Der kaltblütig ermordeten Paulina (14) wird heute die letzte Ehre erwiesen.
Selten hat ein Kriminalfall in den letzten Jahren Österreich so bewegt wie der Mord an Pauline (14). Vor fünf Tagen war das fröhliche Schul-Mädchen von Stiefvater und Bruder erdrosselt worden. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Familie, Freunde und Bekannte traf die Todesnachricht wie ein Blitz. Paulina kommt nie wieder zurück. Sie wird nie wieder ihre Lieblingsplätze an Ischl und Traun aufsuchen. Ihr ansteckendes Lachen hallt nicht mehr durch die Zimmer der kleinen Wohnung, in der sie mit Mutter und ihren drei Geschwistern lebte.
Seit gestern liegt ihr junger Körper aufgebahrt in der Pfarrkirche Pfandl in Bad Ischl (Oberösterreich). Auf der Parte steht der Name, mit dem sie so gerne gerufen wurde: Alina. Und ein letzter Gruß ihrer Familie: „Unendlich traurig sind wir über den unfassbar plötzlichen Tod.“
Drei Kränze stehen um den Sarg, je einer von Mama, den Großeltern, ihren Schulfreunden. „Wir lieben Dich“ hat ihr Papa auf die Schleife schreiben lassen. Sein Bouquet steht obenauf auf dem Sarg. Paulinas Vater ist Grieche, reiste gestern nach Oberösterreich an, auch ihr Großvater kam gestern aus Köln. Im Moment hat die Familie leider vor allem eines gemeinsam: den Schmerz und die Trauer um ihr Mädchen.
Trotz Ferien: Hunderte Schüler heute bei Beerdigung
Doch der Schmerz trifft nicht nur die Familie, denn Paulina war ein überaus beliebtes und erfrischendes Mädchen. Ihre Schule, das Gymnasium in Bad Ischl, ist nicht zuletzt deshalb seit der Todesnachricht, die während der Schulschluss-Party die Schüler erreichte, wie in Schockstarre. Viele ihrer Freundinnen und Mitschüler müssen vom Kriseninterventions-Team betreut werden. Trotz Ferien werden sich heute Hunderte Jugendliche der Trauerfeier anschließen. So recht begreifen kann niemand, was sich in der letzten Woche in dem Ort für ein Drama ereignete.
Viele Freundinnen von Paulina, aber auch einige Burschen, wollten nicht erst auf das Begräbnis heute warten, sondern gingen schon gestern in die kleine Pfarrkirche, um an ihrem Sarg ein paar Blumen niederzulegen, Erinnerungsstücke abzulegen und ganz im Stillen von ihr Abschied zu nehmen. Es waren berührende Szenen.
Heute um 14.30 Uhr wird sich der 14.000-Einwohner-Ort bei der Trauerfeier und dem Begräbnis auf dem Waldfriedhof noch einmal von Paulina verabschieden. Von einem Mädchen, das so neugierig durch die Welt ging, so liebevoll mit Freunden und Familie war – und so grausam sterben musste.
Ermittler arbeiten weiter auf Hochtouren
Während heute die Familie beim Begräbnis trauert, geht für die Ermittler die Puzzlearbeit im Mordfall weiter. Und die große Frage nach dem Warum?
Mehr eine Grube als ein Grab, einen Tag vor dem Verbrechen ausgebuddelt, gerade groß genug für einen jungen Menschen. Hier, in dem kleinen Wald am Schwarzensee bei St. Wolfgang wurde Paulina nach dem kaltblütigen Mord verscharrt und erst durch das Geständnis von Stiefvater Klaus K. (48) und dessen Sohn Konstantin K. (19) – „Ja, wir haben sie dort vergraben.“ – am Mittwoch von der Polizei entdeckt. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Heute kann die trauernde Familie dadurch zumindest in Würde von ihrer Paulina Abschied nehmen, sonst hätte man sie vermutlich nie gefunden.
Doch noch immer sind für die Ermittler in dem grausamen Verbrechen viele Fragen offen. Allen voran jene nach dem Motiv. Klaus K., Ex-Lebensgefährte von Paulinas Mutter Claudia, will nach dem Geständnis nichts mehr sagen. Deshalb müssen sich die Ermittler mühsam vorwärts tasten.
Es war wohl eine Mischung mehrerer Gründe, die zum Mord führte. Rache – weil Paulinas Mama ihren Mann verlassen hatte. „Ich nehme dir dein Liebstes“, soll Klaus K. gedroht haben.
Aber da ist auch noch das dunkle Geheimnis von Paulina. Wollte sie tatsächlich ihren Stiefvater anzeigen und wurde das ihr endgültiges Todesurteil? Die Polizei schließt jedenfalls ein sexuelles Motiv nicht aus. Paulinas Stiefvater Klaus K. soll das Mädchen sexuell belästigt haben. Wollte sie ihn jetzt, nach der Trennung von ihrer Mutter, bei der Polizei „verpfeifen“.
Die Rolle von K.s Sohn Konstantin ist unbeleuchtet. Er soll seinem Vater hörig sein. Verstärkt noch, weil seine leibliche Mutter nach der Trennung von Klaus auch den Kontakt zu Konstantin abgebrochen hatte.
10.000 Euro im Auto
In den Polizei-Vernehmungen schweigt das Vater-Sohn-Duo beharrlich. „Sie spielen sogar irgendwie die Macht ihres Schweigens aus“, so ein Ermittler.
Inzwischen wurden aber auch ohne weitere Aussagen der beiden neue Fakten ermittelt. So hatte Konstantin in dem VW Sharan, mit dem er nach der Tat unterwegs war, um Spuren zu beseitigen, 10.000 Euro versteckt.
Geld für eine geplante Flucht? Oder: Der Preis dafür, dass er seinem Vater bei dem kranken Mord-Plan zur Seite stand? Dass er mit ihm das Mädchen abgepasst, es gewürgt, geschlagen, mit einem Strick stranguliert und sie danach in einem Waldloch verbuddelt hatte.
M. Born / Barbara Haas