Urteil im Prozess des Jahres
Eis-Lady kommt nie wieder frei
22.11.2012
Estibaliz C. muss wegen zweifachen Mordes lebenslang hinter Gitter und in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher.
Es ging nur noch um das Ausmaß der Strafe für die mutmaßliche Doppelmörderin Estibaliz C., trotzdem herrschte Donnerstagabend knisternde Spannung im Großen Schwurgerichtssaal. Um 18.09 Uhr verkündete Richterin Susanne Lehr schließlich das Urteil – die Eis-Lady wird wegen zweifachen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt. Sie wird in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
„Esti“ machte bei der Urteilsverkündung
einen gefassten Eindruck – sie blickte nur starr ins Nichts und nahm das Urteil mit einem kurzen „Ja, ich habe verstanden“ zur Kenntnis. Sofort danach haben sie mehrere Justizwachebeamte abgeführt. Vorerst bleibt die Eis-Lady in der Justizanstalt Josefstadt
. Nach der Höchststrafe wurde sie sofort von der Gefängnis-Psychologin betreut.
Drama am letzten Verhandlungstag
Der letzte Verhandlungstag am Donnerstag begann verspätet: Um 9.05 Uhr erschien die Eis-Lady im Großen Schwurgerichtssaal. Kein Sitzplatz war frei. Mehr als 200 Medien-Leute und Prozessbeobachter waren da, viele mussten stehen. Die Angeklagte wirkte gefasst, hatte zum vierten Mal ihr graues Kleid an.
Als sie Platz nahm, legte sie sich ihre grüne Decke auf den Schoss. „Esti“ war optisch sichtlich gezeichnet von den vier Prozesstagen, laut ihren Star-Anwälten Werner Tomanek und Rudolf Mayer hatte sie kaum geschlafen. Zudem nahm sie während des Prozesses starke Medikamente zur Beruhigung.
Dann ging es ans Eingemachte: „Wo ist eigentlich Ihr Sohn?“, wollte Beisitz-Richter Andreas Hautz wissen. „Rolando ist in Barcelona bei meiner Mutter und meinem Vater“, sagte sie. „Ihr Vater soll, wie Sie ja sagten, ein Tyrann sein, haben Sie da gar kein schlechtes Gefühl dabei?“
Die Eis-Lady holte tief Luft, kämpfte mit Tränen, dann antwortete sie: „Mein Vater ist nicht mehr der gleiche Mann wie früher, er ist der liebevollste Opa.“
Um 11 Uhr folgte der Auftritt von Gerichts-Psychiaterin Heidi Kastner, die „Estis“ Innenleben noch mal genauestens erläuterte: „Sie wird wieder töten“, prophezeite Kastner und schwor die acht Laienrichter auf das bevorstehende Urteil ein.
Am frühen Nachmittag folgten die Schlussplädoyers. Zuerst war Staatsanwältin Petra Freh dran: „Die Angeklagte hat die Tat im Vorfeld geplant. Sie hat zwei Gesichter.“
Anschließend kam „Estis“ Verteidiger Rudolf Mayer zu Wort: „‚Esti‘ hat sehr wohl Gefühle gezeigt. Von eiskalt kann keine Rede sein.“
Als Schlusswort sagt „Esti“ mit tränenerstickter Stimme: „Es tut mir irrsinnig leid, dass ich Manfred und Holger ermordet habe.“
Das half ihr nichts – nach einer Stunde Beratung das niederschmetternde Urteil. Sie muss für immer hinter Gitter – weil sie ihre Ex-Männer Holger H. (43) und Manfred H. jeweils erschossen, zerstückelt und im Keller ihres Eissalons Schleckeria in Wien-Meidling einbetoniert hat. Das beschlossenen die Geschworenen einstimmig.
Video: Die Eis-Lady vor Gericht
M. Lassnig, J. Prüller, F. Godovits
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18:30 Uhr: An dieser Stelle beenden wir unsere Live-Berichterstattung. In Kürze folgt die komplette Zusammenfassung. Wir bedanken uns für Ihr Interesse.
18:25 Uhr: Kritik von Verteidiger Mayer
Nach Ansicht von Verteidiger Rudolf Mayer war die Power-Point-Präsentation des Gerichtsmediziners Johann Missliwetz entscheidend dafür, dass Estibaliz C. im Kellerleichen-Prozess in erster Instanz die Höchststrafe ausgefasst hat. Missliwetz hatte bei der Erörterung seines Gutachtens unter anderem die mit einer Motorsäge abgetrennten Köpfe von Holger Holz und Manfred Hinterberger, dem Ex-Mann und dem Lebensgefährten von Estibaliz C., in Großaufnahme auf eine Leinwand projiziert.
Eine Vorgangsweise, die Mayer nicht goutierte. "Es war nicht nötig, die Zerstückelung der Leichen so in den Vordergrund zu rücken, dass die Morde vom Nachtatverhalten überlagert worden sind", meinte der Anwalt im Gespräch. Diese Art der Zurschaustellung der sterblichen Überreste der Opfer habe "der sachlichen Aufklärung nicht geholfen, jedoch die negative Stimmung bei den Geschworenen gefördert
18:19 Uhr: Die Verurteilte wurde unmittelbar nach der Beratung mit ihren Anwälten aus dem Gerichtssaal gebracht. Die Psychologin der JVA Josefstadt wurde gerufen, um sie zu betreuen. Estibaliz C. bleibt bis zur Rechtskraft des Urteils in der Justizanstalt Josefstadt inhaftiert.
18:13 Uhr: Die Richterin fragt die Angeklagte, ob sie das Urteil verstanden hat. Sie antwortet mit leiser Stimme: "Ja." Sie hat noch kurz Gelegenheit mit ihrem Anwalt zu sprechen.
18:10 Uhr: Die Geschworenen verkünden ihre Entscheidung: Das Urteil fiel einstimmig: Esti wird wegen zweifachen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt. Anschließend muss sie in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher.
18:07 Uhr: Die Geschworenen nehmen ihre Plätze ein. Die Richterin nimmt Platz. Am Ende wird die Eis-Lady hereingeführt. Ein Blitzlichtgewitter folgt. Die Kameraleute werden des Saales verwiesen. Jetzt wird gleich das Urteil verlesen.
18:01 Uhr: Es geht gleich los!
Der Saal durfte wieder betreten werden. In Kürze folgt das Urteil. Die Anwälte von Estibaliz C. sind schon auf ihrem Platz. Kameraleute und Fotografen warten im Saal auf die Angeklagte.
17:17 Uhr: Die Geschworenen beraten jetzt das Urteil hinter verschlossenen Türen.
16:43 Uhr: Das Schlusswort der Eis-Lady - unter Tränen: "Kann nur sagen, dass es mir unglaublich leid tut, dass ich Holger und Manfred das Leben genommen habe."
Jetzt folgt die Beratung der Geschworenen. Die Zuschauer müssen Saal verlassen. Dieser wird versperrt. In Kürze kommt das Urteil +++ Wir berichten hier LIVE aus dem Gericht +++
16:42 Uhr: Der Verteidiger kommt zum Schluss:"Geben Sie ihr einen Funken Hoffnung" Und dann: "Dankeschön".
16:41 Uhr: Eis-Lady schaut die Geschworenen an
Der Verteidiger fährt fort: "Meine Mandantin hatte eine eingeschränkte Zurechnungsfähigkeit - und sie hat sich das nicht ausgesucht, dass sie diese Störung hat." Esti sitzt weiterhin ruhig, der Blick ist starr zu Boden gerichtet, die Hände sind ineinander verschränkt. Jetzt blickt sie bei den Ausführungen des Verteidigers die Geschworenen direkt an.
16:38 Uhr: Plädoyer des Verteidigers: "Sie hat das gemacht"
Mayer weiter: "Du bist 30 Jahre, Dein Busen is scho letschat - wenn ich so etwas sage, ist das deutlich mehr als "nicht charmant", wie die Staatsanwältin sagt! Wenn ich das zu meiner Frau sage, na dann..."
"Die beiden Hauptfragen sind ganz klar: Sie hat das gemacht." Die Morde an sich sind nicht grauenhaft, wie die Staatsanwaltschaft sagt - ich habe einmal einen Mord erlebt, wo das Opfer mit einer Kettensäge gefoltert wurde. Das ist grauenhaft."
"Im Strafgesetzbuch steht: Auf Mord steht BIS ZU lebenslang. Und da komme ich wieder auf die Blauensteiner-Morde zu sprechen. Da gibt es Unterschiede. Wenn jemand Auftragskiller ist, dann ist das ungeheuerlich...
16:34 Uhr: Anwalt Mayer: "Eis-Lady zeigte Reue"
"Sie sucht Partnerin auf Augenhöhe" sagte ein Zeuge aus. Dabei hat er sie persönlich gekränkt. Mayer resümiert: "Für die Angeklagte war es ein furchtbarer Wettlauf um Anerkennung." Dann wendet sich Mayer zu den Geschworenen: "Ich halte Sie nicht endlos auf, es ist schon spät." Das Geständnis von Esti sei definitiv "reuevoll" gewesen. Zudem war Esti unbescholten.
16:28 Uhr: Jetzt ist Verteidiger Mayer mit seinem Plädoyer an der Reihe: "Nicht eiskalt"
"Ich vergleiche den Prozess immer mit früheren Mord-Prozessen, die ich erlebt habe. Einer hat besondere Ähnlichkeiten - der Fall Blauensteiner." Und weiter: "Keine Reue" - der Eindruck von Mayer ist ein anderer. "Wenn man bei der Polizei nachliest, wie emotional sie dort spricht. Wenn sie so intelligent ist, hätte sie dort ganz andere Ausreden erfinden können. Aber nein, sie hat alles erzählt von Anfang bis Ende. Also: kaltblütig - oder eiskalt - davon kann keine Rede sein!"
16:25 Uhr: Eis-Lady lauscht dem Plädoyer der Staatsanwältin regungslos
Die Angeklagte sitzt ganz ruhig da während der Ausführungen der Staatsanwältin. Die Fersen hat die Eis-Lady aus den Schuhe gehoben, die grüne Decke liegt auf den Knien. Der Blick ist starr nach vorne zu Boden gerichtet. Die Staatsanwältin beendet ihr Plädoyer.
16:23 Uhr: Die Staatsanwältin fährt in ihrem Plädoyer fort:
Freh: "Was hat sie nach den Taten getan? Sie hat sich an ihren neuen Liebhaber Alex gekuschelt, hat sie ausgesagt, nachdem sie ihren Ex-Ehemann umgebracht hatte. Und was geschah nach dem Mord an Manfred Hinterberger? Sie suchte Geborgenheit bei ihrem jetzigen Ehemann Roland R. - Reue und Mitleid mit den Opfern empfand sie keine."
"Lassen Sie sich die Bilder von den Leichenteilen, die wir gestern gesehen haben, noch einmal durch den Kopf gehen, meine Damen und Herren Geschworenen." - "Die Angeklagte setzt ihre massiven Bedürfnisse über alles andere. Die Sachverständige hat uns das Bild einer brandgefährlichen Frau gezeichnet."
"Die idealtypische Lösung für die Angeklagte: Mehrere Probleme werden auf einmal gelöst. Ein Schuss war eine solche Lösung: Der missliebige Liebhaber aus dem Weg geräumt, keine finanziellen Verpflichtungen mehr."
"Die Angeklagte ist weiterhin gefährlich - unabhängig davon, dass sie momentan verheiratet ist, unabhängig davon, dass sie momentan ein Kind hat. Sie hat einmal gemordet, schreckliches erlebt - und sie hat daraus gelernt. Sie hat gelernt, wie man es beim zweiten Mal besser macht. Sie hat ihre Taten perfektioniert!"
16:16 Uhr: Staatsanwältin Freh kennt keine Gnade:
"Kein Funken Reue für die Opfer" sei bei Esti vorhanden gewesen, so Freh. "Die Angeklagte ist eine perfekte Lügnerin. Sie ist perfekt im Manipulieren anderer. Und sie tut das auch." Und weiter: "Meine Damen und Herren Geschworenen, ich bin überzeugt davon, dass sie sich nicht von der Angeklagten manipulieren lassen."
16:07 Uhr: Staatsanwältin: "Eis-Lady hat zwei Gesichter"
Freh formuliert: "Charmant war das Verhalten der Opfer nicht - doch psychische Misshandlung sieht anders aus." Und weiter: "Ich bin in der Staatsanwaltschaft in einer Sonderkommission für misshandelte Frauen - die sind nicht so intelligent wie die Angeklagte, doch sie schaffen es auch, einen Ausweg zu finden. Und nicht den, ihre Partner zu erschießen."
Zwei Gesichter
"Die Angeklagte hat, wie zu Beginn schon ausgeführt, zwei Gesichter. Zum einen lässt sie sich bei der Hare-Krishna-Sekte taufen, ist Mitglied - doch sie glaubt nicht daran. Wie der Zeuge Jungwirth sagt: Sie dreht sich mit dem Wind, will gefallen."
16:03 Uhr: Plädoyer der Staatsanwältin Petra Freh:
"Die Angeklagte hat die Tat im Vorfeld geplant. Sie hat den Beton gekauft, sie hat die Planen gekauft, und sie hat bei Manfred Hinterberger die Tatwaffe aus dem Keller geholt, um ihn damit zu erschießen."
"Was sie weiter tat, ist bekannt: Sie zerstückelte die Leichenteile, versteckte sie im Keller des Eissalons. Doch was ist ihre Rechtfertigung? Sie gibt an, beide Opfer geliebt zu haben. Sie soll psychisch misshandelt worden sein. Die Zeugen haben uns jedoch gesagt, dass es solche psychischen Misshandlungen nicht gab."
16:01 Uhr: Es geht weiter: Estibaliz C. wieder da, Fotos sind nicht mehr erlaubt. Richterin Lehr ist am Wort:
"Wenn man die Angeklagte hier so sitzen sieht, bekommt man den Eindruck, dass sie sich selber mehr leid tut als ihre Opfer. Fest steht aber, dass sie ihre Opfer kaltblütig von hinten mit mehreren Schüssen ermordet hat."
Hauptfrage 1 wird wie folgt formuliert (verkürzt):
- 1) Hat Esti ihren Ex-Ehemann Holger Holz umgebracht: Zusatz: War sie wegen einer Geisteskrankheit oder einer sonstigen psychischen Störung nicht fähig, das Unrecht ihrer Tat einzusehen?
- 2) Hat sie Manfred Hinterberger erschossen? Zusatz: War sie wegen einer Geisteskrankheit oder einer sonstigen psychischen Störung nicht fähig, das Unrecht ihrer Tat einzusehen?
15:42 Uhr: Der weitere Prozess-Verlauf heute bis zum Urteil:
Der Große Schwurgerichtssaal im Wiener Landesgericht füllt sich wieder. Der Prozess geht in Kürze weiter. Die Schluss-Plädoyers stehen dann. Im Anschluss erfolgt die Urteilsverküdung, nachdem sich die Geschworenen beraten haben.
14:50 Uhr: Jetzt doch große Mittagspause: Die Verhandlung wurde auf 15:50 Uhr vertagt. Dann folgen die Schluss-Plädoyers. Auch die Eis-Lady hat nochmals dann die Möglichkeit, ein Statement abzugeben. ++ Wir melden uns, sobald es weitergeht +++
14:46 Uhr: Es geht kurz weiter.
Zwei Hauptfragen müssen verhandelt werden:
- 1) Hat Esti ihren Ex-Ehemann Holger Holz getötet?
- 2) Hat Sie Manfred Hinterberger mit 4 Schüssen aus ihrer Beretta getötet?
Kurzer Formalakt: Die Richter ziehen sich zurück und beraten, ob die Fragestellungen berechtigt sind.
14:30 Uhr: Kurze Pause im Gericht +++ Wir melden uns wieder, sobald es weitergeht +++
14:15 Uhr: Franz M.´s Zeugenaussage wird nun verlesen
Bei ihm kaufte Esti den Beton, in dem sie die Leichenteile einbetonierte. Er empfahl ihr Schnell-Estrich. Die Eis-Lady fragte ihn auch, wie man ihn richtig anrührte, was er ihr beschrieb. Es wurde ein Liefertermin vereinbart, die Transportkosten vor Ort bezahlt.
Die Eis-Lady kaufte auch ein Beton-Dichtmittel, das besonders luftdicht sein sollte. Später rief sie noch einmal an, um weitere 12 Schnell-Estriche zu bestellen, die aber nie geliefert wurden. Sie buchte unter "Maria Gonzalez".
Zeugenaussage des Lieferanten: "Die Frau schrie mich an, warum ich so spät liefere, sie warte schon auf mich. Sie trug die 25-Kilo-Säcke mit einer ungewöhnlichen Leichtigkeit über den Hintereingang hinein."
13:53 Uhr: Zeugenaussage der Schwester des Mordopfers Hinterberger
Sie erzählt von einem Besuch bei ihr in Oberösterreich, bei dem er ihr von einem Vertrag mit Rückzahlungsmodalitäten zwischen Esti und Manfred erzählte. Ob es so einen Vertrag gab, weiß sie nicht. Es soll um ca. 150.000 Euro gegangen sein.
Kleines Detail am Rande: Die grüne Decke hat die Eis-Lady jetzt über ihre Schuhe nach vorn rutschen laasen. Diese hat sogar ein kleines Fach, in dem sie Taschentücher aufbewahrt.
13:51 Uhr: "Holger Holz hatte Marien-Erscheinungen"
Holgers Ex, Corinna Klär, hatte den Eindruck, er sei "schizophren" gewesen: "Er hat alles Mögliche gemacht, war auch bei der Hare-Krishna-Sekte. Er hatte so einen irren Blick manchmal, sagte, er sei "erleuchtet" worden oder dass er Marien-Erscheinungen habe."
13:44 Uhr: Jetzt wird die Zeugenaussage von Corinna Klär vorgelesen. Sie war in den 90er Jahren mit Mordopfer 1, Holger Holz, liiert.
"Was war Holger für ein Typ?" wurde Klär gefragt. Ihre Antwort:- "Er war ein jähzorniger Charakter. Es war im Trennungsfall dann auch so, dass ich mich in meinem Zimmer eingeschlossen hatte, weil ich Angst hatte, dass er mit einem Messer auf mich losgehen würde." Auf sie losgegangen sei er jedoch nie. Es habe jedoch psychischen Druck gegeben.
Dass Holz aus dem Eis-Salon aussteigen wollte, habe Klär von ihrem gemeinsamen Freund Martin Westendorf erfahren, der ja Trauzeuge bei Holger und Esti war.
13:40 Uhr: Nächste Zeugenaussage wird verlesen
Es wird jetzt eine Zeugenaussage einer gemeinsamen Freundin von Estibaliz C. und ihrem Bruder Aitor in Spanien vorgelesen. Darin wird beschreiben, wie die Eis-Lady psychisch belastet gewirkt habe bei einem früheren Besuch in Spanien.
13:35 Uhr: Bruder half der Eis-Lady
Auch die Aussage des Bruders der Angeklagten wird verlesen. Er transportierte die 15 bis 20 Kilogramm schweren Behälter im Eis-Salon, in denen die Leichen eingefroren waren.
13:17 Uhr: Aussage des italienischen Polizisten wird verlesen
Richterin Lehr verliest nun die Zeugenaussage des italienischen Polizisten Iacuzzo, der die Eis-Lady in Udine vernahm, vor. Sie gestand ihm beide Morde und beschrieb exakt, wie sie dabei vorging.
13:07 Uhr: Psychiaterin Kastner beendet ihren Vortrag
Verteidiger Mayer fragt zur nochmals zur Selbstreflexionsfähigkeit von Esti nach. "Dass man sich selbst nicht als sonderlich gestört ansieh, das kommt selbst bei schweren psychischen Störungen vor."
Kastner ist nun mit ihrem Gutachten zu Ende - jetzt werden die Aussagen jener Zeugen verlesen, die nicht vor Gericht erschienen sind.
13:04 Uhr: Der Verteidiger fragt nach dem Narzissmus von der Eis-Lady:
"Jemand, der nicht sehen kann, welchen Wert er selbst hat, überkompensiert das, indem er unglaubliche Ansprüche an andere stellt", so Kastner. Und weiter: "Kränkungen werden von narzisstischen Menschen für gewöhnlich schlecht verarbeitet."
13:02 Uhr: Eis-Lady total nervös
Esti wird jetzt wieder nervöser, nimmt die Büßerhaltung mit weit nach vorne gelehntem Oberkörper ein. Die Psychiaterin führt weiter aus: "Ganz frei ist man als Mensch ja nie. Es gibt immer bestimmte Zwänge. Es ist nur die Frage, wie man sich mit diesen Zwängen verhält." Die Richterin fragt nach, warum sie sich für den 2. Mord keine einfachere Möglichkeit gesucht hat. "Einen Hinweis auf eine Perversion habe ich nicht finden können", so Kastner. "Sie hat das beim 2. Mal durchaus effizienter gelöst, indem sie aus dem 1. Mal gelernt hat. Sowohl bei den Schüssen selbst wie auch beim Zerteilen." Und weiter: "Sie hat sich geschützt vor einem Sprühregen an organischem Material, damit sie nicht so viel putzen muss".
Staatsanwältin Freh fragt nach dem jetzigen Ehemann und dass Esti ja in einer stabilen Beziehung sei. "Die Haltbarkeit von Ehen ist heute gering, und aus der Erfahrung bei Frau C. kann man nicht davon ausgehen, dass die Ehe hält," erläutert Kastner.
12:55 Uhr: Eis-Lady sackt in sich zusammen
Kastner stellt fest: "Frau Estibaliz C. bekam ihr Kind deshalb nach der Geburt nicht, weil ihr die Selbstreflexion fehlte!"
Die Angeklagte ist bei diesen Aussagen der Psychiaterin total in sich zusammengesunken.
"Das völlig fehlende Einfühlungsvermögen in andere wird ersetzt durch ein anderes Surrogat - die Sentimentalität. Überlegen sie einmal, wie oft sie in den vergangenen Tagen das Wort "Liebe" gesagt hat.", wendet sich die Psychiaterin nun an die Geschworenen.
12:45 Uhr: Psychiaterin Kastner warnt weiter vor ihr:
"Sie kann nicht garantieren, dass sie es nicht wieder tun würde", so Kastner. "Ihr ist klar, wie das bei ihr abläuft, aber sie weiß nicht, wie sie es ändern würde."
Kastner führt dann aus: "MAN stülpt mir ein Plastiksackerl über - sie empfindet das so, aber das kommt nicht von außen, sondern von ihr selbst. Sie selbst hat sich in diese Lage hineinmanövriert. Sie übernimmt keine Verantwortung." Und füht hinzu: "Frau Estibaliz C. ist nicht therapiefähig. Dazu fhelt ihr die nötige Selbstreflexion".
12:36 Uhr: Gutachten: Eis-Lady wird zu 31 Prozent wieder töten
Die Psychiaterin Adelheid Kastner führt aus: "Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Mörder noch einmal tötet, liegt bei 0 bis 6%. Frau Estibaliz C. hat aus den 6% 100% gemacht, indem sie den zweiten Mord begangen hat." Ihre statistische Wahrscheinlichkeit, einen weiteren Mord zu begehen, liegt bei Esti "bei 31%", so Kastner. "Esti kann nur sehr schwer aus ihren Mechanismen ausbrechen.
Esti hört zu, wippte mit dem Oberkörpter wie ein kleines Kind, der Kopf bewegt sich vor und zurück.
Die Richterin fragt zu der Wahrscheinlichkeits-Prognose genauer nach. "Die Krux ist, dass die Statistik nicht auf Mehrfachtötungen und auf Frauen ausgelegt ist", so Kastner. Ihre Schlussfolgerung: "Man müsste die 31% in den nächsten 10 Jahren wahrscheinlich sogar nach oben revidieren."
Und weiter: "Früher oder später würde die Frau Estibaliz C. jemanden finden, der gefallen an ihr findet und ihr diese Anerkennung wieder gibt." Dann würden die selben Mechanismen wieder zum Tragen kommen. Der Lerneffekt aus der 1. Tötung war die 2. Tötung und nicht ihre Verhinderung.
12:30 Uhr: Psychiaterin warnt vor der Gefährlichkeit der Angeklagten
"Die Wut ist etwas eigenes, die Welle ist etwas Fremdes" - die "Welle", die die Eis-Lady ergriff, habe gezeigt, dass sie sich ihre eigenen Wut-Anteile nicht eingestanden. "Dass sie sich das eingestanden hat, diesen Eindruck habe ich bis heute nicht bekommen." "Ja, es liegt eine Persönlichkeitsstörung mit Narzissmus vor."
Psychiaterin Kastner weiter:
"Eine weitere Tatbedrohung liegt nahe. Ihre Mechanismen sind weiter vorhanden - und ihre weiteren Mechanismen sind ebenfalls vorhanden. Ihr Lerneffekt aus der ersten Tat war NICHT, es zu unterlassen und dagegen zu handeln. Es ist nur der Lerneffekt eingetreten, wie man eine solche Tat effizienter durchführt. Und dass es unangenehm ist, hier zu sitzen."
12:32 Uhr: Psychiaterin: "Sie missbrauchte auch ihren Bruder für ihre Zwecke"
"Für andere ist Frau C. nicht gefährlich - nur für ihre zentralen Beziehungen, wo es um die Erfüllung ihrer Wünsche geht." Man kann Bedürfnisse haben, so viel man will. "Massive Störung in der Beziehung zur Welt. Sich selbst als SO absolut über alle anderen stellen - das macht den Unterschied aus zwischen depressivem Verkümmern und aggressivem Handeln. Das ist der Narzissmus." - "Zu dem aggressiven Verhalten gehört auch das Manipulative. Sie hat kein Problem damit gesehen, den aus Spanien angereisten Bruder zum Transport der Tiefkühltruhe zu missbrauchen."
Der Angeklagten fehle das Mitgefühl
Esti fehle die Empathie, das "Einfühlen in andere Menschen". Dieser Narzissmus - "da ist die eigentliche Problematik", so Kastner. Die Abhängigkeits-Problematik ist das, was ihr Leben problematisch macht. Das Bedürfnis nach narzisstischer Erfüllung bringt das Leben anderer in Gefahr.
12:20 Uhr: Psychiaterin Kastner: "Esti lernte nicht."
"Wenn wir uns falsch verhalten, lernen wir, Konsequenzen zu ziehen in künftig ähnlichen Situationen. Frau Estibaliz C. hat gelernt, wie sie bei der zweiten Tat besser reinigt, sich besser vorbereitet." Und weiter: "Wenn sie sagt, dass die Vorbereitungshandlungen für sie ein Schutz waren, sie nicht durchzuführen, mag für sie so sein. Doch Vorbereitungshandlungen sind genau das: Vorbereitungen. Kaum einer bereitet einen Geburtstag vor, um nicht Geburtstag zu feiern", stellt die Psychiaterin plastisch dar...
So reagiert die Angeklagte auf das Psycho-Gutachten:
Die Eis-Lady hat jetzt das rechte Bein über das linke überkreuzt, sich auf der Bank ganz nach hinten gelehnt, kauert zwischen den beiden Justizwachebeamtinnen.
12:05 Uhr: Kurzer Alarm im Gericht
Von draußen ist ein Alarm im Gerichtssaal zu hören - Kastner hält kurz inne, ein Beamter verlässt aufgeregt den Saal. Beim Öffnen der Tür wird der Alarm lauter. Die Eis-Lady bleibt von dem Alarm völlig unbeeindruckt, starrt vor sich hin, wippt nach vorne. Richterin Lehr ignoriert den Alarm nicht ganz - jetzt ist er wieder aus.
(c) APA, Psychiaterin Kastner und Anwalt Mayer
12:01 Uhr: Psychiaterin nun in ihrem Element: Sie nimmt die Eis-Lady auseinander, und zwar:
- ... über ihre Brutalität
"Sie kennen das: Wenn man sich etwas vornimmt und es dann tut, dann denkt man sich dann im Nachhinein: "Ha! Dass ich mich das getraut habe!" Auf einem anderen Level kann man sich auch die Tötung von Herrn Holz vorstellen."
- ... über ihre Intelligenz:
"Die Intelligenz von Frau C. steht dazu nicht im Widerspruch. Sie ist nicht jemand, der Schritt für Schritt plant. Ihr Ziel visiert sie aber an. Das kann sie sich leisten, weil sie intelligent ist, weil sie weiß, dass sie eine Lösung finden wird."
- .... über das Zerstückeln der Leichen:
"Es gibt kaum etwas Grauenhafteres als eine Leiche, die mehrere Tage in einer nicht gekühlten Umgebung liegt. Der Leichnam beginnt, sich zu zersetzen. Es kommt in nicht hermetisch abgeriegelten Räumen zu Fliegen- und Madenbefall. Austritt von Verwesungsflüssigkeit. Unvorstellbarem Verwesungsgeruch. Das hat Frau C. nicht vorausgeplant."
- .... über ihre Ausreden:
"Es ist erstaunlich, wie schnell Frau C. kognitiv-rational auf entstehende Probleme reagieren kann! Sie sitzt da mit der Leiche ihres Mannes, es klopft - und sie hat die geistige Präsenz, hier sofort eine Ausrede zu finden." - "Die verliert nicht den Kopf! Die verliert sich in ihren Emotionen - aber nicht in ihrem Kopf..
... wie sie die Partner missbrauchte:
"Die Angeklagte missbrauchte ihre Partner aus ihrer Bedürftigkeit heraus - diese Form von Missbrauch sei ihr jedoch "bis heute unverständlich".
11:52 Uhr: Psychiaterin weiter: "Eis-Lady spielte alle Möglichkeiten durch, Ex-Mann los zu werden"
"Es hätte die Möglichkeit gegeben zu sagen: "Schleich Dich" zu Holger Holz, der im Eissalon blieb nach der Scheidung. Es hätte die Möglichkeit gegeben, Suizid zu begehen. Es hätte auch die Möglichkeit gegeben, depressiv zu werden. Und es hätte die Möglichkeit gegeben, Holz zu eliminieren." Esti spielte die Möglichkeiten durch - und hatte laut Kastner "zu jeder Zeit die Möglichkeit, das eigene Hingehen zur Tat zu stoppen. Es gibt Psychiater, die man aufsuchen kann, wenn man Mordfantasien hat. Es gibt viele Möglichkeiten, das zu verhindern."
11:41 Uhr: Eis-Lady hört gespannt der Psychiaterin zu
Für Esti war eine normale Los-Lösung aus einer Partnerschaft aus ihrer Erziehung her ein Weg, der sie große Überwindung gekostet hätte.
"Groß, mit Beschützerqualitäten, jemand zum Anlehnen - jemand, der sie stabilisieren konnte", so beschreibt Kastner Estis Ex-Ehemann Holger Holz. "Doch die Rechnung geht nicht auf - der ist nicht so, wie sie sich das vorstellte."
"Esti braucht pausenlos Bestätigung - das kann nicht genug sein, das kann nicht oft genug sein. Wenn das nicht kommt, ist ja die Gefahr da, dass die Liebe dahinschwindet." So beschreibt Kastner das Erleben Estis ihrer 1. Ehe.
Esti lauscht den Ausführungen mit Spannung, schaut mal zu Boden, mal auf die Psychiaterin.
11:35 Uhr: Top-Psychiaterin weiter: "Depressiver Rückzug"
"Ein Kind kann zwar gehen, es wird aber immer ein Kind bleiben. Ein Kind wäre die ideale Lösung gewesen für diese hohle Leere - die sicherlich oft sehr schmerzvoll war -, die sie in sich fühlte. Die Partner waren offensichtlich austauschbar, was blieb, war der Kinderwunsch."
"Ich liefere - Du gibst" - so sollten Estis Beziehungen ablaufen. Sie wollte gefallen, ein Kind - dafür kam sie schon ihrem ersten Lover in Barcelona "sexuell in seinen Wünschen sehr entgegen", so Kastner. Doch er gab nicht.
"Für viele war das die ideale Lösung: Eine attraktive Frau, die das gemacht hat, was sie wollten. Die Partner wollten sie nicht freigeben, obwohl sie nicht das bekam, was sie wollte." - "Sie mit ihrer enormen Bedürftigkeit, Anerkennung zu bekommen, war in einer Patt-Stellung. Sie konnte nicht selbst raus aus diesen Partnerschaften, der Mann wollte sie nicht gehen lassen. Was bleibt, ist eine Lösung von Außen - oder ein depressiver Rückzug." Hier wendet sich Kastner direkt an die Geschworenen: "Sie kennen das vielleicht aus ihrem Bekanntenkreis, wo die Menschen immer "weniger" werden, sich immer mehr zurückziehen."
11:27 Uhr: Kastner zu Motto der Eis-Lady: "Liebe gegen Kochen, Waschen, Putzen"
"Es ist fast unglaublich, in wie viele defizitäre Partnerschaften die Frau C. geraten ist!", so Kastner. "Wenn man nur von der eigenen Bedürftigkeit getrieben ist und dem Bild, das man auf den anderen projiziert, bedingungslos vertraut, kann das nicht funktionieren." Was Esti erwartete? "Bedingungslose Akzeptanz - für ihre bedingungslose Unterwerfung." Und weiter: "Eine Beziehung, die diese Bezeichnung aber verdient, besteht aus mehr als einem reinen Gegengeschäft - Liebe gegen Kochen, Waschen, Putzen."
11:23 Uhr: Top-Psychiaterin Kastner fährt im Gutachten fort:
"Die Kinder in Estibaliz C.'s Familie durften nicht kindgerecht aufwachsen. Es gab in diesem Milieu "keine Möglichkeit, sich akzeptiert, angenommen, geliebt zu fühlen". Es habe primär "destruktive Regeln" in der Familie gegeben. Man musste still sein, es gab nichts, um die Bestätigung des Vaters zu bekommen."
Estis Vater ging fremd
"Ein Lerneffekt aus der Kindheit war es, dass akzeptierte Weiblichkeit sich nur über Schönheit definierte." Ihr Vater ging ständig fremd - die Mutter sei schuld gewesen, weil diese nicht schön genug war. "Sie hat gelernt: Wenn man schön genug ist, dann kann man einen Mann halten. Sie hat auch gelernt: Man muss sich als Frau beugen, um den Selbstwert zu bekommen. Ansonsten fühlt man sich wertlos, bekommt die Bestätigung des "Vaters" nicht."
11:17 Uhr: Estis Vater war ein Inzest-Kind
"Wir alle sind Bedürfnis-befriedigende Wesen und suchen danach. Was hat Frau C. gelernt, um diese Bedürfnisse zu befriedigen? Schauen wir uns das mal an: Der Vater der Angeklagten war ein Inzest-Kind von Cousin und Cousine - ein "Kind der Schande" also, wie Psychiaterin Kastner ausführt.
Auch die Mutter von Esti verlor den Vater früh, sodass die Großmutter von Esti die Kinder mit Hilfsarbeiten durchbringen musste. "Auch hier eine klare männliche Dominanz in der Biografie", so Kastner. Die Psychiaterin führt jedoch an, dass sie NIE mit den ELTERN gesprochen hat, diese Ausführungen stammen von Esti! Also ohne Gewähr, doch die Geschichten seien "stimmig".
11:13 Uhr: Es ist still im Saal: Alle hören der Psychiaterin zu
Zum Bersten voll ist jetzt der Große Schwurgerichtssaal. Alle