Untersuchung
Krebshilfe rät momentan von Impfung ab
15.01.2008
Nach dem Tod und der schweren Erkrankung zweier Mädchen rät die Krebshilfe momentan von der Impfung ab. Und gibt gleichzeitig Entwarnung.
Der Todesfall der 19-jährigen Jasmin Soriat aus Unterach am Attersee drei Wochen nach der Impfung gegen Gebärmutterhalskrebs löst eine hitzige Debatte aus. Jetzt wurde bekannt, dass insgesamt schon acht Frauen akute Nebenwirkungen nach der Impfung hatten, die Krankheitsfälle wurden von der Herstellerfirma Sanofi Pasteur MSD selbst gemeldet.
Krebshilfe
Zwar rät der Präsident der Krebshilfe, der Wiener
Gynäkologe Paul Sevelda, vorerst zum Abwarten mit der Impfung, erwartet aber
keinen kausalen Zusammenhang zwischen Erkrankungen und Impfungen. Und der
Chef des Impfausschusses des Obersten Sanitätsrates, Ingomar Mutz, plädiert
sogar weiterhin für die Impfung.
Wo bleibt Untersuchungsbericht?
Sevelda versteht allerdings
nicht, warum drei Monate vergehen können, ohne, dass ein konkretes
Untersuchungsergebnis vorliegt. Sevelda fordert eine rasche Aufklärung. Auch
Mutz beschwert sich über das Ausbleiben des Berichts: "Das Problem
ist eher, dass die Wiener Gerichtsmedizin bisher keinen Obduktionsbericht
zustande gebracht hat."
Kopfweh
Eines der Opfer ist die 16-jährige Marion N. aus
Ennsdorf (OÖ). Sie kam nur knapp mit dem Leben davon. Drei Wochen nach der
zweiten HPV-Impfung im Mai 2007 wurde der damals 15-Jährigen extrem übel und
sie bekam entsetzliches Kopfweh. "Ich musste mich dauernd übergeben",
erinnert sie sich im Gespräch mit ÖSTERREICH. Als sie doppelt sah und nicht
mehr gehen konnte, brachten sie die Eltern zur Hausärztin.
Lebensgefahr
Kurz darauf wurde das Mädchen mit akuter
Lebensgefahr ins Krankenhaus eingeliefert. "Dort haben die Ärzte eine
Entzündung im Stammhirn und im Rückenmark festgestellt", sagt
die Mutter. "Wir hatten höllische Angst, denn es war nicht klar, ob sie
überlebt." Es habe die Gefahr bestanden, dass die Atmung aussetzt.
Der Verdacht fiel auf die HPV-Impfung, bewiesen wurde der Zusammenhang aber
nicht.
"Ich wurde mit Cortison und Penicillin abgefüllt, dann habe ich nichts mehr mitbekommen", sagt Marion. Der Schock saß bei den Eltern tief, weil die Schülerin regelmäßig im Fußballverein trainiert und rundum gesund war.
Therapie
Fünf Tage lang lag sie auf der Intensivstation, danach
musste sie das Gehen erst wieder lernen. "Zuerst bin ich 200 Meter mit
dem Rollstuhl gefahren und war erschöpft", sagt Marion. Nach und
nach kam sie durch die Therapie wieder auf die Beine. Mittlerweile ist sie
gesund und trainiert wieder in der U15. "Weil ich zwei Monate lang
Cortison nehmen musste, sind meine Sehnen stark angegriffen. Trotzdem
genieße ich es, dass ich wieder im Verein spielen kann." Am 24.
Juni wird die Familie Marions zweiten Geburtstag feiern. "Wir sind
keine Impfgegner, aber wir können nur raten, sich damit vorher besser
auseinanderzusetzen", sagt der Vater.
Mit der Impfung gegen HPV könnten rund 70 Prozent der jährlich etwa 550 Fälle von Gebärmutterhalskrebs (Zervix-Karzinom) und auch 70 Prozent der in Österreich pro Jahr rund 5.000 gynäkologischen Eingriffe wegen Karzinomvorstufen verhindert werden. Pro Jahr gibt es derzeit rund 180 Todesfälle. Diskussionen gab es bisher vor allem wegen der Kosten der Immunisierung bzw. der Aufnahme der Impfung in die Reihe der kostenlosen Kinder-Immunisierungen. Das Zervix-Karzinom tötet weltweit pro Jahr 250.000 Frauen pro Jahr, 80 Prozent davon in den Entwicklungsländern. In den Staaten mit einem hohen Niveau im Gesundheitssystem wurde die Erkrankung durch die Propagierung regelmäßiger Vorsorge bzw. Früherkennungsuntersuchungen (Krebsabstrich) beim Gynäkologen zwar zurückgedrängt, weil sie bei rechtzeitiger Diagnose (auch von Vorstufen) sehr gut heilbar ist. Trotzdem ist dieses System nicht vollständig sicher, weil speziell sozial benachteiligte Frauen zu selten zum Gynäkologen gehen. Impfung wäre eine Prävention von Anfang an. |