Schock in Innsbruck
Prinz Friso: Wacht er nie mehr auf?
24.02.2012
Ärzte sind sich nicht sicher, ob Johan Friso je wieder aufwachen wird.
Die Prognose von Wolfgang Koller, Leiter der traumatologischen Intensivstation an der Innsbrucker Klinik, war niederschmetternd: „Es kann derzeit nicht gesagt werden, ob der Patient jemals wieder das Bewusstsein erlangen wird“, sagte der Arzt: „Die neurologische Behandlung kann Monate, wenn nicht Jahre in Anspruch nehmen. Die königliche Familie wird eine Einrichtung für die Rehabilitation suchen.“
Prinz Friso: Nie mehr die beiden Töchter umarmen
Im Klartext bedeutet das: Prinz Friso wird nie mehr, wie er war. Er liegt im Koma. Apallisches Syndrom: „Bei derart ausgeprägten Verletzungen ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Patient wieder gesund wird, gleich null“, bestätigt auch Johann Donis, Neurologe und Obmann des Vereins für Wachkoma-Patienten.
Schlimmer hätte es für Friso, seine Frau Mabel, seine beiden Töchter Zaria, 5, und Luana, 6, sowie die gesamte Königsfamilie nicht kommen können. Holland steht unter Schock, weint mit den Royals.
Gezeichnet, die Augen hinter dicken Brillen versteckt, mit gebeugtem Schritt – so kam die Familie in die Klinik. Königin Beatrix, 76, wie versteinert, stützte ihre Schwiegertochter Mabel, 43. Prinz Willem-Alexander, 45, Frisos älterer Bruder und Thronfolger, sowie Constantijn, der Jüngste, hielten sie.
Prinz Friso befindet sich in einem schlafähnlichen Zustand. Körperlich wirkt er völlig unverletzt. Er kann nicht sprechen, nicht schlucken, hat Lähmungen. Selbst ob Friso jemals wieder über elementare Empfindungen verfügen, ein verdecktes, internes Wahrnehmungsvermögen haben wird, kann niemand sagen.
Sein Herz stand 50 Minuten lang still – zu lang
Der Prinz lag nur 40 Zentimeter tief, als sie ihn aus der Lawine in Lech am Arlberg zogen. Aber sein Herz stand still. 50 Minuten lang. „50 Minuten Reanimation ist lang, zu lang“, sagt Arzt Koller. Neurologe Donis ergänzt: „Fünf bis maximal zehn Minuten sollte diese Phase dauern. Alles was länger dauert, schädigt das Hirn."
In diesen 50 Minuten ist der Prinz nicht mit Sauerstoff versorgt worden. Sein Hirn hat dadurch massiven Schaden genommen. Das hat eine Magnetresonanz-Tomografie gezeigt.
Eine Woche lang haben die Ärzte darauf gehofft, dass die Unterkühlung des Patienten (32 Grad) zu einem gewissen Schutz des Gehirns beigetragen haben könnte: „Diese Hoffnung hat sich leider nicht erfüllt“”, schloss Koller.
Wie lange Friso noch in Innsbruck bleiben wird, ist offen
Wahrscheinlich wird ihn seine Familie aber bald heim in die Niederlande fliegen, oder nach England: „Ein Patient, der künstlich beatmet wird, kann geflogen werden“, sagt Arzt Donis.
Außerdem benötigen Menschen im Koma für ihre Entwicklung einen spürbaren, körpernahen Kontakt zu ihrem Umfeld. Vielleicht kann Friso irgendwann wieder seine Kinder hören, den Händedruck seiner Frau spüren, aus seiner Traumwelt phasenweise in die Realität zurückkehren.
Auch in Lech löste die Nachricht aus der Klinik einen Schock aus. Bürgermeister Ludwig Muxl: „Wir beten für die Familie und hoffen auf ein Wunder.“
Arzt: "Die völlige Heilung ist quasi unmöglich"
ÖSTERREICH: Herr Doktor, Sie sind Präsident der österreichischen Wach-Koma-Gesellschaft. Wird Prinz Friso je wieder aufwachen?
Johann Donis: Sein Gehirn war 50 Minuten ohne Sauerstoff. Das ist viel länger als die tolerierbaren fünf bis zehn Minuten. Das heißt, dass es zu einer Schädigung der Gehirnrinde gekommen ist. Sie ist ein wesentlicher Teil des Funktionssystems für unsere bewusste Wahrnehmung, für die Fähigkeit, zu kommunizieren.
ÖSTERREICH: Könnte Prinz Friso jemals wieder gesund werden?
Donis: Vom zeitlichen Ablauf wird sich der Patient in einem Zustand des prolongierten Komas befinden. Das kann später in ein Wachkoma übergehen und das kann Wochen, Monate oder auch Jahre dauern. Eine Sauerstoff-Unterversorgung hat eine ungünstigere Diagnose als ein Schädel-Hirntrauma bei einem Sturz oder Verkehrsunfall.
ÖSTERREICH: Gibt es Hoffnung auf ein Wunder?
Donis: Dass jemand mit einer derartigen Schädigung eine vollkommene Heilung erleben kann, ist quasi unmöglich. Nur jeder achte Betroffene wird später zumindest mit beträchtlichen Behinderungen sprechfähig.
ÖSTERREICH: Wie kann der Prinz behandelt werden?
Donis: Je früher er intensiv behandelt wird, desto günstiger die Prognose. Es gibt Zentren, die sich auf Rehabilitation von solchen Schädigungen spezialisiert haben. Man wird jetzt schauen, dass Friso transportfähig wird.
ÖSTERREICH: Kann man Friso also transportieren?
Donis: Sie können einen beatmeten Intensivpatienten quer durch Europa fliegen. Das würde auch hier gehen, wenn es keine Komplikation gibt.
ÖSTERREICH: Können Koma-Patienten schlucken?
Donis: Nein, fehlendes Bewusstsein macht ein bewusstes Schlucken unmöglich.
ÖSTERREICH: Wie viele Wachkoma-Patienten gibt es bei uns?
Donis: Wir haben 800 bis 1.000 Patienten, von denen in etwa 400 in stationärer Behandlung sind. Der Bürgermeister von Spitz, der vergiftet wurde, ist auch ein Wachkoma-Fall.
Karl Wendl
Nächste Seite: Der Live-Ticker zum Nachlesen:
12:25 Uhr: Dr. Wolfgang Koller ist sich nicht sicher, ob Johan Friso jemals wieder aufwachen wird.
(c) APA, Dr. Wolfgang Koller
12:22 Uhr: Die Familie sucht nun eine adäquate Rehabilitations-Klinik für den schwer kranken Prinzen.
12:06 Uhr: Die Pressekonferenz ist jetzt auch schon wieder vorbei. Fragen sind nicht zugelassen.
12:03 Uhr: Dr. Koller, Leiter der Traumatologischen Intensivstation berichtet, dass das Herz des Prinzen ca. 50 Minuten stillstand. In dieser Zeit war sein Gehirn nicht mit Sauerstoff versorgt. Friso hat massive Schäden im Hirn. Er ist sich nicht sicher, dass sein Patient wieder aufwachen wird.
12:02 Uhr: Die Pressekonferenz hat jetzt begonnen.
11:59 Uhr: Der Leiter der Traumatologischen Intensivstation, Dr. Wolfgang Koller, wird das Statement zum Zustand von Prinz Friso verlesen. Eine weitere Stellungnahme soll dann von Klinik-Sprecher Johannes Schwammberger kommen.
11:56 Uhr: Auf der Pressekonferenz werden keine Fragen zugelassen sein, wie ÖSTERREICH soeben erfuhr. +++ Wir berichten hier LIVE aus Innsbruck +++ PK startet in wenigen Minuten +++
11:23 Uhr: Das Medieninteresse ist gewaltig. Unzählige Journalisten, Reporter und Kamerateams haben im Spital Stellung bezogen.
10:28 Uhr: Prinz Frisos Familie wohnt im 5-Sterne-Hotel "Post" in Lech. Auch Frisos Bruder, Kronprinz Willem-Alexander (hier im Bild mit Frisos Ehefrau Mabel) ist angereist. Hier verlassen sie gerade das Hotel, um Johan Friso zu besuchen:
09:59 Uhr: Gestern Abend erhielt Prinz Friso noch Besuch von seiner Familie. Im Bild: Prinz Constantijn (rechts), seine Frau Prinzessin Laurentien (links) und Prinzessin Mabel:
09:25 Uhr: Prinz Friso liegt seit einer Woche im künstlichen Tiefschlaf. In den letzten Tagen hatte es immer wieder geheißen, sein Zustand sei "stabil". Die Lebensgefahr allerdings ist nicht gebannt.
09:03 Uhr: Königin Beatrix hat ihren Aufenthalt in Österreich verlängert. Sie wird zwar am Wochenende kurz in die Niederlande reisen, kehrt aber bald zurück, um bei ihrem Sohn Johan Friso wieder zu sein. Offizielle Termine hat sie abgesagt.