Sieben Jahre Haft

Teen gesteht Angriff auf Prostituierte

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Der Bub bestellte Opfer in die elterliche Wohnung und stach auf sie ein.

Ein 16-jähriger Bursch ist  am Mittwoch im Wiener Straflandesgericht wegen  versuchten Mordes an einer Prostituierten zu sieben Jahren Haft verurteilt worden.
Der Jugendliche hatte am 18. September 2010 über eine Zeitungsannonce ein Callgirl in die Wohnung seiner Mutter in Wien-Favoriten bestellt, nachdem diese mit seinem jüngeren Halbbruder auf das Land gefahren war. Als die Frau - eine 25 Jahre alte, aus Rumänien stammende Frau, die ihren ersten Arbeitstag bei der Agentur absolvierte - eintraf, lockte der Bursch sie in den Keller, wo er sie zunächst mit einer Schneeschaufel zu Boden schlug.

22 Stiche
Danach zerrte er die benommene Frau durchs Stiegenhaus zurück in die Wohnung. Aus der Küche holte er dann ein Messer mit einer Klingenlänge von 14,5 Zentimeter. Obwohl sich das am Boden liegende Opfer bekreuzigte, die Hände faltete und "Please not! Please not!" flehte, stach ihr der damals noch 15-Jährige die Klinge 22 Mal in Brust, Hals und Bauch. Danach wollte er der Frau den Hals durchschneiden, was die 25-Jährige mit - wie tiefe Schnittwunden an den Armen und Händen belegten - heftigen Abwehrbewegungen verhindern konnte.

Totgestellt
Der Bursch ließ von der Frau erst ab, als sie sich tot stellte. Er stülpte ihr einen befüllten Müllsack über den Kopf und wollte die vermeintliche Leiche aus dem Fenster in den Innenhof kippen. Das klappte nur deshalb nicht, weil eine Nachbarin aus dem Fenster sah, wie Staatsanwältin Juliane Schüller erklärte. Also wickelte der Schüler, der einen Polytechnischen Lehrgang besuchte und im Anschluss auf der Polizeiakademie Aufnahme finden wollte, um später bei der Sonder-Einheit "Cobra" zu landen, sie in einen Teppich.

Täter psychisch krank
Bei der Strafbemessung waren das Geständnis, die bisherige Unbescholtenheit, die psychische Krankheit und die "ungünstige Erziehungssituation" mildernd. Erschwerend wertete das Gericht demgegenüber "die für das Opfer qualvolle Begehung". Die 25 Jahre alte Frau bekam 4.000 Euro zugesprochen, außerdem haftet der Jugendliche für allfällige zukünftige gesundheitliche Folgen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Während der 16-Jährige die Strafe akzeptierte, gab die Staatsanwältin vorerst keine Erklärung ab.

Hass auf Prostituierte
Der 16-Jährige - ein groß gewachsener, kräftiger und nicht mehr kindlich wirkender Bursch - erklärte zu Beginn seiner Einvernahme, er bekenne sich schuldig. Die Frage nach dem Motiv blieb unbeantwortet. Als die Prostituierte eintraf, die er ursprünglich "nur beschimpfen und wegschicken" habe wollen, "hab' ich auf einmal meinen Vater vor mir gesehen. Dann hab' ich das Messer genommen und zugestochen. Warum, das weiß ich jetzt nicht".

Unmittelbar nach seiner Festnahme hatte der Jugendliche erklärt, er habe einen "Hass" auf seinen Vater und alle Prostituierte, weil die Ehe seiner Eltern gescheitert sei, nachdem der Vater regelmäßig Sex-Hotlines in Anspruch genommen und monatliche Telefonrechnungen von 600 bis 700 Euro angehäuft hatte. Er habe schon länger "Rachegefühle" gegen Prostituierte gehabt und diese umsetzen wollen, als er allein in der Wohnung war, so der Schüler gegenüber der Polizei.

Hausarzt schickte ihn zum Psychiater

Der Mutter dürften die Aggressionen ihres Sohnes nicht verborgen geblieben sein. Sie hatte ihn wenige Monate vor der Bluttat zum Hausarzt geschickt, der ihm ein Medikament gegen sein aggressives Verhalten verschrieb und zur Ausübung eines Kampfsports riet. Der Bursch begann mit Taekwondo. Da dies offenbar nicht viel nützte, verwies ihn der Hausarzt bei einem weiteren Besuch an einen Psychiater.

Gerichtspsychiaterin Gabriele Wörgötter konnte bei dem Angeklagten nun eine "erhebliche Fehlentwicklung auf sozialer und psychisch-emotionaler Ebene" feststellen. Diesem sei "ein recht oberflächliches Interesse an anderen Menschen" und mangelndes Empathie-Vermögen eigen, hieß es in ihrem Gutachten. Was die inkriminierte Tat betrifft, habe ihr der 16-Jährige diese "völlig emotionslos geschildert" und einen "Mangel an Gewissensbissen und Reue" gezeigt.

Gutachter für Einweisung
Wörgötter ortete eine "schwerwiegende und tiefgreifende Bewusstseinsstörung" und empfahl, den Burschen im Fall eines Schuldspruchs zusätzlich in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher einzuweisen, da laut Sachverständiger ohne entsprechende Therapie von ihm die neuerliche Begehung von Straftaten mit schweren Folgen zu erwarten ist. In einer solchen Anstalt könnte der 16-Jährige nach Verbüßung seiner Haftstrafe - gemäß den Bestimmungen des Jugendstrafrechts drohen ihm für versuchten Mord bis zu zehn Jahre Haft - unbefristet und so lange weiter angehalten werden, bis er von Gutachtern als nicht mehr gefährlich eingestuft wird.

"Die Unterbringung ist sicher gerechtfertigt und richtig. Er ist damit auch einverstanden", meinte Verteidiger Wolfgang Haas. Es handle sich "um eine grausame Tat, das muss man schon zugeben". Diese sei aber mit dem bisherigen Lebenslauf seines Mandanten, der als Musterschüler galt und von seinem Umfeld als "nett" beschrieben wurde, nicht in Einklang zu bringen. "Die Pubertät macht aus lieben Kindern seltsame Jugendliche", gab der Anwalt zu bedenken.

Opfer bis heute traumatisiert
Die 25-Jährige Frau, die nur wenige Tage vor dem lebensgefährlichen Angriff nach Österreich gekommen war, um über Vermittlung einer Bekannten in Wien als Callgirl zu arbeiten, schilderte im Zeugenstand, der Bursch habe beim Einstechen "Gefällt dir das? Ist gut? Ist gut?" geschrien. "Irgendwie hab' ich gedacht, dass er unter Einfluss von Getränken oder verrückt ist", gab die Frau zu Protokoll.

Der Angeklagte sei "sehr aufgebracht" gewesen, habe auch mit Füßen gegen ihren Kopf getreten, so dass sie zwischendurch das Bewusstsein verlor. Als er ihr den Müllsack über den Kopf zog, "hab' ich keine Luft mehr bekommen. Ich hab' versucht, so zu tun, als wär' ich tot."

Nachdem die von einer Nachbarin verständigten Polizei- und Rettungskräfte am Tatort eingelangt waren, wurde das Opfer mit einem Notarzthubschrauber ins Wiener AKH geflogen. Dort wurde die Frau einen Monat lang stationär behandelt und mehrfach operiert. Danach kehrte sie in ihre rumänische Heimat zurück, wo sie weitere zwei Monate in einem Spital verbrachte. An den Folgen der Attacke leidet die junge Frau, die sich ausschließlich zwecks ihrer Zeugenaussage noch einmal auf den Weg nach Wien gemacht hatte, bis heute: Ihre linke Gesichtshälfte ist gelähmt, schwere und traumatische Angstzustände machen ihr zu schaffen.
 

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