Wien
Randale bei U-Bahn-Prozess
07.03.2013
Elektriker wegen schwerer Körperverletzung schuldig - Freispruch für Ehefrau.
Es wurde geschrien, gerempelt, gedroht und am Schluss musste sogar die WEGA eingreifen. Was sich gestern Vormittag in Saal 303 des Landesgerichts Wien abspielte, war alles andere als ein normaler Justiztag. Aber der Reihe nach.
51-Jähriger stieß Kenianerin auf Wiener U-Bahn-Gleise
Es ist Donnerstag und exakt 9.58 Uhr, als im dritten Stock des Gerichtsgebäudes der Prozess gegen Josef Sch. (51) beginnt. Ihm wird vorgeworfen, am 5. Jänner die dunkelhäutige Nelly W. (36) vorsätzlich auf die U-Bahn-Gleise an der Wiener Taborstraße gestoßen zu haben und danach einfach davongelaufen zu sein. Nur durch das Eingreifen von Zeugen konnte die gebürtige Kenianerin damals von den Schienen gerettet und Schlimmeres verhindert werden. Trotzdem erlitt sie einen Fersenbeinbruch. Noch heute ist die 36-Jährige auf Krücken angewiesen.
Vor Richterin Gerda Krausam gibt sich der Elektriker reuig und beteuert immer wieder: „Ich habe das nicht gewollt.“ Bei seiner Einvernahme ist es noch ruhig. Noch.
Geschrei, Plakate und Drohungen
Denn schon zu Beginn der Verhandlung ist die Stimmung im Gerichtssaal aufgeheizt, immer wieder wird lautstark getuschelt. Es ist klar: Nelly W. hat viele Freunde mitgebracht. Dass die aber für einen Tumult sorgen, wollte auch sie nicht, wie ihr Anwalt später gegenüber ÖSTERREICH klipp und klar erklärt.
Schon um 10.49 Uhr gibt es die ersten Protestrufe aus dem Zuschauerraum: „Wir wollen Gerechtigkeit!“, schreit der eine. „Es war ein Mordversuch!“, der andere. Die Richterin: „Ruhe!“
Zehn Minuten später dann die totale Eskalation: Ein farbiger Zuhörer stürmt auf Josef Sch. zu, baut sich vor ihm auf, schreit ihn an. Von zwei Freunden kann er gerade noch festgehalten und aus dem Verhandlungssaal gezogen werden. Er schreit: „Ich warte auf dich!“
Richterin Krausam ruft die Polizisten, sogar WEGA-Beamte kommen jetzt. Trotzdem: Die Unruhestifter machen vor dem Saal weiter Radau. TV-Teams filmen mit.
Um 12.15 Uhr dann das Urteil: Josef Sch. wird zu zwölf Monaten bedingter Haft und 3.000 Euro Schmerzensgeld verurteilt. Nelly W.s Anwalt akzeptiert das Urteil, die Staatsanwältin beruft, und vor dem Saal gehen die Proteste weiter.
Es war ein ungewöhnlich harter Tag am Wiener Landesgericht.