Prozess-Start
Vier Burschen missbrauchten Mädchen jahrelang
01.04.2014
Die Burschen zeigen sich teilweise geständig. Urteil wird am Nachmittag erwartet.
Vier Burschen aus dem Bezirk Kirchdorf, die ein Mädchen jahrelang sexuell missbraucht bzw. vergewaltigt haben sollen, müssen sich seit Dienstagvormittag vor dem Landesgericht Steyr verantworten. Das Opfer leide unter einem komplexen posttraumatischen Belastungssyndrom, zitierte die Privatbeteiligtenvertreterin aus einem Gutachten. Ein Urteil im Schöffenprozess wurde für den Nachmittag erwartet.
Zu Beginn der Verhandlung appellierte der Richter an die Jugendlichen im Alter von 16 und 17 Jahren, es mit der Wahrheit genau zu nehmen und zu sagen, "was Sache ist". Bei ihren Einvernahmen hätten sie sich in massive Widersprüche verstrickt. Die angelasteten Taten hätten im Sommer 2011 begonnen, das Mädchen hatte das zwölfte Lebensjahr damals noch nicht vollendet, so der Staatsanwalt. Beim Flaschendrehen sei zuerst geküsst, später die Brüste berührt und letztlich der Beischlaf vollzogen worden. Zu diesem Zeitpunkt habe eine Missbrauchsserie mit einer Vielzahl von Übergriffen begonnen, sagte der Ankläger.
14.000 Schmerzensgeld
Von drei Angeklagten - ihnen wird zusätzlich zum schweren Missbrauch das Verbrechen der Vergewaltigung vorgeworfen - sei der Sex mit Gewalt und Drohungen erzwungen worden. Nach den Handlungen sollen die vier zum Opfer gesagt haben, dass sie es und ihren Bruder "ordentlich verdreschen" würden, falls es etwas erzählen sollte. "Mir ging's scheiße", zitierte die Privatbeteiligtenvertreterin aus Aussagen des Mädchens, das sich zurückgezogen und Albträume gehabt habe. "Das Leben ist in mir verloren gegangen." Später sei es manchmal erleichtert gewesen, aber: "Wie es mir wirklich geht, zeige ich keinem." Laut einem Gutachten sind Dauer- und Spätfolgen nicht auszuschließen, so die Anwältin, die für das Mädchen insgesamt 14.000 Euro Schmerzensgeld fordert.
Sein Mandant bekenne sich schuldig im Sinne der Anklage, sagte der Verteidiger des Erstbeschuldigten. Er habe vor der Polizei ein volles Geständnis abgelegt und nichts beschönigt, eine Gewalttherapie begonnen, sich schriftlich entschuldigt und bereits 1.000 Euro Wiedergutmachung geleistet. Der Zweitangeklagte "konnte nicht erkennen, dass das Opfer die sexuellen Handlungen nicht wollte", betonte der Anwalt, der gleichzeitig die Frage stellte, warum der Bruder des Mädchens nicht eingegriffen habe. Offenbar hätten die Geschwister selbst eine Beziehung gehabt. Sein Mandant sei voll geständig, was den sexuellen Missbrauch betrifft, und habe ebenfalls 1.000 Euro überwiesen.
"Täter auch Opfer"
Ein weiterer Verteidiger bezeichnete die Anklage als "sehr tendenziös". Das Opfer und eine Schulfreundin sollen ausgesagt haben, dass sein Mandant, der ebenfalls Missbrauch zugibt, und der Viertbeschuldigte keine Gewalt angewendet hätten. "Die Angeklagten sind in irgendeiner Weise auch Opfer", meinte der Anwalt. Der Bursch, dem schwerer sexueller Missbrauch, aber keine Vergewaltigung vorgeworfen wird, sei geständig und reuig, gehe in Therapie und habe 700 Euro an Wiedergutmachung geleistet, berichtete sein Rechtsbeistand.
Vor dem Beweisverfahren wurde die Öffentlichkeit von der Verhandlung ausgeschlossen. Dem Quartett drohen bis zu fünf Jahre Haft.