Ex-Burgtheater-Direktor Claus Peymann (69) sprach beim Linzer Marketingforum und mit ÖSTERREICH.
ÖSTERREICH: Wen würden Sie sich als Kulturminister wünschen?
PEYMANN: Heller macht es nicht, vielleicht wäre das auch nicht ganz richtig. Erika Pluhar, da müsste ich sagen, das würde ich Österreich gönnen (lacht). Aber sie ist eine schöne Frau und ich war damals dafür, dass sie Bundespräsidentin wird. Ich nehme an, wenn man ihr gut zuredet, wird sie das machen. Zeit dafür hat sie ja genug. Scholten kann man vermutlich nicht reaktivieren. Das wäre ein sehr guter Kunstminister. Ich halte ihn für einen tollen Kunst-Groupie. Damit meine ich, dass Minister auch das lieben sollen, was sie vertreten. Mehr als ein Liebhaber kann ein Politiker gar nicht sein, sonst wäre er selbst ein Künstler.
ÖSTERREICH: Finden Sie, dass Peymann Österreich fehlt?
Peymann: Peymann fehlt überall, wo es langweilig ist! (lacht). Es zeigt sich ja, dass die 13-jährige Arbeit am Burgtheater einem angepassten, gefälligem Staatstheater gewichen ist. Ich bin ja überzeugt nach Berlin gegangen, wohlwissend, dass das Klima dort sehr rau ist, fast kulturfeindlich.
ÖSTERREICH: Das klingt fast so, als hätten Sie in Österreich nie Probleme gehabt. Peymann: Ganz Österreich ist sehr kulturinteressiert. Wien ist auch mit großer Leidenschaft der Kultur zugewendet. Die Wiener sind aber böser und gehässiger, als man es je für möglich hält. Aber: Sie haben einen hohen Kunstverstand.
ÖSTERREICH: Linz wird 2009 Kulturhauptstadt. Kennen Sie die Stadt?
Peymann: Ich bin – im Gegensatz zu den sonstigen Wiener Theaterdirektoren – immer auch sehr viel in der sogenannten Provinz unterwegs gewesen. Und das ist ja Linz wohl. Trotz Hitler.
ÖSTERREICH: Soll eine Stadt wie Linz das Provinzielle hinter sich lassen?
Peymann: Sie müssen vorsichtig sein mit dem Begriff Provinz. So war für einen Thomas Bernhard eben dieses Oberösterreich seine Provinz. Da irgendwo zwischen Wels und Gmunden. Das ist für mich das Thomas Bernhard-Land. Die große Kunst kann immer nur aus der Provinz kommen.
ÖSTERREICH: Wie würde für Sie eine Kulturhauptstadt aussehen?
Peymann: Kultur entsteht nicht, weil eine Stadt Kulturhauptstadt wird. Diese gibt es eigentlich gar nicht. Ist Paris eine? London? Ist Berlin eine, weil Peymann dort ist? Also ich stehe solchen Sachen immer skeptisch gegenüber. Vielleicht wäre es wichtiger, dass man das ganze Geld in drei zusätzliche musische Unterrichtsstunden in den Schulen steckt. Zehn Jahre lang wird finanziert, dass die Linzer Schülerinnen und Schüler alle ein Musikinstrument lernen müssen. Wenn man eine solche musische Initiative in die Menschen hineinbefehlen würde, wäre das viele Geld sinnvoller investiert.
ÖSTERREICH: Das klingt aber ein wenig faschistisch.
Peymann: Also ein Faschismus mit solchen Zielen, da könnte ich leben damit. Ohne Zwang ist das ja den jungen Menschen gar nicht zu verpflanzen. Aber Spaß beiseite: Linz bedeutet viel für den wirtschaftlichen Aufschwung Österreichs. Das ganze Geld, das in Linz erwirtschaftet wird, wird ja in Wien verschwendet.
ÖSTERREICH: Frei nach Helmut Qualtinger bekommen viele Künstler erst nach dem Tod das Lob der Menschen. Wann wird man Ihre Arbeit zu schätzen wissen?Peymann: Deswegen bin ich ja weggegangen, damit ich schon vorher berühmt werde (lacht). Ich hatte schon zu Burgtheater-Zeiten eine enorme Basis im Land. Vielleicht nicht nur durch künstlerische Arbeit, sondern weil ich wahrscheinlich als erster Österreicher die schrecklichen Morde in Oberwart gebrandmarkt habe. Wenn ich in Wien in ein Taxi steige, dann höre ich „Bist du, bist du Peymann Burgtheaterdirektor?“ Sag ich „Ja“ – „Gut, fahren umsonst. Ist einziger Mann mit Courage in Österreich.“
ÖSTERREICH: Könnten Sie sich vorstellen, in Österreich noch mal tätig zu werden?
Peymann: Um keinen Preis. Wenn ich dann mal nicht mehr Theaterdirektor bin, kann ich mir vorstellen, mich im Voralpengebiet niederzulassen, so in der Stiftergegend.
von Gregor Matheis/Österreich