Geständnis widerrufen
Prozess um Brandstiftung vertagt
05.09.2012
Der 15-Jährige will von der Polizei unter Druck gesetzt worden sein.
Kein Urteil gab es am Mittwoch im Prozess um das am 6. März im Wiener Neustädter Dom gelegte Feuer. Der angeklagte "Zündler", ein 15-jähriger Bursch, widerrief nämlich sein Geständnis: "Das habe ich mir alles nur ausgedacht." Die Schöffenverhandlung wurde zur Befragung weiterer Zeugen auf unbestimmte Zeit vertagt.
Der "Gesinnungswandel" des Angeklagten kam überraschend. Denn zuletzt hatte der 15-Jährige vor der Polizei die Brandstiftung zugegeben: Er habe ein brennendes Benzinfeuerzeug - eines, dessen Flamme erst ausgeht, wenn man die Verschlussklappe zumacht - in die Ecke eines Seitenschiffes des Domes geworfen und sei davongerannt. "Ich hab den Dom nicht anzünden wollen. Ich bin einfach achtlos und gedankenlos mit dem Feuerzeug umgegangen", sagte der Jugendliche damals. Sogar beim Dompfarrer hat er sich entschuldigt.
Vor dem Wiener Neustädter Richter Kurt Weisgram jedoch wollte der 15-Jährige davon nichts mehr wissen. Er sei bei der Vernehmung durch die Polizei "unter Druck gestanden" und nervös gewesen, habe "Angst bekommen". Ein Polizist im Zeugenstand jedoch sagte aus: "Er hat nicht so sehr vor der Polizei oder vor dem Gericht Angst gehabt. Der einzige, vor dem er wirklich Angst hat, ist sein Vater."
"Ein großes Glück, dass nicht mehr passiert ist", sagte der Einsatzleiter der Feuerwehr, die am 6. März um exakt 18.07 Uhr zu dem Feuer im Dom gerufen worden war. 109 Mann mit zum Teil schwerem Atemschutz waren bis nach Mitternacht im Einsatz. Um 0.26 Uhr gab es "Brand aus".
Eine Million Euro Schaden
Der angerichtete Sachschaden beträgt eine Million Euro. "Die Taufkapelle ist vollkommen ausgebrannt. Viel größer ist aber der Schaden, der durch Russ und Rauch im Dom entstanden ist. Er musste innen eingerüstet und neu ausgemalt werden. Alle Holz- und Steinsachen wurden von Restauratoren gereinigt. Kommendes Wochenende werden wir die Kirche das erste Mal wieder benützen", erklärte der Dompropst im Zeugenstand. Die Orgel wird erst zu Allerheiligen wieder erklingen, so lange dauern noch die Reparaturarbeiten.
Auf die Spur des 15-Jährigen war die Polizei eher zufällig gekommen. Als zwei Wochen nach dem Dombrand auch ein Feuer in der WC-Anlage am Städtischen Friedhof ausbrach, wurde der Bursch einvernommen, weil er sich mit Freunden oft in der Nähe aufgehalten hatte. Auch mit diesem zweiten Feuer will der Angeklagte nichts zu tun haben.