Antrag der Mutter, Kind zurück nach Österreich zu bringen, wurde abgewiesen.
Im Sorgerechtsstreit um den fünfjährigen Oliver haben die dänischen Behörden gegen eine Rückführung des Buben nach dem Haager Kindesentführungsübereinkommen nach Österreich entschieden. Das Gericht in Helsingör veröffentlichte am Freitag seine Entscheidung, wonach der Bub weiterhin bei seinem Vater in Dänemark leben soll. "Ich mache mir große Sorgen um Oliver", sagte die Mutter des Kindes am Freitag bei einer Pressekonferenz in Wien.
"Er bekommt seit fünf Monaten keine Hilfe", kritisierte die Grazerin. Auch die österreichische Anwältin der Mutter schlug in dieselbe Kerbe: Es werde ignoriert, dass "Oliver durch einen Gewaltakt schwer traumatisiert ist und er bis heute keine psychologische Hilfe erhält", sagte Britta Schönhart.
Der Vater des fünfjährigen Buben hatte am 3. April dieses Jahres gemeinsam mit einem noch unbekannten Komplizen seinen Sohn vor dem Kindergarten in Graz der Mutter entrissen und ihn nach Dänemark gebracht. Nach der Tat des Vaters hatte die Rechtsvertretung der Mutter bei den Justizbehörden einen Antrag auf Rückführung des Kleinen nach dem Haager Kindesentführungsübereinkommen gestellt. Knappes Urteil "Das Urteil ist gänzlich knapp ausgefallen", so die Anwältin. Es stütze sich darauf, dass der gewöhnliche Aufenthalt des Buben nicht nach Österreich gewechselt hat, sondern in Dänemark verblieben sei. "Daher ist die dänische Sorgerechtsentscheidung schlagend", erläuterte die Advokatin.
Schönhart verwies zudem darauf, dass der Kindsvater seinen Antrag auf Obsorge erst "nach der legalen Ausreise" eingebracht habe. Die Mutter war am 17. Juli 2010 mit Oliver nach Österreich übersiedelt, sie hatte zu diesem Zeitpunkt die alleinige Obsorge. Fünf Tage später, am 22. Juli 2010, beantragte der Vater das alleinige Sorgerecht, und erhielt es zugesprochen. In seinem Heimatland besitzt daher der Vater das Sorgerecht, in Österreich hat es die Mutter.
"Das Kindeswohl wurde bei der Sorgerechtsentscheidung nicht berücksichtigt, Oliver nicht gehört", kritisierte Schönhart. Es sei davon auszugehen, dass die heute gefällte Entscheidung eine "politische" sei. Und: "Mit dieser Entscheidung legalisiert Dänemark ein Gewaltverbrechen an Kindern, es ist eine Aufforderung an Eltern, Kinder zu entführen", sagte die Anwältin.
Als Ausländerin habe sie keine Möglichkeit auf ein faires Verfahren gehabt, kritisierte die Mutter. "Es geht nicht um Oliver in Dänemark", sagte sie, das Recht des Kindes sei "anscheinend nicht wichtig". Dennoch habe sie noch Hoffnung, ihren Sohn wiederzubekommen: "Eine Chance gibt es immer", sagte sie. Das Urteil werde sie "auf jeden Fall bekämpfen". Die dänische Rechtsvertreterin werde gegen das Sorgerechts-Urteil berufen.
Nicht der Vater, sondern die Mutter des fünfjährigen Oliver habe Kindesentziehung begangen - zu diesem Erkenntnis ist offenbar das dänische Gericht in seinem Urteil gekommen. Zwar habe die Österreicherin im Jahr 2010 dem Vater des Buben mehrmals erklärt, sie werde Dänemark mit dem Kind verlassen. Doch sie habe es verabsäumt, "konkret noch präzise" anzugeben, wann sie diesen Schritt zu unternehmen gedenke, zitierte die Zeitung "BT" (Online-Ausgabe) aus dem vorliegenden Urteil. "Das ist so absolut nicht korrekt", wies die Mutter diesen Vorwurf zurück. Sie habe den Kindsvater ganz genau über ihre Rückkehrpläne informiert. Außerdem betreffe diese Informationspflicht "nur Elternteile mit gemeinsamer Obsorge", sagte Schönhart.
Wirklichen Kontakt zu ihrem Sohn hat die Steirerin nach eigenen Angaben nicht: "Ich höre ihn einmal in der Woche, mein Sohn spricht aber nicht mehr mit mir. Ich weiß nicht, was ihm erzählt wurde."
Der dänische Vater zeigte sich erfreut über die Entscheidung des Gerichts in Helsingör. "Er ist momentan ein total glücklicher Mann", sagte sein Sprecher Janus Bang der Nachrichtenagentur Ritzau.
Kommenden Dienstag (25. September) ist im Grazer Straflandesgericht eine Verhandlung gegen den Vater angesetzt. Die Staatsanwaltschaft hat Anklage wegen schwerer Nötigung und Freiheitsentziehung erhoben, weil der Däne das Kind gegen den Willen der Mutter in seine Heimat gebracht hatte. Ob der 41-Jährige zur Verhandlung erscheinen wird, ist völlig offen. Eine Ladung hat er über das Amts-und Rechtshilfeverfahren in Dänemark bekommen. Sollte der Beschuldigte nicht erscheinen, könnte ein europäischer Haftbefehl ausgestellt werden. Eine Verhandlung in Abwesenheit ist nicht vorgesehen.