Der Plan, unbeschäftigte Post- und Telekom-Beamte woanders einzusetzen, gefällt auch den chronisch unterbesetzten Rechtshütern.
Nach der Idee von SPÖ-Beamtenministerin Gabriele Heinisch-Hosek, nicht benötigte Post- und Telekom-Beamte in die Polizei umzuschichten, will auch die Justizgewerkschaft den Bedarf an nicht-richterlichem Personal auf diese Weise decken. "Grundsätzlich hilft uns alles", so Gerhard Scheucher, Vorsitzender der Justizgewerkschaft.
Brauchen locker 500 Leute
ÖVP-Justizministerin Claudia
Bandion-Ortner hatte am Donnerstag angesichts der Pläne der
Beamtenministerin selbst nach mehr Personal verlangt. Laut Scheucher gibt es
allein beim nicht-richterlichen Personal einen Bedarf von über 500 Posten. "Allein
über 130 zusätzliche Rechtspfleger bräuchten wir", so
Scheucher. In den vergangenen sechs Jahren seien über 600 Stellen eingespart
worden, bis 2013 soll es einen weiteren Abbau von 169 Posten geben.
Eisenbahner-Transfer floppte
Der Idee, nicht benötigte Beamte
der Post und Telekom einzusetzen, steht der Gewerkschafter "positiv
gegenüber". Natürlich müsste das neue Personal entsprechend
eingeschult werden, doch "engagierte Postler bringen wir bei uns unter".
Ein ähnliches Projekt vor einigen Jahren habe sich allerdings als "Flop"
erwiesen, erzählt Scheucher. Damals seien dem Ressort 200 nicht benötigte
Eisenbahner versprochen worden, 13 seien eingeschult worden und lediglich
zwei bis drei geblieben.
Krise verursacht mehr Verfahren
Trotzdem, meint Scheucher
optimistisch, könnte man versuchen, mit den Post- und Telekom-Beamten "zumindest"
das kommende Minus von 169 Stellen ausgleichen. Denn die Wirtschaftskrise
verschärfe die Situation zusätzlich, beispielsweise durch mehr
Exekutionsverfahren oder Unterhaltsverfahren.
Richter und Ankläger wollen mehr Kollegen
Auch die
Bundesvertretung Richter und Staatsanwälte erneuert ihre Forderung nach mehr
Personal. "Effiziente Kriminalitätsbekämpfung und wirksamer Schutz der
Bevölkerung setzen zwingend voraus, dass die Gerichte und
Staatsanwaltschaften rasch und wirkungsvoll reagieren können", so
die Juristen.
Aufgrund des "eklatanten Personalmangels" stehe die Justiz "vor dem Kollaps". Durch die Gebührenerhöhung bei den Gerichten würden Mehreinnahmen von geschätzten zehn Mio. Euro ins Haus stehen, die man für zusätzliche Planstellen für Richter und Staatsanwälte verwenden könnte, schlägt die Gewerkschaft vor.
Justizwache auf Notbetrieb
Die Justizwachegewerkschaft fordert
auch mehr Personal, nämlich 300 neue Kollegen. Derzeit würde man bereits
Notdienste fahren, die an die zwölf Stunden lang dauern. Man gehe bereits an
die "Grenzen der vertretbaren Sicherheitskriterien".
Strache reichen Postler nicht
Obwohl die FPÖ die Idee des
Beamtentransfers - vornehmlich zur Polizei - begrüßt, pocht die Partei auf
den Einsatz zusätzlicher Exekutivbeamten. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache
wünscht sich konkret 3.000 bis 4.500 zusätzliche Planstellen, davon
mindestens 1.500 in Wien. Die SOKO Ost lehnt Strache ab, sie sei eine "Einladung
an die organisierte Kriminalität", weil dazu die Exekutive aus
stark von der Kriminalität betroffenen Regionen abgezogen und nach Wien
verfrachtet würden.
Pilz für Fekters Rücktritt
Grünen-Sicherheitssprecher
Peter Pilz empfindet den Vorschlag an sich als "absurd" und eine "sicherheitspolitische
Konkurserklärung". Er fordert deshalb den "sofortigen"
Rücktritt von ÖVP-Innenministerin Maria Fekter, sie agiere "realitätsfern",
genauso wie Heinisch-Hosek. Pilz will jetzt gemeinsam mit Kriminalbeamten
ein Konzept zur "Rettung der Wiener Kriminalpolizei" entwickeln.