Skandalurteil: Familie klagt an. Urteil wegen Ermittlungspannen.
„Es ist skandalös“, sagt Klaus Fuchs. „Statt Gerechtigkeit erfährt die Familie neuen Schmerz.“ Der Anwalt hält empört das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz in der Hand. Der Inhalt der fünf Seiten ist brisant: Hierin wird nicht nur Sebastian F. (20) freigesprochen, obwohl der Alkolenker einen Menschen tötete. Kritisiert wird zudem die schlampige Ermittlungsarbeit (Faksimile). Diese „Unklarheit“ habe das Skandalurteil erst möglich gemacht.
Sebastian F. (29) hatte mit 1,88 Promille im Sommer 2010 zwei Leben zerstört: Mit dem Auto überfuhr er Freund Julian Augendopler (19). Der Maturant starb in den Armen von Freundin Verena (17), sie verlor ihre große Liebe. „Noch heute, egal ob beim Fernsehen, in der Schule, mitten im Gespräch, wird sie plötzlich still“, so ihr Vater. Dann weilen ihre Gedanken wieder bei Julian. Und im Traum hockt sie immer wieder in dieser Wiese, mit blutigen Händen. „Als Sebastian verurteilt wurde, haben wir alle auf einen Schlussstrich gehofft“, sagt Franz Augendopler.
Vorläufiges Urteil
Vier Monate Haft, acht bedingt – für die Staatsanwältin zu wenig, für den Angeklagten zu viel: Berufung folgte. Am 31. März sprach das Oberlandesgericht jetzt den Alkolenker frei. Nicht aus Zweifel an dessen Vollrausch und Fahrunfähigkeit. Doch es fehlt der Beweis, welche von zwei Unfallversionen stimmt. Laut dem Alkolenker habe sich Julian zur Seite gedreht und sei vors Auto gelaufen. Verena beteuert, sie seien nah beieinander gegangen, an den Händen haltend – und Julian von hinten niedergemäht worden.
Julians Verletzungen würden belegen, wie es zum Aufprall kam. Doch: Weder Fotos von der Lage des Opfers nach dem Unfall, noch Aussagen des Notarztes sind vorhanden. Und eine Obduktion gab es auch nicht. „Das sind massive Ermittlungspannen“, so Fuchs. Er hat nun zu recherchieren begonnen, sammelt neue Beweise – für einen erneuten, diesmal endgültigen Strafprozess.