Sie lebte erst zwei Jahre im Ort, doch ganz Bad Ischl mochte das Mädchen.
Paulina liebte den Augenblick, sie hatte ein Gespür für den richtigen Moment. Schon allein deshalb war die lebensfrohe, sensible junge Frau nie ohne ihre Kamera unterwegs. Ihr größter Traum: Fotografin werden. „Ja, das wollte sie werden“, erinnert sich ihre Freundin Conny mit Tränen in den Augen.
Auch die gleichaltrige Deborah (14) kann nicht fassen, dass sie wirklich tot ist. Sie, die von allen „Alina“ genannt werden wollte, war Deborah vom ersten Tag an ans Herz gewachsen. „Sie war meine beste Freundin“, sagt sie leise. „Und jetzt ist sie tot.“ Das Mädchen wohnte mit Paulina unter einem Dach. Im Haus von Klaus K., dem neuen Stiefvater von Paulina, dem heutigen Tatverdächtigen. „Sie hat sich am ersten Tag mit mir angefreundet“, sagt Deborah.
Die Salzkammergut-Idylle wurde für Paulina Hölle
Doch Paulina war nicht nur lustig. Manchmal überkam sie eine bedrückende Melancholie, von einer Sekunde auf die andere. „Dann ist sie alleine raus, in den Wald, an den Fluss“, erinnert sich Conny.
Paulina war das jüngste von vier Kindern, Tochter eines Griechen. Bis 2009 hat die Familie in Köln gelebt, 2009 waren sie nach Bad Ischl gekommen. Ihre Mutter Claudia S. war nach der Scheidung auf der Suche nach einem neuen Vater für die Kinder gewesen, zog zu Klaus K. und dessen Sohn Konstantin in die Salzkammergut-Idylle – ein Paradies, das sich für die Familie zur Hölle wandeln sollte.
Schnell hatte die Mutter eine Stelle im Luxushotel Seilern gefunden. Die Deutsche war es gewohnt, auf eigenen Beinen zu stehen, ihr Leben mit den drei Töchtern und dem Sohn selbst zu meistern. „Sie hielten fest zusammen, hatten ein tolles Verhältnis“, erzählt Deborah. Paulina war ihr geliebtes Nesthäkchen. Als der Terror durch den herrischen neuen Mann vor fünf Monaten unerträglich wurde, zog Claudia mit den Kindern aus.
Todesnachricht bei der Schulschluss-Party
Die Todesnachricht platzte mitten ins Abschlussfest von Paulinas Schule, dem Ischler Gymnasium. Seitdem werden Familie, Mitschüler und Freunde von Psychologen betreut. Morgen wird Paulina in Bad Ischl zu Grabe getragen. Und ganz Bad Ischl wird weinen.
Stiefvater schaufelte Paulinas Grab
„Ja, wir haben sie getötet, ja, wir haben sie im Wald vergraben“ – so lautet das kalte Geständnis von Stiefvater Klaus K. (48) und dessen Sohn Konstantin (19) gegenüber Polizei und Haftrichterin. Wie brutal sie die Tat planten, wird erst jetzt klar: Die beiden Männer schaufelten sogar das Grab, in dem man die 14-jährige Paulina S. Mittwochabend fand. Es ist eineinhalb Meter tief, liegt mitten im Wald. Es muss stundenlang gedauert haben, in den wurzeligen Boden ein Loch zu buddeln.
Jetzt schweigen die beiden beharrlich – kein Wort zum Motiv (es gilt die Unschuldsvermutung).
Die Polizei rekonstruiert indes auf Hochtouren, sucht nach einem Grund für die Tat. Obwohl bei der Obduktion keine unmittelbaren Spuren eines sexuellen Missbrauchs gefunden wurden, reißen die Gerüchte nicht ab, Klaus K. habe sich Paulina genähert, auch von Übergriffen ist die Rede, und davon, dass Paulina mit Anzeige gedroht haben soll. Diese Bedrohung könnte bei Klaus K. den Ausschlag für die Tat gegeben haben. Auch die Tatsache, dass sich Paulinas Mutter von K. (wegen Sex-Attacken?) trennte, untermauert die These.
Die Männer verscharrten Paulina in einem Waldgrab
Klaus K. soll die Mutter von Claudia auch bedroht haben. Und zwar aus Rache, weil sich die gebürtige Deutsche von ihm losgesagt hatte. „Er sagte, es würde eine Bluttat geben, er würde ihr das Liebste nehmen“, so Mirlinda A., Hauptzeugin der Polizei, zu ÖSTERREICH. Paulina hatte ein besonders enges Verhältnis zu ihrer Mama, das wusste K.
Und Claudia ahnte, dass seine Drohungen ernst zu nehmen waren, denn er ist nicht nur im Ort für sein gewalttätiges Temperament bekannt. 1986 stand er sogar vor Gericht: Er hatte versucht, mit einem Schrotgewehr eine Autobahn-Tankstelle in Salzburg zu überfallen, saß dreieinhalb Jahre hinter Gittern.
Nach bisherigen Ermittlungsergebnissen spielte sich im beschaulichen 14.000-Einwohner-Ort Bad Ischl am Dienstag Folgendes ab: Die Tatverdächtigen lauerten der 14-Jährigen gegen 7 Uhr morgens auf dem Weg zur Schulbushaltestelle im Köhlerweg auf. Nur wenige Hundert Meter von der Wohnung entfernt, in der Paulina mit ihren drei älteren Geschwistern und Mutter Claudia wohnte, lockten die beiden Männer das Mädchen in einen roten VW Sharan. Mit einer Taschenlampe schlugen sie auf das Mädchen ein. Dann wickelten sie ihr einen Strick um den Hals – und zogen zu.
Danach fuhren sie mit dem leblosen Körper zu einem Waldgrundstück von Klaus K. Hier hatten der Stiefvater und sein Sohn bereits im Vorhinein ein großes Loch ausgehoben. In dieses Waldgrab warfen sie die Leiche von Paulina und verscharrten den jungen Mädchenkörper.
Ohne Geständnis hätte sie die Polizei nie gefunden.