Aufsichtsrat: "Freistellung hätte vorerst gereicht."
Kirchdorf. In der Causa um zwei Todesfälle im Klinikum Kirchdorf an der Krems hat der Aufsichtsrat des Betreibers, die OÖ Gesundheitsholding, Mittwochabend kritisiert, dass der verdächtigte Arzt sofort entlassen wurde. Vielmehr hätte "bis zur Klärung von Vorwürfen mit einer Dienstfreistellung unter Vorbehalt der späteren Entlassung" vorgegangen werden müssen. Es sei aber richtig gewesen, die Staatsanwaltschaft einzuschalten, so das Kontrollgremium. Kritik gab es an der Kommunikation.
Es geht um den Tod von zwei Patienten im Krankenhaus Kirchdorf an der Krems. Am 20. Dezember 2024 kam der Verdacht auf, dass der Arzt mit einer Fehldosierung des Morphins "Vendal" das Ableben von zwei Personen im Alter von 89 und 65 Jahren verursacht haben könnte. Der Mediziner wurde sofort entlassen und die Staatsanwaltschaft eingeschaltet. Der Arzt wehrt sich arbeitsrechtlich gegen seine Entlassung, am Donnerstag traf man sich in Steyr vor Gericht zur vorbereitenden Tagsatzung. Dabei entschied die Richterin im Sinne der Prozessökonomie das Ende der strafrechtlichen Erhebungen abzuwarten, weshalb auf unbestimmte Zeit vertagt wurde.
"Eindruck der Vorverurteilung" vermeiden
Am Vorabend dieses Termins hatte der Aufsichtsrat des Spitalsträgers kritisiert, dass der Mediziner, gegen den die Staatsanwaltschaft Steyr wegen grob fahrlässiger Tötung ermittelt, sofort entlassen worden ist, ohne ihm "Gelegenheit zur Stellungnahme" zu geben. Zudem wurde eine öffentliche Kommunikation frei vom "Eindruck einer Vorverurteilung" eingemahnt. Denn die landeseigene OÖ Gesundheitsholding hatte auf die "Vorkommnisse an der Abteilung für Anästhesie und Intensivmedizin" prompt reagiert und in einer Pressemitteilung vom 20. Dezember von einem "schwarzen Tag in der Geschichte unseres Unternehmens, in dem 16.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tagtäglich versuchen, ihr Bestes zu geben", gesprochen. Der Aufsichtsrat sah das kritisch: "Die Einhaltung der notwendigen Transparenz muss jeden Eindruck einer Vorverurteilung vermeiden", hieß es in einer Aussendung Mittwochabend.
Das Kontrollgremium betonte aber auch, "dass aufgrund der dokumentierten Nichtbeachtung wesentlicher Behandlungsvorschriften in Verbindung mit dem Tod eines Patienten die Verpflichtung bestanden hat, die Staatsanwaltschaft zu informieren und dienstrechtliche Konsequenzen zu ziehen". Es sei nun Sache der Strafverfolgungsbehörden sowie der Gerichte, die erhobenen Vorwürfe zu klären. Der Aufsichtsrat wies in seiner Pressemitteilung auch darauf hin, "dass es bislang keinen einzigen vergleichbaren Fall gegeben hat". Um in Zukunft den Vorwurf zu vermeiden, allfällige persönliche Spannungen hätten Entscheidungsprozesse beeinflusst, fordere man die Geschäftsführung auf, künftig sicherzustellen, "dass bei fachlich unterschiedlichen Ansichten bei der medizinischen Behandlung die Befassung eines externen Fachbeirats erfolgt, bevor die Strafverfolgungsbehörden mit der weiteren Klärung derartiger Vorwürfe befasst werden".
Ärztekammer hofft auf bessere Vertrauensbasis
Bei der Ärztekammer sah man die Beschlüsse des Aufsichtsrats positiv: "Wir Ärzte brauchen den Rückhalt und das Vertrauen unseres Arbeitgebers." Dazu gehöre etwa, dass auch bei möglichen Fehlern der Betroffene angehört wird, eine Entlassung erst erfolge, wenn Fehlverhalten nachgewiesen ist, und dass es keine mediale Vorverurteilung durch den Dienstgeber gebe, so Vizepräsident Harald Mayer. Das habe der Aufsichtsrat nun festgehalten "und wir hoffen, dass das dazu beiträgt, die Vertrauensbasis zwischen Spitalsärztinnen und Spitalsärzten und deren größtem Arbeitgeber in Oberösterreich zu verbessern.
Staatsanwaltschaft wartet auf "Schlüsselgutachten"
Die Staatsanwaltschaft Steyr ermittelt indes noch wegen grob fahrlässiger Tötung gegen den Arzt. Sie ordnete eine Obduktion an und gab Gutachten in Auftrag. Der ältere der beiden Patienten hatte bei einem Unfall einen massiven Schädelbruch mit Gehirnblutung erlitten. Derzeit wartet man noch auf die "Schlüsselgutachten" aus den Fachgebieten Toxikologie sowie Anästhesiologie und Intensivmedizin, die klären sollen, ob diese Verletzung oder eine Überdosierung mit dem Medikament die Todesursache war. Der zweite verstorbene Patient konnte nicht mehr obduziert werden, da er bereits eingeäschert war.
Die beiden Gutachten seien auch entscheidend für die Klärung der Frage im arbeitsrechtlichen Prozess, ob die Entlassung des Mediziners begründet gewesen sei, hielt die Richterin fest. Um Doppelgleisigkeiten bei der Erstellung der Gutachten zu vermieden, soll das arbeitsrechtliche Verfahren erst nach Vorliegen der von der Staatsanwaltschaft in Auftrag gegebenen Sachverständigengutachten fortgesetzt werden.
Ende Februar wurde dann bekannt, dass die Primaria der Anästhesie, die seit dem Vorfall auf ihrer Station auf Urlaub war, nicht mehr ans Klinikum nach Kirchdorf zurückkehren wird. "Über die weitere Zusammenarbeit und ihr neues Betätigungsfeld" würden "diesbezüglich laufend Gespräche mit ihr" geführt, hieß es seitens der Gesundheitsholding.