Stecken Spekulanten hinter der wohl unglaublichsten Räumung der Stadtgeschichte?
Die „PizzeriaAnarchia“ in der Mühlfelggasse in Wien-Leopoldstadt ist geräumt. Ungarische Bauarbeiter haben Schutt und Müll aus dem Gebäude getragen, ein privater Sicherheitsdienst bewacht das Haus. Die heftige Diskussion um den umstrittenen Polizeieinsatz reißt aber nicht aber. 1700 Polizisten marschierten auf, um letztlich 19 Punks kurzfristig festzunehmen - 15 Männer und vier Frauen. Rund ein Dutzend Punks, die vor dem Haus, zwischen die Fronten gerieten, wurden angezeigt. Eine Million kostete der Einsatz. Wer zahlt, ist noch unklar. Ganz ÖSTERREICH fragt sich seither, wer sind die Punks, die diesen Polizeieinsatz auslösten?
Video: Wer zahlt die Hausräumung?
Wir trafen Marcus Grimas, 33, ein arbeitsloser Computerprogrammierer. Er kennt die Kerngruppe der Punks, organisierte für sie einen Flashmob (Pizzamob). Als die Polizei anrückte, war er nicht im Haus, sondern stand davor. Dennoch ist er der einzige, der bei dem Einsatz wirklich verletzt wurde: Bruch der Kniescheibe.
ÖSTERREICH: Was ist passiert?
Marcus Grimas: „Als die Polizei einige von uns wegtragen hat, sind auch wir wüst von Anrainern beschimpft worden. Ein Wort hat das andere ergeben, schließlich bin ich auf dem Asphalt gelandet. Mit dem rechten Knie voran. Es war nicht die Polizei, sondern ein Bodybuildertyp. Die Polizei hat ihn sogar festgenommen. Im Krankenhaus ist ein Bruch der Kniescheibe festgestellt worden, seither hab‘ ich einen Spaltgips.
ÖSTERREICH: Haben Sie den Mann angezeigt?
Grimas: Nein, das kann passieren. Ich denk‘ aber, dass das Spital eine Anzeige erstatten muss.
ÖSTERREICH: Wer sind die Leute, die in dem Haus gelebt haben?
Grimas: Punks, Mietnomaden, Couchsurfer, Musiker, Kulturschaffende. Keine Rowdys, keine wilde Horde.
ÖSTERREICH: Was ist ein Couchsurfer?
Grimas: Leute, die in die Stadt kommen, eine Couch zum Schlafen bauchen und dann wieder weiterziehen.
ÖSTERREICH: Wusstet Ihr vom Räumbefehl?
Grimas: Ja, das ist bekannt gewesen, die Leute wussten, dass die Polizei räumen wird.
ÖSTERREICH: Niemand wollte aber freiwillig gehen?
Grimas: Nein, man wollte passiven, aber harten Widerstand leisten. Gewalt wollte keiner. Es sind auch keine Steine geflogen.. Tage zuvor ist festgelegt worden, wer was machen soll. Er traut sich, im Haus zu bleiben, wer nicht? Der harte Kern sollte im Haus bleiben, die Eingänge verbarrikadieren. Der Rest ist vor dem Haus gewesen. Das ist eine Herzensangelegenheit. Man muss Dinge, die man begonnen hat, auch zu Ende bringen. Berthold Brecht sagte, ‚ wenn Unrecht zu Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht‘. Die Hausbesitzer haben die Mietparteien rausgeekelt, wollten die Punks für ihre Interessen missbrauchen, das spielten sie nicht mit. Das kam Männer mit scharfen Hunden vorbei, es kam zu bewussten Sachbeschädigungen. Dass die Punks geblieben sind, war eine Art soziale Hilfe für die restlichen Hausparteien. Sogar den Strom haben wir von den Hausparteien bekommen.
ÖSTERREICH: Zu Beginn ließ man sich aber freiwillig von den Hausbesitzern instrumentalisieren…
Grimas: Punks einzuladen, war eine naive Aktion der Hausbesitzer. Punks sind doch nicht auf der Nudelsuppe daher geschwommen. Das monitäre Interesse der Hausbesitzer war von Beginn an eine Ehrenbeleidigung für jeden. Die glaubten wirklich, wir sind dumm. Punks sind sozial, sie xie sind die besten Hundebetreuer, die sie finden können. Sie leben bloss die denkbar radikalste Ablehnung der herrschenden Verhältnisse.. Ich organisiere zum Beispiel die Peaceparade.
ÖSTERREICH: Wie kommentieren Sie den Polizeieinsatz?
Grimas: Völlig überzogen, grotesk. Wir rechneten maximal mit 100 Mann. Selbst das Parlament haben sie bewacht, weil sie Gegenaktionen von unserer Seite befürchtet haben. Dabei hat die Polizei von Beginn an genau gewusst, dass wir nichts geplant haben. Der Einsatz hat eine Million gekostet - damit könnten sie alle Punks Österreichs ein Jahr lang gratis unterbringen, ihnen Konzert und Proberäume geben. Der Conchita Wurst schieben sie das Geld hinten rein, die kriegt sofort eine Förderung. Leute hingegen, die ganz bewusst am Rande der Gesellschaft leben, kriegen nix. Dagegen sind wir.
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