Sterbe-Brief an Richterin

20 Monate Haft für lebendigen Toten

04.04.2012


Betrüger aus Deutschland wollte sich selbst in die ewige Ruhe schicken.

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© TZ Österreich
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„Ich habe mit älteren Kollegen gesprochen: So etwas ist noch nicht vorgekommen.“ Richterin Daniela Meniuk-Prossinger reagiert auf den Angeklagten Dirk P. (47) säuerlich. Kein Wunder: Der grauhaarige Deutsche hat auch sie gelinkt.

Elfmal wurde der gelernte Koch und Dreher aus Essen (D) in seiner Heimat schon wegen Betrugs und Urkundenfälschung ver­urteilt. Ein Jahr saß er ab, zwei Jahre und drei Monate Haft sind noch offen. Dann sollte er im Februar in Salzburg wegen zweier kleinerer Betrügereien mit etwas mehr als 6.000 Euro Schaden erneut vor Gericht gestellt werden.

Todesnachricht
Allerdings flatterte wenige Tage vor dem Prozess am 1. Februar die „Todesnachricht“ ins Büro der Richterin. In einem rührseligen Brief schrieb ein „Onkel“, sein Neffe habe zur Taufe seines Patenkindes fliegen wollen, sei aber auf dem Transfer zum Airport verunglückt und in einer Spezialklinik verstorben. „Im Grunde seines Herzens war er ein liebevoller Mensch“, hatte der Angeklagte über sich selbst geschrieben. Staatsanwalt Georg Kasinger meinte, dieses „dreiste Vorgehen“ werfe kein gutes Licht auf den Charakter des Angeklagten.

"Kurzschluss"
Der sprach von einer „Kurzschlusshandlung“: Wegen 70.000 Euro Schulden war der Gerichtsvollzieher Dauergast. Dazu kam die neue Anklage: „Ich wollte einfach meine Ruhe haben. Das würde ich heute nicht mehr tun.“

Aufmerksam
Aufgeflogen war Dirk P. nur, weil er an die Gemeinde Henndorf (Flachgau), wo er zuletzt gewohnt hatte, eine gefälschte Sterbeurkunde geschickt hatte: Das Formular stammte aus dem Internet, der Stempel der Stadt Marburg aus einem anderen Dokument. Der Standesbeamtin Monika Enhuber in Henndorf fiel aber die viel zu hohe Registernummer auf.

Das rechtskräftige Urteil: Dirk P. muss wegen schweren Betrugs und Beweismittelfälschung für 20 Monate hinter Gitter.

Wolfgang Fürweger


 
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