Gürtel

Rotlichtboss-Prozess: "Rocky" vor Gericht

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"Richard hat neue Gesetze am Gürtel gemacht, und alles war ruhig"

Der Schöffen-Prozess gegen den mutmaßlichen Rotlichtboss Richard St. und fünf Mitangeklagte ist am Donnerstag mit der Einvernahme des Viertangeklagten Dusko R. - Spitzname "Rocky" - fortgesetzt worden. Dem 57-Jährigen werden die Beteiligung an der kriminellen Vereinigung, Schutzgelderpressung, Beteiligung an absichtlicher schwerer Körperverletzung und die Beteiligung an einem Buttersäureattentat im Tullner Nachtklub "Lili Marleen" vorgeworfen.

Impulsiv versuchte der Ex-Boxer - zwölf Jahre als Amateur bei Roter Stern Belgrad, dann acht Jahre als Profi in Wien im Halbweltergewicht -, die Vorwürfe zu entkräften. Immer wieder sprang er auf und unterstrich seine Aussagen durch ausladende Gesten. Das Boxen sei in Wien nicht wirklich gewinnbringend gewesen, 1980 habe er bei Harald H. - Richard St.'s Vorgänger und nunmehriger Konkurrent im Rotlicht-Milieu - angefangen. Danach habe er für Freddy K., ein weitere Größe der Wiener Rotlichtszene, gearbeitet.

Bis St. gekommen sei und gesagt habe: "Rocky, so geht das nicht." 2004 habe er offiziell als Bodyguard beim Hauptangeklagten begonnen, 2.500 Euro plus eine Prämie von 500 Euro, wenn nichts passiert, sowie Kleidung waren der Lohn. "Richard hat neue Gesetze am Gürtel gemacht, und alles war ruhig", erklärte "Rocky".

"Rocky" galt als rechte Hand von Richard St. Im Verein "Freies Wien" alias "Nokia-Club", über den laut Anklage Schutzgelderpressungen von Rotlichtlokalen im Bereich des Gürtels organisiert worden sein sollen, soll Dusko R. demnach organisiert haben, wer ausrückt, wenn es Probleme gibt. Das hieß entweder "kleines Taxi", bestehend aus dem Zweitangeklagten Peter A. und "Rocky" selbst, allenfalls noch dem Fünftangeklagte Christian R., oder "großes Taxi", bei dem dann zumindest fünf Vereinsmitglieder auf der Bildfläche erschienen. "Großes Taxi, das war vor 2.000 Jahren", meinte dazu "Rocky".

Gekommen seien "von der Arbeit" immer nur "Peter und ich", sagte Dusko R. Wenn andere dabei waren, dann seien das immer nur Freunde gewesen, niemand von der Arbeit. Als der Vorsitzende Stefan Erdei ihn konkret auf Schutzgeldzahlungen ansprach, meinte Rocky: "Was heißt Schutzgeldzahlungen? Wenn ich mit meinem Hund spazieren gegangen bin, sind die Leute (gemeint: Lokalbetreiber, Anm.) zu mir gekommen und haben gesagt: 'Endlich ist Ruhe, können wir verlängern?'."

Die ihm zur Last gelegte absichtliche schwere Körperverletzung soll er am 17. Oktober 2008 im Rotlichtlokal "Tete-a-Tete" begangen haben. Laut Anklage soll Dusko R. das Opfer Omer D. mit Fäusten bearbeitet haben, während der Zweitangeklagte Peter A. D. von hinten festhielt. Ein Kieferbruch links und Prellungen sollen die Folge gewesen sein. "Rocky" sah das - wie zuvor schon Peter A. - ganz anders: Es sei ein Anruf gekommen, dass sich im Lokal ein Mann mit Waffe befindet. "Sie haben uns angerufen, weil sie nicht wollten, dass die Polizei das Lokal stürmt."

Im "Tete-a-Tete" sei "Zeljko" gestanden: "Ich bin hin zu ihm und habe ihn gefragt: 'Zeljko, was ist denn los mit dir?'", schilderte "Rocky". Zeljko habe plötzlich eine Waffe in der Hand gehabt, ihm sei aber das Magazin heruntergefallen, und dann habe man ihn hinausbefördert. Sogar die Polizei sei gekommen und habe gemeint: "Lassen wir's mit einer Anzeige."

Dass es letztlich sogar drei Verletzte bei dem Vorfall gegeben haben soll, könne er sich nicht erklären. "Peter und ich haben nie Blödsinn gemacht, immer gab es Niveau, immer Haltung, immer Respekt."

Probleme intern geregelt
Dusko R. alias "Rocky" sprach auch über den Unterschied zwischen dem Hauptangeklagten Richard St. und dessen Vorgänger als Gürtel-Boss, Harald H. Bei H. sei es "nur korrekte Bezahlung" gewesen. "Die Frage war nur: Kannst du boxen? Aber kein Anzug, kein Niveau." Richard St. habe ihm sofort ein BMW Cabrio angeboten. Dusko R. bestätigte zudem, dass er schon vor 2004, als er noch für Freddy K. arbeitete, im "Nokia-Club" tätig gewesen sei.

Richard St. habe keine Erlaubnis erteilt, am Gürtel als Geschäftsführer von Rotlichtlokalen tätig sein zu dürfen, wie es ein früherer Betreiber der "Okay-Bar" und der "Dream-Bar" darstellte. Dieser sagte bei der Polizei aus, dass er, als er die beiden Lokale aufsperrte, im "Pour Platin", wo das Hauptquartier des "Nokia Clubs" war, vorbeischauen musste. Ihm sei in einer Videokonferenz mit dem zu diesem Zeitpunkt in der Dominikanischen Republik weilenden Richard St. die Erlaubnis zum Betrieb der Lokale erteilt worden. Dazu "Rocky": "Nein er hat gebettelt. Er ist selber gekommen - 'Rocky, bitte'."

Beteiligt war Dusko R. laut Anklage auch an einem Buttersäureanschlag auf den Nachtklub "Lili Marleen" in Tulln. Ein mit Richard St. befreundeter Vertreter des Rotlichtmilieus sei dort von einem Türsteher verprügelt worden und habe sich beschwert, dass man den Türsteher bestrafen müsse. "Sie sind also zur Polizei gegangen und haben Anzeige erstattet?", fragte der Vorsitzende des Schöffensenats, Stefan Erdei. "Nein, da kann man nicht zur Polizei gehen", beschied ihm "Rocky".

Zu viert sei man zu dem Lokal gefahren, Peter A., er selbst, ein Chauffeur und ein Junger. Letzterer habe auch die Buttersäure geworfen. Wer die Buttersäure organisiert habe, wisse er nicht mehr. "Haben'S das im Auto gehabt, damit's nicht so nach Zigaretten riecht?", fragte Erdei und erntete Schulterzucken.

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