Unzulässige Tatprovokation?

Prozess um "Mister Speed" in Wien

12.10.2016

Angeklagter laut Ehefrau von verdecktem Ermittler "psychisch gefoltert" worden.

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© Getty Images (Symbolbild)
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Mit Zeugenaussagen ist am Mittwoch im Landesgericht der Prozess gegen einen Mann fortgesetzt worden, der laut Anklage am 11. Dezember 2015 in Wien 37 Kilogramm Speed verkaufen wollte. Bei der geplanten Übergabe in seiner Wohnung in Wien-Landstraße wurden der 46-Jährige und zwei mutmaßliche Komplizen festgenommen. In der Verhandlung steht der Verdacht einer "unzulässigen Tatprovokation" im Raum.

Der angebliche Käufer, der für das Suchtgift 81.400 Euro bezahlen sollte, war in Wahrheit ein verdeckter Ermittler der Polizei. Der 46-Jährige behauptet, er wäre von diesem auf eine Art und Weise zur inkriminierten Tat provoziert worden, die der Oberste Gerichtshof (OGH) vor wenigen Wochen ausdrücklich untersagt hat. In der Suchtgift-Szene operierende Polizei-Ermittler dürfen bestimmte Grenzen nicht mehr überschreiten. "Unzulässige Tatprovokation liegt dann vor, wenn eine Person durch dem Staat zurechenbares Verhalten zur Begehung von strafbaren Handlungen in einer dem Grundsatz des fairen Verfahrens widerstreitenden Weise verleitet wird", heißt es in dem OGH-Beschluss. Verdeckte Ermittler haben sich laut OGH "auf eine im Wesentlichen passive Ermittlung strafbarer Aktivitäten zu beschränken". Ihnen ist untersagt, "einen solchen Einfluss auf die Person auszuüben, dass diese zur Begehung einer Tat verleitet wird, die sie sonst nicht begangen hätte."

Können die Strafverfolgungsbehörden fallbezogen nicht nachweisen, dass die neuen Spielregeln eingehalten wurden, wäre von der strafrechtlichen Verfolgung abzusehen. Genau das wäre ihm widerfahren, machen der 46-Jährige und sein Verteidiger Mirsad Musliu (Kanzlei Nikolaus Rast) geltend. "Drogengeschäfte mache ich nicht. Ich hasse Leute, die Drogen verkaufen. Ich habe vier kleine Kinder", hatte der 46-Jährige dem Schöffensenat (Vorsitz: Claudia Bandion-Ortner) beim Prozessauftakt Anfang September erklärt.

Angeklagter stellte sich als "Mister Speed" vor

Das "Saubermann-Image", das der Mann von sich zeichnete, bekam in der heutigen Verhandlung allerdings Flecken ab. Ein Kriminalist erklärte im Zeugenstand, die deutschen Behörden hätten in der Vergangenheit gegen diesen wegen Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz ermittelt. Dem verdeckten Ermittler soll sich der 46-Jährige wiederum als "Mister Speed" vorgestellt haben.

Die Ehefrau des 46-Jährigen betonte dagegen als Zeugin, ihr Mann wäre vom Ermittler mit permanenten Anrufen - über 900 sind aktenkundig - und von Angesicht zu Angesicht unter Druck gesetzt worden: "Mein Ehemann hat sich im Frühjahr 2015 stark verändert. Er wurde nervös, kam mit blauen Flecken nach Hause." Der Ermittler sei ihm nicht nur körperlich zu nahe gekommen. Er habe ihn auch "psychisch gefoltert". Fazit der Ehefrau: "Mein Mann hatte Angst um sein Leben und dass uns etwas zustoßen könnte." Daher habe er sie aus Sicherheitsgründen nach Serbien bringen lassen.

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