Lebensgefährtin
Arigonas Pfarrer kämpft gegen Zölibat
07.03.2009
Zogaj-Pfarrer Friedl lässt aufhorchen: Er bekennt sich zu seiner Lebensgefährtin.
Die Kirche kommt nicht zur Ruhe. Das aktuelle Streitthema geht zurück auf das Mittelalter: Der Zölibat, also die Frage, ob Priester heiraten dürfen oder nicht.
Friedl: „Soll ich lügen?“ Arigona-Pfarrer Josef Friedl ließ rund um dieses Thema jetzt eine kirchenpolitische Bombe platzen: Was in seiner Heimatgemeinde Ungenach schon lange jeder weiß und niemanden stört, machte der Priester diese Woche auf einer Podiumsdiskussion öffentlich: Er bekannte sich zu seiner Lebensgefährtin: „Ich bin jetzt 65 Jahre alt. Soll ich lügen?“
Leben zusammen. Der Pfarrer wohnt mit seiner Lebensgefährtin zusammen. Die Frau kümmerte sich auch um Arigona, nachdem sie ihre Flucht vor der Abschiebung beendete. „Sie hat Arigona anfangs im Pfarrhof versorgt, weil ich es auch problematisch fand, wenn ich mich als Mann um das Mädchen gekümmert hätte.“ Arigona wurde gerüchteweise kurzzeitig auch vor dem Medienrummel in der gemeinsamen Wohnung versteckt.
Geheim. Fakt ist: Pfarrer Friedl ist kein Einzelfall. „Die Abschaffung des Zölibats wird von vielen Dekanen des Bistums Linz de facto schon umgesetzt“, schreibt etwa die deutsche Tageszeitung Die Welt. Dennoch: Kaum ein Geistlicher bekennt sich zu seiner Liebe. Dass es Pfarrer Friedl trotzdem tut, kommt einer Sensation gleich. Und Friedl stellt in dem Zusammenhang eine Forderung: Er will die Einführung eines Probezölibats. Friedl: „Wer Priester werden möchte, soll sich nicht mit 25 Jahren zur Enthaltsamkeit entscheiden müssen.“ Stattdessen fordert Friedl: „Zuerst soll es ein Probegelübde geben und erst nach ein paar Jahren soll dann ein endgültiges Gelübde gegeben werden.“ Weitere Vorgangsweise: Wenn sich ein Priester nicht vorstellen kann, ohne Ehe zu leben, sollte er sein Priesteramt zurücklegen, oder man müsse ihm die Möglichkeit geben, zu heiraten und weiter als Pfarrer tätig zu sein. Mit seinen Forderungen ist Friedl nicht allein: Erst im Jänner verlangten die ÖVP-Politiker Erhard Busek, Andreas Khol und Herbert Kohlmaier mit ihrer Laieninitiative die Abschaffung des Zölibats. Ziel: Die Zahl der Priester solle wieder ansteigen.
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Pfarrer Josef Friedl spricht im Interview mit ÖSTERREICH offen über seine Beziehung und fordert den Probezölibat.
ÖSTERREICH: Sie bekennen sich zu Ihrer Lebensgefährtin ...
Josef Friedl: Das ist doch schon so ein alter Hut. Gibt es jemanden, der es noch nicht weiß, dass ich eine Freundin habe. Also in meiner Pfarre weiß das jeder.
ÖSTERREICH: Haben Sie deswegen schon einmal Probleme gehabt?
Friedl: Nein.
ÖSTERREICH: Könnten Sie sich vorstellen, dass man den Zölibat ganz abschafft?
Friedl: Jeder soll selbst entscheiden können. Deswegen bin ich für die Einführung eines Probezölibats.
ÖSTERREICH: Was verstehen Sie genau unter einem solchen?
Friedl: Ich empfinde es als zu früh, dass man im Alter von 25 Jahren für immer ein zölibatäres Leben versprechen soll. Daran zerbrechen sehr viele Priester. Es ist schade, weil die, die zölibatär leben, verlieren auch, weil sie ihre Glaubwürdigkeit einbüßen.
ÖSTERREICH: Das heißt: zehn bis fünfzehn Jahre im Zölibat, und dann kann sich der Priester neu entscheiden?
Friedl: Ganz genau. Das ist wie beim Ordensleben. Da gibt es zuerst das Gelübde auf Zeit, und dann später für immer. Dadurch würden alle gewinnen: Wer im Zölibat leben will, wäre wieder glaubwürdig. Aber Priester, die das nicht tun würden, wären glaubwürdiger.
ÖSTERREICH: Ist die Kirche glücklich mit Ihren Ansichten?
Friedl: Wer ist die Kirche? Die Kirche hat eine große Vielfalt. Man soll eine kleine Gruppierung nicht zum Maßstab für die Kirche machen.
Autor: Andreas Lexer