Zwei Tage nach der Explosion arbeiten Gutachter auf Hochtouren: Bis es zur Anklage kommt, wird es aber noch Monate dauern.
Neue brisante Details bei den Ermittlungen rund um die Gas-Katastrophe in St. Pölten: An der Unglücksstelle mehren sich jetzt die Gerüchte, dass bei den Verlegungsarbeiten der Leitungen vor 20 Jahren ein folgenschwerer Fehler passiert ist.
Abstand zwischen Rohren vermutlich zu gering
Der
Sicherheitsabstand zwischen Stromleitung und der durchgebrannten
Hausgasleitung, die die Explosion ausgelöst hat, ist nicht eingehalten
worden. Staatsanwalt Karl Fischer bestätigt ÖSTERREICH: „Es ist wirklich
wenig Abstand. Ein Sachverständiger für Hochspannungen muss endgültig
klären, ob die Vorschriften missachtet worden sind.“ Der vorgeschriebene
Abstand im Stadtgebiet sollte 30 bis 50 Zentimeter betragen.
Die These: Nur wegen der geringen Entfernung konnte der Lichtbogen ein zehn Zentimeter dickes Loch in das Metall-Gasrohr brennen. Mussten fünf Menschen sterben, weil eine Handvoll Arbeiter gepfuscht hat?
Experten überprüften Leitung
Der Energieversorger EVN,
der die Verlegearbeiten an Subfirmen delegierte, hat eine
Untersuchungskommission eingesetzt. „Es geht darum, herauszufinden, welche
Firmen und welche Mitarbeiter im Jahr 1990 diese Rohre verlegt haben“, sagt
Stefan Zach von der EVN. Erst 2004 und 2008 haben Experten diese Leitungen
überprüft – jedoch nur oberirdisch.
Wie berichtet, hat sich nach dem Kurzschluss eine so große Menge Gas den Weg durch die feuchte Erde geebnet, dass es am Donnerstag um 7.55 Uhr zur Explosion kam.
Betätigen von Lichtschalter reicht für die Explosion
Alle
fünf Einwohner waren sofort tot. Die Gerichtsmediziner stellten als
Todesursache „massive Einwirkungen durch den Einsturz des Hauses und die
Explosion“ fest. Laut Experten kann die Explosion alleine durch das
Einschalten des Lichtschalters, das Betätigen des Handys oder das Anzünden
einer Zigarette ausgelöst worden sein.
Viele Fragen sind noch offen
Mit Hochdruck untersuchten
Brandsachverständige des Bundeskriminalamts und Techniker der EVN am Samstag
die Unglücksstelle.
Viele Fragen sind noch offen: Warum kam es überhaupt zum Kurzschluss? Warum und wie kam das Gas in das Haus? War das Gasleck der einzige Grund für die Explosion? Warum kam es im Haus und nicht unter dem Gehsteig zur Explosion? Staatsanwalt Fischer: „Es ist jetzt auch nötig, Leitungen und Endverbrauchergeräte im Haus zu analysieren.“
Erhebungen dauern noch einige Monate
Erst in einigen Monaten
könne entschieden werden, ob es überhaupt zu einer Anklage wegen
fahrlässigen Tötung oder fahrlässigen Gemeingefährdung kommt. Fischer:
„Alleine der Elektrotechniker benötigt acht Wochen, um sein Gutachten zu
erstellen. Vieles ist noch ungeklärt. Wir haben noch keine Verdächtigen.“
Ganz St. Pölten trauert um die Gasopfer „Wir haben diese Aktion spontan ins Leben gerufen, weil wir einfach ein Zeichen der Solidarität setzen wollen“, sagt Yvonne Krenn. Gemeinsam mit Ehemann Markus und Schwager Bernhard hat sie für Sonntag Abend (Beginn: 19 Uhr) ein Lichtermeer am Rathausplatz St. Pölten für die Angehörigen der Gasopfer organisiert. Die Aktion hat ihren Ursprung auf Facebook: Dort haben die drei eine Gruppe für die Angehörigen gegründet – binnen kurzer Zeit haben sich mehr als 4.000 Mitglieder gemeldet. Freunde oder Bekannte posten Sätze wie „Manchmal schlägt das Schicksal mit unfassbarer Härte zu. Mein Mitgefühl an alle Betroffenen“ oder „Liebe Theresa. ich kann voll mitfühlen, wie du dich fühlst. Das ist voll tragisch“. Mehr als 500 Menschen haben sich für die heutige Veranstaltung angemeldet – es ist gut möglich, dass mehr als 1.000 Menschen teilnehmen. „Wir haben aufgerufen, dass jeder Kerzen oder Grablichter mitbringt. Es soll eine spontane Aktion sein. Entweder wir zünden alle gemeinsam die Kerzen an oder stellen sie alle am Rathausplatz ab.“ Am Sonntag früh um 9.00 Uhr gibt es zudem einen Trauergottesdienst in der Pfarre St. Josef. Der Bischof von St. Pölten, Klaus Küng, wird mit seinen Worten das Mitgefühl für die Angehörgen aussprechen. |