Berufungsverhandlung

Rapid: Ex-Ultras-Chef muss ins Gefängnis

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Verurteilte hofften vergeblich auf 2. Chance: Erstinstanzliche Urteile bestätigt. 

Gefängnis oder Freiheit auf Bewährung? So lautete für einige Rapid-Rowdys die Frage heute im Saal E des Wiener Justizpalastes. Die Grün-Weißen standen vor dem Oberlandesgericht, weil sie nach der Erstverurteilung im Jänner des Vorjahres in Berufung gegangen waren. 37 Berufungen waren offen, 22 davon wurde am Dienstagvormittag verhandelt.

Das Oberlandesgericht bestätigte dabei das erstinstanzliche Urteil des Landesgerichts: 14 Monate Gefängnis gegen einen der Rädelsführer - Ex-"Ultras"-Chef Oliver P. - , auch die anderen 21 Urteile des Wiener Landesgerichts bleiben bestehen. Die Strafen des Erstgerichts seien angemessen, ließ der vorsitzende Richter Werner Röggla verlauten.

Die Begründung: Eine überlange Verfahrensdauer habe es angesichts der großen Anzahl der Angeklagten nicht bestanden. Es seien acht Kisten an Akten gewesen.

Das Urteil wegen Landfriedensbruch hätte auch fallen müssen, wenn es zu gar keinen Beschädigungen oder Körperverletzungen gekommen wäre. Alleine der Vorsatz sei schon zu verurteilen, so der Richter. Für den Landfriedensbruch reiche es, dass sich Leute "zusammenrotten" und strafbare Handlungen drohen. "Sie haben eine Gegend in Angst und Schrecken versetzt", meinte der Richter in der Urteilsbegründung.

Ex-Ultras-Chef Oliver P. muss hinter Gitter
Die teilweise gerichtlich vorbelasteten Männer hätten "die Langmütigkeit der Justiz ausgenützt". Für die Rädelsführer - neben Oliver P. fasste ein zweiter Anführer zehn Monate unbedingt aus - bedürfe es des Vollzugs der Freiheitsstrafen. Die restlichen Männer kassierten Strafen zwischen elf Wochen auf Bewährung und neun Monaten teilbedingt.

Einzelne Angeklagte hätten bezüglich Strafbemessung Wohlverhalten angeführt, doch - um als Milderungsgrund zu gelten - sei dafür ein Zeitraum von 5 Jahren maßgeblich; dieser sei daher nicht gegeben.

In der Causa Westbahnhof waren am Ende langwieriger polizeilicher Ermittlungen 85 Rapid-Fans vor Gericht gelandet. 75 wurden schließlich wegen Landfriedensbruchs, teilweise auch wegen Sachbeschädigung, versuchter Körperverletzung und Widerstands gegen die Staatsgewalt verurteilt, davon elf zu teilbedingten oder gänzlich unbedingten Haftstrafen. 41 legten dagegen Strafberufung ein. 19 weitere Berufungen werden am Mittwoch verhandelt.

Rauswurf aus Reformkommission
Rapid-Präsident Rudolf Edlinger erklärte am Nachmittag, dass für den verurteilten Ex-Ultras-Chef in Zukunft kein Platz mehr in Rapids Reformkommission sein werde. "Nach der nun rechtsgültigen Verurteilung ist [...] klar, dass die aktive Fanszene zukünftig in der Reformkommission durch eine andere Person vertreten sein wird", wurde Edlinger in einer Vereinsaussendung zitiert.

Wie der Club erläuterte, sei Oliver P. als von der "aktiven Fanszene" nominiertes Mitglied in die Reformkommission geholt worden, man habe von Vereinsseite keine Ausgrenzungspolitik betreiben wollen. "Im Falle der aktiven Fanszene wurde der ehemalige Ultras-Capo Oliver P. vorgeschlagen, und so wie bei allen anderen nominierten Personen folgte die Einberufung von ihm in diese Reformkommission persönlich durch Rapid-Präsident Rudolf Edlinger", hieß es.

Edlinger erläuterte die Nominierung folgendermaßen: „Es war uns wichtig, dass die gesamte Rapid-Familie, der auch die aktive Fanszene, die vorwiegend im Block West beheimatet ist, angehört, in dieser Reformkommission vertreten ist. Wir wollten und wollen niemanden ausgrenzen, und auch durch die Tatsache, dass sich Herr P. in den jüngeren Vergangenheit als wertvolles Bindeglied zwischen der aktiven Fanszene und dem Club bewiesen hat, erfolgte diese Nominierung."

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10:19 Uhr: Urteilsbegründung
Das Gericht habe sich bei den beiden Angeklagten, denen unbedingte Haftstrafen drohen, länger beraten, so der Richter. Auch hier gilt für ihn: Die Strafen des Erstgerichts seien angemessen. Für den Landfriedensbruch reiche es, dass sich Leute hier zusammenrotten und strafbare Handlungen drohen. "Sie haben eine Gegend in Angst und Schrecken versetzt", meint der Richter. "Die Grenze ist überschritten. Es geht nicht, dass ständig nur bedingte Strafen verhängt werden und sie lachen" so der Richter.

Die Verhandlung ist damit geschlossen.

10:13 Uhr: Der Richter spricht das Urteil: Den Einsprüchen wird nicht stattgegeben.
Die Begründung: Eine überlange Verfahrensdauer habe es angesichts der großen Anzahl der Angeklagten nicht bestanden, so der Richter. Es seien acht Kisten an Akten gewesen.
Das Urteil wegen Landfriedensbruch hätte auch fallen müssen, wenn es zu gar keinen Beschädigungen oder Körperverletzungen gekommen wäre. Alleine der Vorsatz sei schon zu verurteilen, so der Richter.

Einzelne Angeklagte hätten bezüglich Strafbemessung Wohlverhalten angeführt, doch - um als Milderungsgrund zu gelten - sei dafür ein Zeitraum von 5 Jahren maßgeblich; dieser sei daher nicht gegeben.

10:05 Uhr: INFO-Update zum Hintergrund
Beim Landfriedensbruch ist die Teilnahme an einer „Zusammenrottung“ strafbar, die darauf abzielt, einen Mord, Totschlag, Körperverletzung oder schwere Sachbeschädigung zu begehen. Eine Bestrafung ist selbst dann erlaubt, wenn eine konkrete Zurechnung der Taten zu einem bestimmten Täter nicht möglich ist. In diesem Paragraf steckt auch die Möglichkeit, dass etwa Teilnehmer einer Demonstration wegen Landfriedensbruch verurteilt werden könnten, wenn es am Rande derselben Demo zu Auseinandersetzungen kommt, an denen die Teilnehmer selbst aber gar nicht aktiv beteiligt waren. Verurteilungen nach diesem Paragrafen kommen selten zur Anwendung.

09:53 Uhr: Erste Unterbrechung
Das Gericht zieht sich zur Beratung zurück. Kurze Pause.

09:49 Uhr: Oberstaatsanwalt will bei Ursprungsstrafe bleiben
Der Oberstaatsanwalt will die Strafbemessung der ersten Instanz beibehalten. Das Erstgericht habe sich intensiv mit der Strafbemessung auseinandergesetzt. Eine Herabsetzung der Strafe sei eine "Bagatellisierung", meint der Oberstaatsanwalt.

09:35 Uhr: Anwalt am Wort
Nach Verlesung der erstinstanzlichen Urteile beginnt Rechtsanwalt Marcus Januschke mit seiner Erklärung. Er vertritt u.a. den Chef der Fangruppe "Ultras". Das Strafausmaß stünde in keinem Verhältnis zum angerichteten Schaden, meint Januschke. Auch der zweite Verteidiger spricht von "teils empfindlichen Strafen" und bezieht sich in seinen Ausführungen auf die Strafen nach § 274 StGB, "Landfriedensbruch". Anwalt Werner Tomanek sieht "eines der schlechtesten Beispiele, hier ein Exempel zu statuieren" und verweist auf diverse Dmeonstrationen, bei denen weitaus mehr Schaden angerichtet werde als beim gegenständlichen Fall - dort würden auch nicht Strafen nach § 274 verhängt. 

Hintergrund: So lautet der Paragraf im Strafgesetzbuch § 274. (1) Wer wissentlich an einer Zusammenrottung einer Menschenmenge teilnimmt, die darauf abzielt, daß unter ihrem Einfluß ein Mord (§ 75), ein Totschlag (§ 76), eine Körperverletzung (§§ 83 bis 87) oder eine schwere Sachbeschädigung (§ 126) begangen werde, ist, wenn es zu einer solchen Gewalttat gekommen ist, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu bestrafen.

(2) Wer an der Zusammenrottung führend teilnimmt oder als Teilnehmer eine der im Abs. 1 angeführten strafbaren Handlungen ausführt oder zu ihrer Ausführung beigetragen hat (§ 12), ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen.

(3) Nach Abs. 1 ist nicht zu bestrafen, wer sich freiwillig aus der Zusammenrottung zurückzieht oder ernstlich zurückzuziehen sucht, bevor sie zu einer Gewaltanwendung geführt hat, es sei denn, daß er an der Zusammenrottung führend teilgenommen hat.

09:25 Uhr: Es geht los
Der Prozess startet soeben im Wiener OLG, Saal E. Zu Beginn erklärt der Richter, dass es in diesem Verfahren nicht mehr um die Schuldfrage geht. Die erstinstanzlichen Schuldsprüche gelten, in dieser Berufungsverhandlung geht es nur noch um das Strafmaß.

08:54 Uhr: Der damalige Original-Bericht:
Lesen Sie hier, wie sich die Szenen am Westbahnhof abgespielt haben. Plus: Original-Foto!. >>>Hier geht es zum damaligen Artikel

08:30 Uhr: Die Hintergründe zum heutigen Prozess
Wie berichtet, war es 2009 am alten Wiener Westbahnhof zu einer regelrechten Straßenschlacht gekommen. 85 grün-weiße Rapid-Rowdys sollen sich mit Austria-Wien-Hooligans und der Polizei geprügelt haben. Bilanz: Festnahmen, Sachbeschädigungen und etliche blaue Augen. Ausschließlich Rapid-Rowdys kamen danach im größten Hooligan-Prozess der Geschichte vor Gericht, wurden bis auf eine Ausnahme schuldig gesprochen. Unterstützung bekommen die Angeklagten von ihren Anwälten Werner Tomanek und Marcus Januschke. Januschke vertritt Oliver P. Sein Mandant ist der Boss des Fanklubs „Ultras Rapid“. Er heizt als Vorsänger im Hanappi-Stadion mit Megafon immer die Stimmung an, koordiniert Choreografien im Fan-Sektor. Doch er soll die Meute damals als Anführer zum Bahnhof dirigiert haben. Das Ersturteil gegen den Rapid-Fanatiker: 14 Monate Gefängnis. Er hofft aber, wie die anderen Verurteilten, auf ein milderes Urteil. Es gilt die Unschuldsvermutung.

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