Richard R. legt gegen dreijährige Freiheitsstrafe Rechtsmittel ein.
Der mutmaßliche Wiener Rotlicht-Boss Richard St. ist mit der über ihn verhängten dreijährigen Freiheitsstrafe nicht einverstanden. Wie die Sprecherin des Wiener Straflandesgerichts, Christina Salzborn, am Dienstagnachmittag erklärte, hat der 42-jährige Geschäftsmann nach Ablauf der dreitätigen Bedenkzeit gegen seine in der Vorwoche ergangene Verurteilung Rechtsmittel eingelegt.
"Sein Verteidiger hat Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung angemeldet", stellte Salzborn fest. Demgegenüber sind sämtliche übrigen Entscheidungen des Schöffensenats (Vorsitz: Stefan Erdei) in Rechtskraft erwachsen. Vier Mitangeklagte waren zu Haftstrafen zwischen sieben Monaten und zwei Jahren verurteilt worden, die teilbedingt, in einem Fall zur Gänze bedingt ausgesprochen wurden. Ein fünfter Mitangeklagter, der im Verdacht stand, eine Nachtclub-Betreiberin in Aurolzmünster (Bezirk Ried im Innkreis) nächtens überfallen und mit einem Baseball-Schläger halb tot geschlagen zu haben, war überhaupt freigesprochen worden. Mit diesen Entscheidungen waren sowohl die Staatsanwaltschaft als auch die jeweiligen Verteidiger einverstanden.
Vorwurf: Schutzgeld-Erpressungen
Staatsanwältin Susanne Kerbl-Cortella hatte Richard St. die Bildung einer kriminellen Organisation angekreidet, die auf die Begehung schwerwiegender strafbarer Handlungen ausgerichtet gewesen sei. Schutzgeld-Erpressungen in sieben Fällen und damit verbundene und von St. in Auftrag gegebene Körperverletzungen und Sachbeschädigungen hatte sie dem 42-Jährigen zugerechnet.
Das Gericht befand den 42-Jährigen zwar der Leitung einer kriminellen Vereinigung für schuldig, doch waren für den Senat die inkriminierten Schutzgeld-Erpressungen in keinem einzigen Fall nachweisbar. Die angenommene kriminelle Vereinigung war laut Urteil lediglich auf eine betrügerische Krida ausgerichtet: Richard St. soll demnach die Gläubiger - vor allem die Finanz und die Gebietskrankenkasse - seiner Gesellschaften geschädigt haben, indem er Vermögensbestandteile verheimlichte, beiseiteschaffte, hinter Strohmännern verbarg und Privatentnahmen tätigte. Den dabei angerichteten Schaden bezifferte das Gericht mit rund einer Mio. Euro, während die Anklage noch von mindestens 1,7 Mio. ausgegangen war.
Buttersäure-Anschläge
Zusätzlich war der 42-Jährige wegen Beteiligung an zwei Sachbeschädigungen schuldig erkannt worden. Dabei ging es um zwei Buttersäure-Anschläge auf die mit ihm in Konkurrenz stehenden Nachtlokale "Lili Marleen" in Tulln und "Paradiso" in Wien, wobei St. den ersten im Juli 2009 in Auftrag gegeben und jenen in der Bundeshauptstadt im Dezember 2010 gut geheißen haben soll.
Sollten die drei Jahre Haft am Ende rechtskräftig werden, müsste St. diese nicht absitzen. Er hat bereits zwei Jahre und damit das gesetzlich zulässige Höchstmaß in U-Haft verbracht, was ihm auf das Strafausmaß angerechnet wurde. Das "Nachsitzen" des dritten Jahres ersparte ihm der Erstgericht, indem St. zugleich mit dem Ausspruch des Urteils aus dem offenen Strafrest bedingt entlassen wurde. Der Berufsrichter und die beiden Schöffen gingen davon aus, dass der 42-Jährige bei Verbüßen der Gesamtstrafe in einer Justizanstalt jedenfalls nach zwei Drittel der Strafe vorzeitig bedingt entlassen worden wäre.