Seit 25 Jahren
Pfarrer Friedl: Die Love-Story
10.03.2009
Untertags ist er der „Herr Pfarrer“, am Abend der Ehemann – und niemand stößt sich daran. Das „Liebes-Outing“ von Arigona-Pfarrer Josef Friedl.
Er ist ein Mann der offenen Worte – Ungenachs Pfarrers Josef Friedl: Seit Montag diskutiert das Land über sein Liebes-Geständnis und die Sinnhaftigkeit des Zölibats. Jetzt beschreibt Arigona-Helfer Friedl in ÖSTERREICH erstmals seine Beziehung:
Die Silberhochzeit hätten sie schon hinter sich – wenn eine kirchliche Trauung von katholischen Priestern erlaubt wäre. Josef Friedl lebt trotz Zölibatsgebot seit mehr als 25 Jahren mit seiner Rosi zusammen. Der Pfarrer sieht keinen Grund, die Beziehung zu verleugnen. „Warum soll ich lügen? Dann würden mir ja meine Leute in der Pfarre gar nichts mehr glauben“, so der Priester.
Liebe nach Unfall
Das Liebespaar kam durch einen Schicksalsschlag
zusammen: Als der Ehemann von Rosi K. bei einem Unfall tödlich verunglückte,
suchte die Witwe Trost beim Seelsorger der Gemeinde. „Dann ist mehr daraus
entstanden. Das war keine Geschichte von heute auf morgen“, sagt Friedl. Der
Alltag läuft bei ihnen ab wie bei vielen anderen Paaren: In der Früh geht
Friedl zur Arbeit in den Pfarrhof, abends kommt er zum Essen heim.
„Opa“ Josef
Rosi K. ist schon in Pension. Nach dem
Tod ihres Mannes hat sie die Ausbildung zur Religionslehrerin gemacht und
unterrichtete in der Volksschule Ungenach. „Sie war sehr gut. So eine
bekommen wir nicht so schnell wieder. Das bestätigt jeder“, ist Friedl stolz
auf seine Partnerin. Für die Enkelkinder von Rosi K. ist der Pfarrer an
ihrer Seite ganz normal: Sie nennen ihn einfach „Opa“. In der Gemeinde gebe
es deswegen keine Probleme, freut sich der Pfarrer. „Am Sonntag haben mir
viele gratuliert, weil ich so offen war.“ Und tatsächlich: In Ungenach regt
das Liebesleben des Pfarrers niemanden auf. Rosi K. ist im Ort sehr beliebt
und auch im Liturgieausschuss des Pfarrgemeinderates aktiv.
Viele Betroffene
Pfarrer Friedl ist beileibe kein Einzelfall.
Mehr als 1.400 Weltpriester dürften dauerhafte oder wechselnde
Liebesbeziehungen haben. Die meisten verheimlichen sie. Aus gutem Grund:
Rund 500 Priester haben ihr Amt verloren, weil sie heiraten wollten,
berichtet Herbert Bartl vom Verein „Priester ohne Amt“.
Die Kirche ignoriert die Lage, weil der Priestermangel enorm ist. Auch die Bischöfe schweigen. Kein Wunder: Sie sind froh, dass die jüngste Kirchenkrise vorbei ist. Zudem dürfte dem Linzer Bischof Ludwig Schwarz die Beziehung seit Längerem bekannt sein. „Friedl kennt die Regeln. Er muss das mit seinem Gewissen vereinbaren“, heißt es aus Linz. Dass die Causa nun hochkocht, liegt an der konservativen Website kath.net. Sie berichtete als Erste über die „Affäre“. Beobachter sehen darin eine „Retourkutsche“ für Friedls Widerstand gegen Fast-Weihbischof Gerhard Wagner.