtet und schallgedämmt",
erläuterte Polzer. "Das muss alles untersucht werden. Außerdem
müssen die elektrischen Zu- und Ableitungen rekonstruiert werden, das ist
für die Techniker eine wahre Sisyphusarbeit. Es gab ja Licht und Geräte wie
Kühlschrank und eine kleine Waschmaschine."
Bei der Waschmaschine dürfte es sich zumindest um das zweiten Exemplar handeln, das in dem Verlies verwendet wurde, sagte Polzer. Von der Größe und dem Gewicht her sei es durchaus möglich gewesen, dass eine solche Waschmaschine von einer Person allein in den Keller transportiert wurde, sagte der Leiter der Landeskriminalabteilung.
Frage nach Zeitpunkt der Planung
"Eine große
Herausforderung wird sein, zu ermitteln, welche Absicht und welche Planung
hinter dem Verlies stehen", erläuterte Polzer. Eine der Fragen dabei:
Von welchem Zeitpunkt an hat Josef F. die Errichtung dieses abgeschotteten
Zubaus geplant, der nur zu erreichen ist, nachdem man fünf andere
Kellerräume durchquert hatte, von denen der letzte der persönliche Bereich
des Verdächtigen war.
Wochenlange Untersuchungen
Polzer geht davon aus, dass die
Tatortarbeit unter diesen Umständen noch einige Wochen in Anspruch nehmen
wird. "Die Kriminaltechniker müssen minuziös jedes Detail dokumentieren."
Bezüglich der Türen werde voraussichtlich kommende Woche ein
Sachverständiger bestellt werden.
Wäre wirklich Gas eingeströmt?
Darüber hinaus sollen
Techniker noch eine weitere Aussage des 73-Jährigen prüfen. Der mutmaßliche
Täter hatte seiner Tochter gegenüber offenbar behauptet, dass für den Fall,
dass ihm etwas zustoße, Gas in das Verlies strömen würde. Diese Drohung wäre
möglicherweise eine Erklärung dafür, warum die Gefangenen nie wagten, den
Mann zu überwältigen. Sie hatten Angst um ihr Leben.
Bei der Tatortarbeit wurden sechs Kriminaltechniker des Bundeskriminalamts eingesetzt, dazu kamen Spezialisten des niederösterreichischen Landeskriminalamts. Zusammen mit den Ermittlern waren 35 Beamte tätig.