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Kirche ist nach Prozessauftakt zu Kompromiss bereit.

222 Glockenschläge pro Nacht rauben einem 57-Jährigen den Schlaf – ein Fall fürs Gericht. Sogar der Papst wurde in die Sache eingeweiht – doch zunächst tagte am Freitag das irdische Gericht: In Linz wehrt sich ein Anrainer gegen das nächtliche Gebimmel der Domglocke. Er klagte die Dompfarre – ÖSTERREICH berichtete. Am Linzer Landesgericht trafen Kläger Wolfgang Lassy (57) und Dompfarrer Maximilian Strasser aufeinander. 222 Schläge zähle man zwischen 22 und sechs Uhr, sagte Lassys Anwalt Wolfgang List. Die Folge für seinen Mandanten: Schlafmangel, Konzentrationsstörungen, Erschöpfungszustände.

Graziani-Weiss: Glockenläuten ist »ortsüblich«
Der Anwalt der Dompfarre, Wolfgang Graziani-Weiss, konterte, das Läuten gebe es seit mehr als 100 Jahren und es sei „ortsüblich“. Einen Vergleich, wie von Richterin Amalia Berger-Lehner angeregt, schlossen zunächst beide Parteien aus – das Gericht solle entscheiden, sagte Graziani-Weiss: „Wir wollen es wissen.“ Als die Richterin einen Mediator ins Spiel brachte, kam es zur Wende: In einer Verhandlungspause einigten sich die Anwälte darauf, eine einvernehmliche Lösung zu suchen. Das erste Gespräch findet kommende Woche statt. List deutete ein Entgegenkommen der Pfarre an: „In der Nacht muss Ruhe sein. Die Vereinbarung steht bis Ende Februar.“

Der Kläger im ÖSTERREICH-Interview

ÖSTERREICH: Sind Sie mit dem angestrebten Vergleich glücklich?

Wolfgang Lassy: Einerseits schon. Andererseits stört es mich, dass wissenschaftliche Gutachten, die belegen, dass die Glocken schlimmer sind als Fluglärm, kein Gehör finden.

ÖSTERREICH: Aber die Pfarre ist ja kompromissbereit.

Lassy: Sie haben aber nicht eingesehen, dass ich im Recht bin, sondern nur, dass sie mit ihrer Position keine Chance haben.

ÖSTERREICH: Warum hat man sich nicht schon vor der Klage gütlich geeinigt?

Lassy: Weiß ich nicht. Ich war vier Mal beim Herrn Pfarrer. Sein Argument: „Das war schon immer so.“ Bei einer Müllhalde, die das Grundwasser verseucht, kann man das auch nicht sagen. So etwas sollte man unter Nachbarn lösen, aber ich glaube, der Herr Pfarrer befürchtet einen Machtverlust der Kirche.

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